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Trennungsprozesse fair gestalten

Trennungsgespräche werden von Führungskräfte vor allem deshalb als schlimm empfunden, weil sie nicht genügend darauf vorbereitet sind.

Nach seiner Präsentation, die mit viel Beifall honoriert wurde, bittet der Chef den Vertriebsmanager in eine ruhige Ecke. Er überreicht ihm einen Brief mit den Worten: „Ich hab’ da noch was für Sie.“ Es ist seine Kündigung. Keine Erklärung und kein Wort des Dankes an den Mitarbeiter eines Unternehmens der Elektroindustrie.

Sie beobachtet von ihrem Bürofenster aus, wie ihr Chef das Firmengelände eilig verlässt. In der Tasche hat sie ihr Kündigungsschreiben. Der Chef hatte sie gerade eben zu sich bestellt. Lächelnd streckte er ihr ein Blatt Papier entgegen und sagte: „Sicher wissen Sie schon, was ich hier habe. Die Auftragslage erfordert Opfer von uns allen. Tut mir leid für Sie.“ In fünf Minuten war das Gespräch beendet, und das nach 20 Dienstjahren. Und jetzt geht sie mit ihrer Kündigung allein ins Wochenende – die kaufmännische Angestellte in der Metallbranche.

Gekündigt zu werden ist für die Betroffenen ein einschneidendes Erlebnis. Es bedeutet nicht nur das Ende langjähriger Arbeitsbeziehungen und den Hinauswurf aus einer sozialen Gruppe. Auch Gefühle des Abgelehntseins tauchen auf.

Das wissen auch die Führungskräfte, die die Kündigungen aussprechen müssen. Umso größer ist die Verführung, diese unangenehme Arbeit an die Personalabteilung abzuschieben, oder – schlimmer noch – die Kündigungen per Mail zu verteilen. Die Auswirkungen sind fatal. Auch die weiter im Betrieb tätigen Mitarbeiter legen dies oft als Feigheit und Schwäche aus, die Autorität einer Führungskraft wird nachhaltig untergraben.

Hinzu kommt für die Unternehmen: Unbedachte und schnell vollzogene Kündigungen können teuer zu stehen kommen. Wenn sich gekündigte Mitarbeiter gedemütigt fühlen, ist damit zu rechnen, dass sie sich in irgendeiner Weise rächen. Sei es, dass der Mitarbeiter stundenlang ins Ausland telefoniert, Büromaterial mitgehen lässt oder ganze Dateien mit wichtigen Kundendaten entwendet. Je liebloser das Trennungsgespräch verläuft, desto eher wird sich der Betroffene wehren. Mit großer Wahrscheinlichkeit schaltet er den Betriebsrat und die Personalabteilung ein, vielleicht zieht er auch einen Anwalt zu Rate. Die Folge sind viele Stunden, die mit unnötigen Diskussionen zugebracht werden.

Die verbliebenen Mitarbeiter tendieren dazu, sich mit dem Gekündigten zu solidarisieren. Die Art und Weise der Trennung ist das alles beherrschende Thema. Sie müssen Abschied nehmen vom Kollegen, die Arbeit neu organisieren und seinen Teil der Arbeit übernehmen. Und vielleicht stellen sie sich die Frage: „Wie verhält sich der Chef, wenn ich an der Reihe bin?“ Die verunsicherten Leistungsträger, mit denen das Unternehmen seine Zukunft fest plant, beginnen möglicherweise, sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen. Das Betriebsklima in der Abteilung verschlechtert sich, die Produktivität sinkt.

Auch das Umfeld erfährt von der Behandlung des ehemaligen Mitarbeiters. Sollte das Unternehmen in Zukunft wieder Mitarbeiter rekrutieren wollen, werden sich kompetente Stellensuchende überlegen, ob sie in dieser Firma arbeiten wollen. Der Gekündigte mit Kundenkontakt hat vielleicht auch beim Kunden durchsickern lassen, dass er sich unfair behandelt fühlt. Die Folgekosten sind unabsehbar.

Es ist also wichtig, eine Kultur der fairen Trennung zu etablieren. Zur Vorbereitung von Trennungen müssen folgende Aspekte geklärt werden:

  • Wer soll gekündigt werden? Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl?
  • Kenntnisse aller relevanten Daten aus der Personalakte, Information des Betriebsrates, Verhandeln eines Sozialplans.
  • Eindeutiges Commitment im Management, damit keiner dem anderen in den Rücken fällt und der Verführung erliegt, falsche Versprechungen zu machen.
  • Abstimmung über die genaue Art der Trennung: wird eine einvernehmliche Lösung angestrebt, zu welchen Konditionen, freiwillige Leistungen des Unternehmens, Coaching-Angebote, Outplacementberatung, Kontakte zu anderen Firmen.
  • Ein klares, unternehmensweit einheitliches Kommunikationskonzept: Wer sagt wann was zu wem?
  • Gründliche Vorbereitung auf das eigentliche Trennungsgespräch, unter Berücksichtigung der Reaktionstypologie der Betroffenen.

Beim Trennungsprozess selbst sind diese Kriterien zu beachten:

  • Klare Botschaften vermitteln: Gesprächseinstieg, Argumentationskette, mögliche Zusagen und Konditionen sowie ein versöhnlicher Ausstieg aus dem Gespräch müssen vor dem Beginn des Gesprächs klar sein. Jeder Betroffene erwartet eine Antwort auf die Frage: „Warum ich?“
  • Vereinbarung einer Sprachregelung gegenüber den Kollegen und Kunden.
  • Vereinbarung über Folgegespräche und die weitere Vorgehensweise.

Sträflich vernachlässigt wird meist die Nachbereitung. Es geht um die Gestaltung der Phase des Ausscheidens, um Übergabeprozesse und Outplacement-Beratung. Vor allem geht es auch um die Gestaltung der Kommunikation mit den verbliebenen Mitarbeitern: Wie geht es nun weiter? Ist der Personalabbau damit abgeschlossen oder kommt bald der nächste? Was sagen wir den Kunden und Lieferanten? Welche Ängste, Sorgen und Hoffnungen bewegen die Belegschaft?

Externer Kontakt: Birgit Scharowsky, Unternehmensberatung "Veränderung gestalten", Erlangen
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2006, Seite 32

 
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