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Wer zahlt die Reisekosten?

Sachen gibt’s: Da bewirbt sich ein Naturwissenschaftler auf eine Stellenanzeige als Softwareentwickler bei einem Unternehmen in Fürth und wird zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass der Bewerber keinerlei verwertbare Programmierkenntnisse besaß, dafür aber „eine Führungsrolle“ bei der Firma anstrebte und dafür ein sechsstelliges Jahresgehalt forderte. Kurzum: Es war klar, dass er für die Stelle nicht in Frage kam.

Nach dem Gespräch wurde ihm die Erstattung seiner Reisekosten angeboten, die er aber überraschenderweise ablehnte. Kurze Zeit kam dann aber Post von ihm: Er forderte das Unternehmen, die Fürther Orcus GmbH, auf, seine anfallenden Reisekosten auf der Basis der üblichen Kilometer-Pauschale in Höhe von ca. 200 Euro zu erstatten, wozu die Firma nach diversen Gerichtsurteilen verpflichtet sei. Das Unternehmen erklärte, dieser Betrag sei für die angegebene Reise zu hoch und überwies schließlich die Kosten für eine Bahnfahrt 2. Klasse in Höhe von 90 Euro. Damit schien die Sache erledigt.

Längere Zeit später – kurz vor der Verjährung – kam dann wieder Nachricht von dem vermeintlichen Bewerber: Er forderte erneut seine Reisekosten zuzüglich der angefallenen Zinsen, ansonsten wolle er vor dem Arbeitsgericht klagen, was er dann auch tat. In einem zweiten Schritt behauptete er zusätzlich, dass ihm im Bewerbungsgespräch mündlich eine Arbeitsstelle und das von ihm geforderte sechsstellige Jahresgehalt zugesagt worden seien. Daher habe er noch Verzugslohn zu erhalten. Die Richterin entschied schließlich im Sinne des Unternehmen: Aus der vorgelegten Korrespondenz gehe klar hervor, dass dem Kläger niemals ernsthaft eine Stelle versprochen worden sei. Das Unternehmen habe zutreffend darauf hingewiesen, dass die von ihm veranschlagten Reisekosten deutlich zu hoch gewesen seien.

Orcus-Geschäftsführer Arnim W. Jablonowski ließ sich wegen dieses ärgerlichen Falles von der IHK beraten. Laut IHK müssen nach der aktuellen Rechtslage die Auslagen des Bewerbers erstattet werden, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Es ist aber möglich, die Erstattung explizit auszuschließen oder zu begrenzen. Eines aber empfiehlt sich auf jeden Fall: Keine Bewerbungsgespräche ohne Zeugen führen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2006, Seite 29

 
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