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Bekommen Sie den Arbeitsmarkt in den Griff?

Die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit gehört zu den wichtigsten Aufgaben unseres Landes. Welche Perspektiven und konkreten Maßnahmen gibt es, um die Situation auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern? WiM sprach darüber mit Frank-Jürgen Weise, dem Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

? WiM: Wie wird sich der Arbeitsmarkt im Jahr 2006 voraussichtlich entwickeln?
Weise: Der Arbeitsmarkt wird insgesamt schwierig bleiben, sich aber leicht entspannen. Wir rechnen mit einer Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt von 4,6 bis 4,7 Mio., wobei wir wohl eher das obere Ende einkalkulieren sollten. Verglichen mit 2005 sind das über 100 000 Arbeitslose weniger. Obwohl die absolute Zahl weiter hoch bleibt, sehe ich positive Entwicklungen: Es gibt Anzeichen für ein Anspringen der Konjunktur, der Abbau von Arbeitsplätzen verlangsamt sich und auch die WM 2006 wird etwas beitragen. Auch Vorzieh-Effekte durch die höhere Mehrwertsteuer ab 2007 können den Arbeitsmarkt beleben, das wird sich dann aber 2007 eher negativ auswirken.

? Welche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen haben sich bewährt und welche nicht?
Ich muss vorausschicken, dass wir viele neue Instrumente haben, die sich noch nicht abschließend bewerten lassen. Insgesamt können wir sagen, dass die Förderung der Selbstständigkeit durch Ich-AG und Überbrückungsgeld viele gute Auswirkungen hat. Auch die Ein-Euro-Jobs sehe ich insgesamt positiv, bleibe aber wachsam: Das System droht auszufransen und reguläre Arbeit zu gefährden. Im Bereich der Aus- und Fortbildung stellen wir fest, das kurzfristige Trainings-Maßnahmen besser helfen als langfristige Umschulungen. Es gilt das Motto: Je näher eine Maßnahme an den Betrieben ist, umso besser hilft sie den arbeitslosen Menschen. Was sich weniger bewährt hat, sind die Personal-Service-Agenturen. Zeitarbeit funktioniert nun mal nicht in allen Regionen und Arbeitsmärkten. Auch die Job-Rotation ist nur sehr gering in Anspruch genommen worden, verursacht aber hohen Verwaltungsaufwand. Alle etwa 80 Instrumente hier zu bewerten, würde zu weit führen.

?Mit welcher Strategie geht die Bundesagentur für Arbeit in die kommenden Jahre?
Wir wollen den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen. 2005 haben wir die Bundesagentur transparent und führbar gemacht. Wir haben die alten Ämter zu Kundenzentren umgewandelt, wir führen neue Mindest-Standards und neue Software ein. Damit steht das Gerüst für eine erfolgreiche Arbeit. Jetzt muss das Gerüst mit Leben gefüllt werden. Das heißt: Kundenorientierte Dienstleistung und hervorragender Service unter Beachtung von Wirtschaftlichkeitsaspekten. Hinter allem muss das Ziel stehen: Wie helfen wir den uns anvertrauten Menschen am besten?

?Unternehmer waren in der Vergangenheit mit der Einstellung von Stellenbewerbern, die über das Arbeitsamt kamen, immer wieder unzufrieden. Was tun Sie, um künftig die Servicequalität für Arbeitgeber zu verbessern?
Sie sprechen einen wunden Punkt an: Der Service für Arbeitgeber war in der Tat eine Schwachstelle der Bundesagentur. Daran werden wir in diesem Jahr konsequent arbeiten. Zum einen sind unsere Vermittler verpflichtet, mindestens 20 Prozent ihrer Arbeitszeit den Arbeitgebern zu widmen. Sie sollen die Betriebe kennen lernen und die Bedürfnisse der Unternehmer. Zum anderen haben wir bereits den so genannten Matching-Prozess verbessert und verbessern ihn weiter. Matching bedeutet, dass wir die Wünsche der Arbeitgeber möglichst passgenau mit unseren Kandidaten erfüllen wollen. Schon jetzt schicken wir nicht mehr wahllos irgendwelche Mappen von Bewerbern zu Arbeitgebern, sondern prüfen sehr genau, ob ein Kandidat wirklich passen könnte. Eine neue Software wird das noch unterstützen: Sie kann die Profile der Bewerber individueller auswerten und dabei auch Talente und Kompetenzen mit einbeziehen, die vielleicht nicht unbedingt zum erlernten Beruf gehören, den Bewerber aber für einen anderen Job geeignet machen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2006, Seite 12

 
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