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Gesundheit und Erholung in der Region

Die Konkurrenz bei Tourismusangeboten, Messen und Kongressen sowie Sport- und Kulturveranstaltungen ist groß. Denn die Besucher generieren in der Region Umsätze in Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungsbranchen. Wo steht Nürnberg in diesem Wettstreit? Welches sind unsere Stärken und Schwächen? Darüber sprach WiM mit Michael Weber, dem Fremdenverkehrsdirektor von Nürnberg.

Wellness ist mehr genuss- und erlebnisbetont und scheint eine jüngere Zielgruppe im Blick zu haben, als die traditionelle Kur. Außerdem steht hier anstelle einer Rehabilitation wie bei der klassischen Kur eher das Erhalten der Gesundheit im Vordergrund. Wellness als Unterform des Tourismus bietet gerade landschaftlich reizvollen, aber strukturschwächeren Regionen Chancen im Gastronomie- und Dienstleistungsbereich. In Deutschland gibt es nach Angaben des Deutschen Heilbäderverbandes 330 Kur- und Heilorte, 52 davon liegen in Bayern, von denen 30 das begehrte, staatliche Prädikat „Bad“ tragen.

Bad Windsheim
Mittelfrankens einziges Bad ist die Kurstadt Bad Windsheim am südlichen Ende des Steigerwaldes gelegen. 1891 wurde dort die erste Heilquelle erschlossen und 1902 die erste Solequelle. Das Heilwasser ist eine Natrium-Calcium-Chlorid-Sulfat-Verbindung, was besonders bei Magen-, Darm-, Leber-, Gallen- und Stoffwechselkrankheiten positiv wirkt. 1961 erhielt die 12 000 Einwohner zählende Stadt an der Aisch das Prädikat „Bad“. Ein 30 Hektar großer Kurpark, Kuranlagen und Hotels schließen sich im Norden an die Altstadt an und ermöglichen den Gästen kurze Wege, getreu dem Windsheimer Werbemotto „das Beste für die Gäste“. 1995 wurde mit einem Aufwand von rund 30 Mio. Euro die Kiliani-Klinik mit den Schwerpunkten Orthopädie, Neurologie und onkologische Reha als letzte der insgesamt drei Kliniken in Bad Windsheim errichtet. Es stehen insgesamt über 450 Klinikbetten zur Verfügung. Es gibt rund zehn Hotels und Gasthöfe mit Bettenzahlen von zehn bis über 210.

Nach Angaben der Kur-, Kongress- und Touristik GmbH ist man sich seiner Verpflichtung als Heilbad bewusst und daher ständig um Investitionen bemüht, um einen hohen Standard zu gewährleisten. So wurden in den vergangenen Jahren eigenen Angaben zufolge rund 55 Mio. Euro allein in die Kurkliniken gesteckt. Knapp 15 Mio. Euro wurden in das 2001 eröffnete Kur- und Kongress-Center investiert, das auf über 2 000 Quadratmetern, mit drei Sälen, acht Konferenzräumen und einem Freigelände von fast 10 000 Quadratmetern Seminare und Tagungen mit bis zu 500 Personen ermöglicht. Damit soll ein Beitrag zur modernen Abrundung des umfangreichen Veranstaltungsprogramms geboten werden, dessen alljährlicher Höhepunkt die Konzertreihe „Bad Windsheim Classic“ und die Gala „Der Sommernachtstraum“ im Kurpark darstellen, die zwischen Ende Juni und Mitte August stattfinden.

Weitere Angebote der mittelfränkischen Kurstadt sind ein 18-Loch-Golfplatz im Anschluss an den Kurpark und das idyllische Fränkische Freilandmuseum des Bezirks Mittelfranken auf rund 40 Hektar am südlichen Stadtrand. Gegenwärtig sind nach Angaben der Kurverwaltung neue Bohrungen im Gang und auch bereits auf Wasser gestoßen. Abgerundet werden wird das Bad Windsheimer Angebot in Zukunft um ein Thermal-Wellness-Bad.

