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Hoch qualifizierte "Leiharbeiter" gefragt

Ingenieure, IT-Spezialisten und Kaufleute werden verstärkt als Zeitarbeiter nachgefragt.

Noch immer haben Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland mit uralten, aber beständigen Vorurteilen zu kämpfen. Über die Vorstellungen, Leiharbeiter seien wenig qualifizierte und schlecht bezahlte Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz können Arbeitsmarkt-Experten nur verständnislos lächeln. Doch diese Fehleinschätzung ist bei Arbeitgebern wie Arbeitnehmern in deutschen Unternehmen noch immer weit verbreitet – und sicherlich einer der Gründe, warum der Anteil der Zeitarbeit am Gesamtarbeitsmarkt mit rund 1,3 Prozent im europäischen Vergleich noch immer einen hinteren Rang belegt. In Frankreich ist der Anteil doppelt so groß, in den Niederlanden dreimal und in Großbritannien sogar fast viermal so hoch wie in Deutschland.

Etwa eine halbe Mio. Menschen sind in der Zeitarbeit beschäftigt, nach Meinung des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) sind dies rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts Lünendonk ist der Markt im vergangenen Jahr sogar um 14 Prozent gewachsen. Insgesamt wurden damit in der Zeitarbeitsbranche 2005 mehr neue Arbeitsplätze geschaffen als in jeder anderen. Und zwar nicht, wie der Begriff nahe legt auf Zeit, sondern auf Dauer. Zeitarbeiter sind sozialversichert, unterliegen denselben gesetzlichen Regelungen wie andere Arbeitnehmer und kommen seit rund drei Jahren auch in den Genuss eines Tarifvertrages. Erst Anfang Juni 2006 teilten Arbeitgeberverband und Gewerkschaften der Öffentlichkeit mit, dass sich die Zeitarbeitsunternehmen mit ihren Tarifpartnern auf einen Mindestlohn von sieben Euro für die Branche geeinigt hätten. „Spitzengehälter werden in der Regel nicht gezahlt“, bestätigt Volker Enkerts, Präsident des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA), „aber es gibt andere Branchen, in denen deutlich schlechter gezahlt wird.“

Zwar nutzen noch immer viele Unternehmen Zeitarbeit als flexible Form der Beschäftigung, um ungeplante Personalengpässe abzufedern und zeitweilige Arbeitsspitzen auszugleichen, doch das klassische „Helfergeschäft“ macht bei Deutschlands Zeitarbeitsunternehmen nur noch rund ein Drittel des Geschäfts aus. Zeitarbeit werde zunehmend als „Problemlöser für qualifiziertere Tätigkeiten und Berufe“ angesehen, sagt iGZ-Bundesgeschäftsführer Werner Stolz. Und Ingrid Hofmann, Geschäftsführerin der Nürnberger I.K. Hofmann GmbH, bestätigt: „Der Trend geht immer stärker zu hoch qualifizierten Fachkräften wie Ingenieuren oder IT-Spezialisten.“

Zeitarbeiter von Kundenunternehmen abgeworben
Für viele Arbeitnehmer hat sich Zeitarbeit inzwischen als ideale Möglichkeit zum Wieder- oder Neueinstieg entwickelt. Rund 70 Prozent der Beschäftigten von Zeitarbeitsfirmen kommen aus der Arbeitslosigkeit, 30 bis 40 Prozent, so Schätzungen der Zeitarbeitsbranche, werden regelmäßig von Kunden abgeworben. Zeitarbeit hat sich für viele Arbeitnehmer zum Sprungbrett in eine Festanstellung bei den Kundenunternehmen entwickelt. Vor allem qualifizierte Kräfte, unter ihnen zahlreiche Universitätsabgänger, nutzen Zeitarbeit als Einstieg in die Arbeitswelt und können sich dabei bestens auf dem Markt orientieren.

Nach Schätzungen von Experten wird die Zeitarbeitsbranche in Deutschland in den kommenden Jahren deutlich wachsen. Bis 2010 werde die Branche, so BZA-Präsident Enkerts, zusätzlich 400 000 Arbeitsplätze schaffen. Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) prognostiziert sogar, dass hierzulande bis zu einer Mio. Menschen in dieser Branche Beschäftigung finden.

Laut der Lünendonk-Studie gibt es auf dem deutschen Zeitarbeitsmarkt rund 4 700 Anbieter, die einen Umsatz von mehr als 8,6 Mrd. Euro erzielten. Als Größte der Branche gelten Randstad, Manpower, persona, Adecco und DIS. Auch Hofmann Personal Leasing gilt mit inzwischen mehr als 6 500 Beschäftigten, 56 Niederlassungen im Bundesgebiet, Österreich, England und Tschechien, als eines der größten Unternehmen der Branche. Bei der Vielzahl von Unternehmen in der Zeitarbeitsbranche fällt es Arbeitnehmern wie Arbeitgebern noch immer schwer, den richtigen Anbieter zu finden. Insgesamt ist der Markt stark mittelständisch, zum Teil regional oder themenbezogen strukturiert. Unabhängig von der Größe erkenne man, so die Meinung von Experten, seriöse Anbieter am Auftreten, an der Weitergabe von Informationen und der Qualität des Vertragswerks.

Jedes Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland benötigt eine amtliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung der Bundesagentur für Arbeit, um Zeitarbeit gewerblich betreiben zu dürfen. Kunden sind dazu verpflichtet, einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen schriftlich abzuschließen. Vor Abschluss des Vertrages sollten Auftraggeber dem Zeitarbeitsunternehmen mitteilen, ob sie eventuell Interesse an einer dauerhaften Übernahme der Mitarbeiter haben (Vereinbarung über eine Personalvermittlung). Seit 2004 darf ein Mitarbeiter demselben Kundenunternehmen auch ununterbrochen überlassen werden. Vergleichsangebote sind auch bei Zeitarbeitsunternehmen sinnvoll. Auch hier gilt, so warnt der BZA, dass besonders preisgünstige Angebote nicht immer die besten sind.

Zeitarbeit: Die Vorteile für die Arbeitnehmer

  • regelmäßiges garantiertes Einkommen (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Zuschläge und Prämien)
  • geregelte Arbeitszeit und soziale Sicherung
  • wertvolle Berufserfahrung durch abwechslungsreiche Aufgaben in verschiedenen Branchen
  • gute Chancen auf Übernahme durch die Kundenunternehmen (Sprungbrett)
Autor/in: 
hpw.
Externer Kontakt: Bundesverband Zeitarbeit Personal Dienstleistungen e.V., www.bza.de
Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V., www.ig-zeitarbeit.de
Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), www.amp-info.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2006, Seite 22

 
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