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Alle Wege führen nach Franken

Die Konkurrenz bei Tourismusangeboten, Messen und Kongressen sowie Sport- und Kulturveranstaltungen ist groß. Denn die Besucher generieren in der Region Umsätze in Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungsbranchen. Wo steht Nürnberg in diesem Wettstreit? Welches sind unsere Stärken und Schwächen? Darüber sprach WiM mit Michael Weber, dem Fremdenverkehrsdirektor von Nürnberg.

Touristikstraßen werden in Deutschland immer beliebter. Gerade bei Kurzreisen mit dem eigenen Auto bieten die thematischen Touristikrouten Reisenden attraktive Ziele wie auf einer Perlenkette. Und besonders reizvolle Kleinode sind in Franken zu finden.

Natürlich soll es Menschen geben, die sich in das Auto setzen, um – möglichst ohne verzögernde Geschwindigkeitsbegrenzung und störende Ampelanlagen – Kilometer „fressen“ wollen. Doch die meisten Reisenden wollen nicht fahren oder laufen, sondern lieber ankommen. Und dann nicht erst lange die Attraktionen am erreichten Ziel suchen, sondern möglichst schon beim Start wissen, welche Etappen vor ihnen liegen und welche besonderen Sehenswürdigkeiten an den einzelnen Stationen ihrer Tour zu finden sind.

In Franken laufen einige der bekanntesten und beliebtesten deutschen Touristikstraßen zusammen – ausgefeilte Routen, die sich durch eine klare Linienführung auszeichnen, detailliert und „narrensicher“ ausgeschildert sind und für die es aussagekräftiges Informationsmaterial gibt. Denn das ist wichtig für die Liebhaber von touristischen Fernstraßen, die einem Thema oder Motto folgen.

Auf den Straßen, Radwegen und Wanderrouten, die Reisende beim Ferienstraßen-Tourismus nutzen können, finden Interessierte immer wieder neue Anlaufpunkte und Attraktionen, die ihnen Land und Leute, eine historische Epoche, ausgesuchte Bauwerke oder kulinarische Schmankerl, aber auch besondere Industrie- oder Handwerksprodukte näher bringen.

Der Oldtimer unter den Touristikrouten Deutschlands ist ohne Zweifel die „Romantische Straße“, die bereits 1950 gegründet wurde. Ausgangspunkt dieser Straße ist Würzburg, die Romantische Straße endet in Füssen im Allgäu. Auf dem Weg von Nord nach Süd wechselt das Landschaftsbild immer aufs Neue: Flusstäler, fruchtbares Ackerland, Wälder, Wiesen und schließlich geht es in die Berge. Würzburg und der Wein, das Taubertal und Rothenburg, das Ries, das Lechfeld und der Pfaffenwinkel und die Königsschlösser. Dabei erreicht der Tourist, so Experten, einige Filetstücke aus dem fränkischen Tourismus-Angebot. Tauberbischofsheim, Bad Mergentheim, Weikersheim und Röttingen sind die Zwischenstationen auf dem Weg nach Rothenburg o.d.T. – allerdings sollte man vorher in Creglingen den Riemenschneider-Altar der Marienkirche gesehen haben. Vom Taubertal zeigt sich dann wenig später die Silhouette der ehemals Freien Reichsstadt von ihrer prächtigsten Seite. Ein barockes Zwischenspiel auf dem weiteren Weg nach Feuchtwangen bietet das mächtige Schloss der Fürsten von Hohenlohe-Schillingsfürst, in Feuchtwangen wartet der romanische Kreuzgang des ehemaligen Benediktiner-Klosters, und das mittelalterliche Dinkelsbühl ist die letzte Station der Romantischen Straße in Franken.

Nur wenig jünger als die Romantische Straße ist die „Burgenstraße“, die 1954 gegründet wurde und sich inzwischen in West-Ost-Richtung von Mannheim bis nach Prag erstreckt. 70 Burgen und Schlösser finden sich an dieser Touristikroute, die in Rothenburg ihre erste Station in Franken erreicht und sich dann über Colmberg, Ansbach, Lichtenau, Wolframs-Eschenbach, Abenberg, Roth, Nürnberg, Forchheim und viele Orte in der Fränkischen Schweiz fortsetzt. Auch Bamberg, Coburg und Bayreuth sind auf der deutschen Seite der Grenze zu Tschechien weitere wichtige Stationen der Burgenstraße, die Reisenden unendlich viele Möglichkeiten bietet, in die „gute alte Zeit“ einzutauchen.