Gesundheitsregion Hersbruck
Unter dem Motto „Alb aktiv – hier tut Franken gut“ haben sich 13 Kommunen im Landkreis Nürnberger Land zur Kommunalen Allianz „Gesundheitsregion Hersbruck“ zusammengeschossen. Das Gebiet, das eine Fläche von 318 Quadratkilometern umfasst und rund 39 000 Menschen beheimatet, will sich zu einer Region entwickeln, die Gesundheit und Wellness fördert und für kranke, erholungssuchende und gesundheitsbewusste Menschen interessante Angebote bietet.

Ziel ist es, Potenziale in den Bereichen Erholung und Tourismus verstärkt zu nutzen. Ausdrücklich geht es dabei nicht nur um den Bereich Gesundheit/Heilung, sondern vielmehr um die Sicherung und Weiterentwicklung „gesunder“ und intakter Strukturen in allen Lebensbereichen. Dörfliche Infrastruktur und wertvolle Natur gehören dazu genauso wie wohnortnahe Arbeitsplätze und gesunde Lebensmittel, so Wolfgang Plattmeier, 1. Vorsitzender der Allianz und Bürgermeister von Hersbruck. Dies geschieht im Rahmen einer europäischen Initiative namens „Leader+“, die der Entwicklung ländlicher Räume dient. Für Bayern wurden dazu 45 Regionen ausgewählt, für welche jeweils bis 2006 etwa zwei Mio. Euro an Fördermitteln bereitstehen. Gemäß der Förderrichtlinien muss in der Region eine Partnerschaft zwischen den politischen Ebenen und Vertretern der Wirtschaft gebildet werden. Dies ist die lokale Aktionsgruppe LAG, an der neben den Bürgermeistern der 13 Kommunen unter anderem auch das IHK-Gremium Hersbruck beteiligt ist. Bislang wurden Förderanträge von rund 565 000 Euro eingereicht und bewilligt, darunter eine Kneippanlage in Hersbruck, die Neukonzeption des Deutschen Hirtenmuseums und das „Train&Bike-Projekt“. Weitere Projektanträge liegen in einem Volumen von fast 609 000 Euro vor, so dass die Summe der gebundenen Mittel sich bisher auf 1,17 Mio. Euro beläuft.

Eines der ersten Projekte der Allianz war das Erlebnis-Wegenetz für Wanderer und Radler, das bestehende Wege zu Routen verknüpft und den so genannten „sanften“ Tourismus fördern helfen soll. Ein ähnliches und darüber hinausgehendes ökologisches Anliegen hat das Projekt „Allmende21 - Wiederbelebung der Hutangernutzung und der Hirtenkultur“. Es sieht unter anderem die Wiedereinführung der Rinderbeweidung auf möglichst vielen Angern der Hersbrucker Alb vor, um diese charakteristische Landschaft als kulturelles Erbe zu erhalten. Dies beinhaltet auch eine Vermarktung der so gewonnenen Produkte. Die Kosten belaufen sich auf ungefähr 285 000 Euro.

Anfang April war das Richtfest für das Thermalbad „Frankenalb-Therme Hersbruck“, das im Dezember eingeweiht werden und das als Hauptmagnet die erhofften Besucherströme in die Gesundheitsregion bringen soll. Das Bad bietet 15 Becken im Innen- und Außenbereich und mit Temperaturen von 15 bis 35 Grad. Das Wasser ist zertifiziert als natürliches Heilwasser. Die Einrichtung wird die Bereiche Erlebnis, Sport, Wellness und Gastronomie unter einem Dach vereinen und 70 Voll- und Teilzeitkräfte beschäftigen.

