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Gutes Englisch alleine genügt nicht

Perfekte Englischkenntnisse der Mitarbeiter können Probleme im internationalen Geschäftsleben sogar verstärken. Auf diese auf den ersten Blick paradoxe Erkenntnis weisen Rosie Norman, Sprachtrainerin und Inhaberin des Language Center Norman in Erlangen, und Daniel Donahey, Intercultural and Management Trainer, hin. Die Erklärung hierfür: Die deutschen Geschäftspartner übertragen ihren Kommunikationsstil oft 1:1 ins Englische, statt ihn auf die im englischen Sprachraum übliche Vorgehensweise umzustellen. Damit ergeben sich Konflikte wegen der erheblichen Unterschiede in Kommunikations-Strategie, -Stil und -Erwartungen. Umso schlimmer, wenn die deutschen Partner nahezu perfekt Englisch sprechen, denn das Gegenüber nimmt dann automatisch an, dass sie die spezifischen Spielregeln der englischen Kommunikationsabläufe eigentlich kennen. Mit anderen Worten: Die deutschen Partner werden beurteilt wie Muttersprachler und ziehen dadurch oft den Kürzeren.

Ein Beispiel: Bei einem interkulturellen Inhouse-Seminar eines mittelfränkischen Unternehmens verblüfften die internationalen Teilnehmer – jeweils Länder-Manager aus den USA, Großbritannien, Australien und Hongkong – ihre deutschen Vorgesetzten mit der Beurteilung ihrer deutschen Kollegen: Die Deutschen seien unhöflich, negativ, zu kritisch, unfreundlich, immer problemorientiert und zu selbstbezogen (z.B. fingen die meisten e-mails immer mit dem Satz „I need...“ an). Für den Trainer allerdings kam diese Antwort nicht überraschend. Denn zusätzlich zu exzellenten Sprachkenntnissen seien interkulturelle Kompetenz und vor allem ein professioneller geschäftlicher Kommunikationsstil erforderlich, so Norman. So ist die Problemorientiertheit der Deutschen eine Hürde, sie gelten als zu „negativ“. Englisch-Muttersprachler dagegen betonen eher die Suche nach Lösungen und sprechen Probleme üblicherweise nicht isoliert und direkt an. Auch Kritik wird im Englischen nur sehr behutsam angebracht. Möchte man jemanden kritisieren, gibt es eine Drei-Stufen-Regel: Zuerst Lob aussprechen, danach Verbesserungswünsche benennen, ohne sie jedoch mit der Person zu verbinden, und schließlich gemeinsam nach einer Lösung suchen. Jede andere Vorgehensweise bei Kritik wird als beleidigend empfunden und würde die Geschäftspartner verärgern. Und alles in allem gilt natürlich „die feine englische Art“: Englisch-Muttersprachler legen sehr viel Wert auf Höflichkeit, Freundlichkeit, Small Talk und Interaktivität. Lässt man diese bei Geschäftskontakten weg, gilt man als unfreundlich und sogar unverschämt, ohne dies zu bemerken. Die beschriebenen Fallstricke will das Language Center in
Erlangen mit dem neuen interkulturellen Seminar „Working Effectively with the Americans and British“ beseitigen, wobei u.a. auch Political Correctness und Small Talk eingeübt werden. Weitere Seminarthemen sind u.a. „International Negotiations“ und „International Presentations“.

Das Language Center Erlangen wurde 1996 von Rosie Norman gegründet und ist mit bis zu 40 freiberuflichen Trainern (ausschließlich Muttersprachler) bei namhaften Unternehmen im Großraum tätig. Eine feste Mitarbeiterin kümmert sich um die Seminarorganisation und die Kundenbetreuung.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2004, Seite 59

 
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