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Erhebliche Korrekturen notwendig

Die EU-Chemikalienpolitik wird Hersteller, Importeure und Anwender von chemischen Stoffen massiv belasten und ein Übermaß an Bürokratie mit sich bringen, sollte der aktuelle Verordnungsentwurf in Kraft treten. Dies betonten die Mitglieder des IHK-Ausschusses „Energie und Umwelt“ bei ihrer jüngsten Sitzung, an der auch die drei EU-Parlamentsabgeordneten der Region Nürnberg, Lissy Gröner, Dr. Ingo Friedrich und Martin Kastler, teilnahmen. Die Unternehmensvertreter forderten eine praktikable und wirtschaftlich tragfähige Lösung, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und um nicht weitere Arbeitsplätze zu gefährden.

Die EU-Kommission hat im Oktober vergangenen Jahres einen 1 200 Seiten starken Entwurf zur Neuregelung des Chemikalienrechts vorgelegt, in dem auch Anwender von Stoffen (z.B. Hersteller von Lacken, Bleistiften oder elektronischen Bauelementen sowie Druckereien) in die Verantwortung genommen werden für die Prüfung und Risikobeurteilung. Evaluierungs- und registrierungspflichtig wären nach dem so genannten Reach-System alle Stoffe – egal ob alt oder neu –, die in einer Menge von mehr als einer Tonne pro Jahr produziert oder importiert werden.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments vertraten teilweise konträre Positionen: Während Lissy Gröner in der EU-Chemikalienpolitik – sofern sie richtig angewendet wird – eine Chance für Wirtschaft und Verbraucher sieht, wies Martin Kastler auf drohende Doppelarbeiten in den Unternehmen und auf die bislang unzureichende Einbindung der neuen Mitgliedsstaaten hin. Dr. Ingo Friedrich, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, sieht die Möglichkeit, mit dem nach der Europawahl neu zusammengesetzten Europäischen Parlament die Chemikalienpolitik erheblich zu verschlanken.

Ausschussvorsitzender Gert Rohrseitz nannte die wesentlichen Probleme der geplanten Regelungen: Neben der finanziellen und personellen Überforderung des Mittelstandes drohe durch die geforderte Offenlegung von einzelnen Stoffverwendungen auch ein Abfluss von Know-how an die Wettbewerber.

Ein Kernproblem der Chemikalienpolitik liegt aus Sicht der IHK in den vorwiegend mengenbezogenen Pflichten. Auf diese Weise würden auch völlig harmlose Chemikalien vom Markt verschwinden, wenn allein auf Grund der geringen Produktionsmenge die Prüfkosten nicht gedeckt werden können. Von der Auslistung kleinvolumiger Spezialchemikalien wären vor allem mittelständische Unternehmen in innovativen Nischenanwendungen – diese sind in der Region Nürnberg zahlreich vertreten – betroffen.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2004, Seite 31

 
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