Thermalbad in Fürth
Die Stadt Fürth besitzt eine über hundertjährige, wenn auch etwas in Vergessenheit geratene Geschichte als Heilbad, die in absehbarer Zeit neu belebt werden soll. Die im Jahre 1901 erbohrte König-Ludwig-Quelle führte ab 1910 von einem eher provisorischen zu einem kommerziellen Badebetrieb, der in dem Ruf stand, Heilwässer von vergleichbarer Qualität wie angesehene Badeorte zu besitzen. Die rasch zunehmende Besucherzahl – 1912 waren es bereits über 11 000 Bade- und rund 74 000 Trinkkurgäste – führte ab 1913 zu einem Ausbau des Kurgeländes an der heutigen Kurgartenstrasse. Anfang 1914 erfolgte die Einweihung des neu gebauten Kurgebäudekomplexes, der bald darauf von bis zu 1 000 Kurgästen täglich bevölkert wurde. Der Erste Weltkrieg brachte dem Kurbetrieb mit seinen inzwischen drei Quellen den Niedergang und bereits in den 20er Jahren siedelte sich Industrie in der Nähe des inzwischen veräußerten Areals an. Nach dem Zweiten Weltkrieg beherbergte das Gelände den Firmensitz des Grundig-Konzerns, der noch bis in die 70er Jahre Teile der Quellen für Betriebsangehörige als so genanntes „Grundig-Bad“ weiterführte.

Mittlerweile steht die Stadt Fürth hinsichtlich des Thermalbads nach den Worten ihres Oberbürgermeisters Dr. Thomas Jung vor einer Entscheidung, die er auf einer Pressekonferenz Mitte April als die wichtigste seit Jahrzehnten bezeichnete. Der Stadtrat befürwortete vor kurzem einstimmig das Thermalbad in Fürth. Eine Vergabeentscheidung in einer EU-weiten Ausschreibung soll bis Ende des Jahres getroffen sein. Der Zeitplan sieht eine Fertigstellung bis zum 1000-jährigen Stadtjubiläum 2007 vor. Man wolle, so Jung, in Abstimmung mit den Nachbarstädten ein Thermalbad im Herzen des Städtedreiecks.

Dessen Schwerpunkte sollten Erholung und Gesundheit durch Fürther Thermalwasser sein, so Jung weiter, der sich gegen ein so genanntes „Spaßbad“ aussprach. Der genehmigungsfähige Finanzrahmen zusammen mit der Grundstückssituation lässt nach den Worten des OB nur eine mögliche Standortentscheidung zu: Nur am bisherigen Badestandort Scherbsgraben westlich der Rednitz sei ein Neubau möglich unter Nutzung des Städtischen Grundstücks von rund 140 000 Quadratmetern und der Synergien mit dem Freibad und dem bestehenden Hallenbad. Außerdem habe die Regierung von Mittelfranken eine Genehmigung nur dann in Aussicht gestellt, wenn die bisherigen 1,8 Mio. Euro jährliches Bäderdefizit der Stadt Fürth durch einen Neubau nicht überschritten würden. Da dieses nunmehr 50 Jahre alte Badeareal ohnehin an Attraktivität verloren habe und einen Sanierungsbedarf von sechs Mio. Euro aufweise, sei es bei der schwierigen allgemeinen finanziellen Lage unumgänglich, dort zu bauen. „Jede andere Standortentscheidung ist praktisch unmöglich!“

Das Thermalbad-Projekt, angebaut an das bestehende Hallenbad, wird einschließlich einer Freibad-Totalsanierung Kosten von bis zu 30 Mio. Euro verursachen. Dies lasse sich nicht auseinander dividieren: „Freibadsanierung und Thermalbadbau sind ein funktionales Paket“, so Jung. Daher brauche man einen privatwirtschaftlichen Betreiber, um diese Aufgabe zu schultern. Die Stadt wolle die Finanzierungskosten für den Bau tragen und spätere Sonderkosten des Betriebs, wie etwa Schulschwimmen. Der städtische Zuschuss werde wohl eine Laufzeit von 30 Jahren haben. Für einen wirtschaftlichen Betrieb eines Thermalbades werden einer Machbarkeitsstudie zufolge 300 000 Besucher pro Jahr benötigt. Bohrungen, die etwa 500 000 Euro kosten, würden von der Infra Fürth Holding GmbH als Betreiber der bisherigen Bäder durchgeführt. Er sei sicher, dort Wasser zu finden, so Jung.

Eine Kurstadt Fürth mit Krankenkassen-Patienten und Kurkliniken sehe er allerdings als illusorisch. Ähnlich skeptisch äußerte sich der OB über ein mögliches „Bad Fürth“, da dieser Titel sehr sparsam vergeben werde und nicht das primäre Ziel der Stadt sei.

Oliver Dehn
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2004, Seite 8

 
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