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Linsen im Brennpunkt

Messtechnik der Optocraft GmbH aus Erlangen-Tennenlohe sorgt bei den Herstellern von optischen Produkten für höchste Präzision.

„In der Endphase meiner Promotion wollte ich einfach mal über den Tellerrand der Physik hinaussehen. Da kam mir der Businessplan-Wettbewerb Nordbayern gerade recht“, so Dr. Johannes Pfund, der mit seinem Partner Dr. Mathias Beyerlein sowie mit zwei weiteren Teammitgliedern, PD Dr. Norbert Lindlein und Prof. Dr. Johannes Schwider, im Jahr 2001 die Optocraft GmbH gegründet hat. Die junge Technologiefirma, die ihren Sitz im Erlanger Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) hat, entwickelt und produziert Prüfsensoren für optische Systeme und Laser. Mit Hilfe dieser Geräte können etwa Hersteller optischer Linsen die Qualität ihrer Produkte kontrollieren und den laufenden Fertigungsprozess ständig optimieren. Auf diese Weise werden Linsen von Handys, CD- und DVD-Playern, Ferngläsern, Kameraobjektiven und Teleskopen geprüft, aber auch Brillengläser, Kontaktlinsen, Intra-Okular-Linsen und andere optische Produkte.

In der zweiten Phase des Businessplan-Wettbewerbs Nordbayern 2001 waren die promovierten Physiker mit ihrer Geschäftsidee unter den ersten Zehn gelandet. Das Weiterkommen scheiterte aber am zu geringen Geldbedarf der potenziellen Existenzgründer. „Wir hatten mit 200 000 Euro Startkapital kalkuliert. Das war der Jury zu wenig“, sagt Beyerlein. Optocraft ist ohne fremdes Geld erfolgreich, auch wenn Pfund und Beyerlein ihr Spinn-Off nicht gänzlich ohne fremde Hilfe auf die Beine gestellt haben: Über das so genannte „Flügge“-Programm des Freistaats Bayern bekamen die beiden für zwei Jahre je eine Halbtagsstelle am Lehrstuhl für Optik bei Prof. Dr. Gerd Leuchs an der Universität Erlangen finanziert. In der verbleibenden Zeit konnten sie ihr Unternehmen aufbauen.

Schon kurz nach der Gründung wurden die ersten Sensoren verkauft und die für den weiteren Ausbau benötigten Mittel in die Firmenkasse gespült. Der Umsatz stieg auf über eine halbe Mio. Euro im vergangenen Jahr, investiert wurden 60 000 Euro. Seit zwei Jahren schreibt Optocraft schwarze Zahlen. „Wir wollen kontinuierlich und aus eigener Kraft weiter wachsen“, betont der 36-jährige Beyerlein. Dennoch hoffen die Existenzgründer auf den großen Wurf: das so genannte Isafe-Projekt, das der Firma einen deutlichen Entwicklungsschub bescheren soll.

Bei Isafe handelt es sich um ein medizinisches Diagnosegerät für den Einsatz in der Augenheilkunde. Es kann im Gegensatz zu anderen Systemen in einem einzigen Messvorgang sowohl die Oberflächenform der Hornhaut als die Fehlsichtigkeit des Auges diagnostizieren. „Das erhöht für den Arzt die Diagnosesicherheit und Genauigkeit“, unterstreicht Pfund. Das Erprobungsstadium hat Isafe bereits hinter sich gebracht, das Patent ist eingetragen, derzeit laufen Gespräche mit potenziellen Investoren.

Optocraft beschäftigt derzeit neben den beiden Gründern zwei weitere promovierte Mitarbeiter sowie zwei Diplomanden von der FH Nürnberg. Die notwendige Unterstützung, etwa beim Marketing, kaufen sie sich von Zeit zu Zeit extern ein. In Buchhaltung und Sekretariat arbeiten die Ehefrau von Johannes Pfund und die Mutter von Mathias Beyerlein mit. „Wenn es hektisch wird, ist ihre langjährige Berufserfahrung aus anderen Unternehmen beruhigend und holt uns auf den Boden zurück“, so der 37-jährige Johannes Pfund. Daneben werden die beiden Inhaber von weiteren freien Mitarbeitern projektbezogen unterstützt, z.B. von Studenten und Promoventen an der Max-Planck-Forschungsgruppe für Information und Photonik in Erlangen. Personalengpässe werden hingegen im Vertrieb spürbar. „Wir haben ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt, das sich nicht mit einfachen Worten beschreiben lässt“, erläutert Beyerlein. Deshalb fällt es schwer, den Vertrieb aus der Hand zu geben. Ein funktionierender Außendienst würde vielleicht den Absatz erhöhen, gleichzeitig aber durch fehlende Detailkenntnis auch eine zusätzliche Fehlerquelle darstellen.

Denn immer mal wieder stoßen die Optocraft-Gründer auf potenzielle Kunden, die abwinken, wenn sie auf das Herzstück ihrer Produktpalette zu sprechen kommen: Den so genannten Shack-Hartmann-Sensor, der anhand eines Lichtpunktemusters die Qualität von Linsen beurteilt. „Die haben oft mit Konkurrenzprodukten schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt Beyerlein. Eine Herausforderung für die beiden Existenzgründer, denen es mit viel persönlichem Engagement gelungen sei, dass auch höhere Preise akzeptiert würden, „weil unsere Geräte funktionieren“.

In der ersten Phase nach der Gründung war jeder Sensor ein Unikat, individuell auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten. Dies habe sich in den letzten Jahren durch konsequente Entwicklungsanstrengungen geändert. Um künftig günstiger anbieten zu können, will Optocraft möglichst bald in das Geschäft mit Kleinserien einsteigen. Inzwischen werden auch Komplettlösungen, also ganze Messstationen und Interferometer, angeboten. „Wir wollen uns auf allgemein gültige Messstandards konzentrieren und nicht mehr jeder Nische nachlaufen.“

Autor/in: 
mei.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2006, Seite 21

 
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