Wer noch tiefer in die Vergangenheit zurückkehren möchte, kann sich die „Deutsche Limes-Straße“ als Ziel vornehmen. Von Rheinbrohl bis Regensburg erstreckte sich der römische Grenzwall über mehr als 500 Kilometer, unter anderem auch quer durch Mittelfranken durch Orte wie Gunzenhausen, Ellingen oder Weißenburg.

Zurück ins Mittelalter führt auch der „Jakobsweg“, der legendäre Pilgerpfad mit der gelben Muschel auf blauem Grund als Wahrzeichen und dem spanischen Santiago de Compostela als Zielort. Von Nürnberg führt der Jakobsweg die Pilger über Schwabach, Gunzenhausen und Nördlingen Richtung Konstanz am Bodensee. „Wenn nun der Jakobspilger in Konstanz ankommt, ist er nicht am Ziel. Er hat gerade etwa ein Sechstel des rund 2 400 Kilometer langen Weges nach Santiago zurückgelegt“, schreibt Gerhilde Fleischer von der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft.

Noch weiter zurück in die Vergangenheit führt der „Kelten-Erlebnisweg“ von Südthüringen durch die Hassberge und den Steigerwald. Auf seinen rund 200 Kilometern führt der Weg zu einigen der markantesten Siedlungsstätten dieses Volkes, dessen Ursprünge bis weit vor der Mitte des 1. Jahrtausends vor Christus liegen. Die Kelten, das erste Volk der Frühgeschichte, von dem wir einen Namen wissen, hinterließen in ganz Mitteleuropa ihre Spuren, gründeten Siedlungen, aus denen sich später europäische Großstädte wie Paris oder Prag entwickelten, führten unsere heutige Geldwirtschaft ein und gelten als Erfinder des Fasses und der Seife. Der Weg beginnt in Meiningen im Vorland des Thüringer Waldes und endet in Bad Windsheim mit seinem Fränkischen Freilandmuseum.

Die Anfänge der Spielzeugherstellung in Deutschland liegen im 13. Jahrhundert, seit dem 16. Jahrhundert gilt Nürnberg international als Spielzeugmetropole. Kein Wunder also, dass die „Deutsche Spielzeugstraße“ in Nürnberg ihren Ausgangspunkt hat und bis in thüringische Waltershausen führt. Zunächst führte der Waldreichtum zur Herstellung von hölzernen Puppen und anderen Spielwaren, doch schon bald kamen Zinn und später Blech als weitere Materialien bei der Produktion von Spielzeug hinzu. Die 300 Kilometer lange Erlebnisroute des Spielens folgt den alten Handelswegen der Spielzeugproduktion und bietet in verschiedenen Orten nicht nur historische Ausflüge in Museen, sondern auch die Möglichkeit von Betriebsbesichtigungen bei Spielzeugherstellern unserer Tage. Mit der Internationalen Spielwarenmesse ist die Frankenmetropole Nürnberg auch heute noch der erste Welthandelsplatz für Spielwaren.

Ob Silvaner, Müller-Thurgau, Riesling oder Kerner, Spätburgunder oder Portugieser – die günstigen klimatischen Bedingungen in einem der wärmsten und trockensten Gebiete Deutschlands lassen diese Rebsorten in Franken gedeihen. Und mit dem Bocksbeutel, wahrscheinlich wegen der Ähnlichkeit der Form mit einem gewissen Körperteil des Ziegenbocks so genannt, steht eine ganz besondere Flasche für die qualitätvollen Frankenweine zur Verfügung. Nach ihr benannt ist auch die „Mittelfränkische Bocksbeutelstraße“, die Reisende nicht nur in romantische Weinorte der Region führt, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten zur Einkehr in Weinstuben und auf Winzerhöfen bietet. Selbstverständlich nutzen viele Touristen die Chance, erlesene Frankenweine direkt beim Erzeuger einzukaufen.

Wer allerdings den Gerstensaft bevorzugt, kommt in der Region mit der größten Brauereidichte Europas ebenfalls auf seine Kosten. Schon bei der ersten Eisenbahnfahrt, die 1835 von Nürnberg nach Fürth ging, gehörten zwei Fässer Bier zum Frachtgut, noch heute ist Franken ein Eldorado für kleine Familien- und Privatbrauereien, die in Bad Windsheim, Scheinfeld, Gutenstetten oder anderen Orten ihre Heimat haben und an der „Aischgründer Bierstraße“ liegen.

Horst Peter Wickel
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2004, Seite 16

 
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