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Sicherungen einbauen

Die Bauwirtschaft kommt aus einer langjährigen Rezession. Insolvenzen sind deshalb in der Branche fast an der Tagesordnung. Immobilienkäufer müssen sich deshalb bei der Vertragsgestaltung absichern.

Bereits im Jahre 2001 erlebte der Bau in Deutschland nach Aussagen der Bauwirtschaft das siebte Rezessionsjahr in Folge. Im Jahre 2004 und 2005 lagen die Pleiten im Baubereich bei rund 9 000 Insolvenzen. Für 2006 werden ähnliche Zahlen erwartet. Der häufigste Insolvenzgrund ist die schlechte Kapitalausstattung der am Bau tätigen Unternehmen. Gerade das Bauträgergeschäft ist nahezu vollumfänglich fremdfinanziert. Darin liegt letztlich der Grund für die Insolvenzanfälligkeit des Bauträgers.

Für den Erwerber hat eine Bauträgerinsolvenz oft weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Der Kauf einer Wohnung oder eines eigenen Hauses ist in der Regel mit einer Ausschöpfung sämtlicher Liquiditätsreserven verbunden. Mit dem aufgenommenen Geld des Erwerbers wird auf einem Grundstück des Bauträgers, das mit Grundpfandrechten der Bauträgerbank belastet ist, ein Bauwerk erstellt. Ist bei einer Insolvenz das Bauwerk unvollendet, treffen den Erwerber nicht unerhebliche Mehrkosten für die Fertigstellung des restlichen Gebäudes. Auch die gesetzlich vorgesehenen Sicherungsmechanismen der Makler- und Bauträgerverordnung können dieses Risiko des Erwerbers nicht hinreichend abdecken. In vielen Fällen führt die Insolvenz des Bauträgers im Nachgang zu einer Insolvenz der am Bau beteiligten Subunternehmen. Es ist deshalb wichtig, bereits bei Vertragsschluss Sicherungsabreden zu treffen, um sich vor einer späteren Insolvenz seines Vertragspartners zu schützen. Das Gesetz sieht hinreichende Sicherungsmöglichkeiten für die Firmen vor, die den Bau ausführen.

Bauträgervertrag
Die Rechtsnatur des Bauträgervertrages (einheitlicher Vertrag mit werk- und werklieferungsvertraglichen sowie kaufvertraglichen Elementen) führt im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu einer „Aufspaltung“ des Vertrages. § 106 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) gibt dem Erwerber unbeschadet der Insolvenz des Bauträgers einen gesicherten und durchsetzbaren Anspruch auf Grundstücksübereignung (kaufvertragliches Element). Wegen der Sondervorschrift des § 106 InsO besteht für den kaufrechtlichen Teil des Bauträgervertrages kein Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Der Erwerber kann Befriedigung direkt aus der Insolvenzmasse verlangen, sofern die Auflassungsvormerkung rechtzeitig und in unanfechtbarer Weise zu seinem Gunsten eingetragen worden ist und er den auf den Grundstücksanteil entfallenen Kaufpreis bezahlt hat.

Unabhängig vom Übereignungsanspruch sind die Rechtsbeziehungen zwischen Verwalter und Erwerber hinsichtlich der Bauleistungen. Nach § 103 InsO hat der Insolvenzverwalter das Wahlrecht, ob er Vertragserfüllung wählt. Wählt der Insolvenzverwalter die Erfüllung der noch zu erfüllenden Leistungsteile, schuldet er auch die Beseitigung von Mängeln, die dem bereits vom Bauträger erbrachten Teilwerk anhaften. Nachteilig für den Erwerber ist die Regelung des § 105 S. 1 InsO. Stellt sich heraus, dass die Bauleistungen hinter den tatsächlich geleisteten Abschlagszahlungen zurückbleiben und wählt der Insolvenzverwalter Erfüllung des Vertrages, stellt diese „Zuvielzahlung“ durch den Erwerber eine Insolvenzforderung dar. Die tatsächlich vom Insolvenzverwalter erbrachte Bauleistung muss der Erwerber vergüten.

Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages ab, hat es sich eingebürgert, von einem insolvenzspezifischen Abrechnungsverhältnis zu sprechen. Ein solches Abrechnungsverhältnis wird begründet, wenn der Bauträger einen Vergütungsanspruch hat und dem Erwerber allein auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche wegen der unvollständig oder mangelhaften Fertigstellung des Werkes zustehen. Auch hinsichtlich der Mängel am Gemeinschaftseigentum steht dem einzelnen Erwerber ein Ersatzanspruch in Höhe der gesamten Mängelbeseitigungskosten zu, die aufzuwenden sind. Er ist nicht auf eine Quote entsprechend dem Miteigentumsanteil beschränkt. Bei einem zugunsten des Erwerbers verbleibenden Saldo handelt es sich um eine bloße Insolvenzforderung nach § 38 InsO, die als solche zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann.

Sicherungsmöglichkeiten für die Beteiligten
Der nach § 106 Insolvenzordnung festgeschriebene insolvenzfeste Auflassungsanspruch bietet für den Erwerber nur einen eingeschränkten Schutz. Ein besonderes Sicherungsbedürfnis liegt für den Erwerber in der Sicherstellung der im Falle der Bauträgerinsolvenz notwendigen Kosten für die Fertigstellung des Gebäudes und der Kosten, die als Folge der zeitlichen Verzögerung der Baumaßnahme anfallen (Finanzierungskosten, Mietzahlungen, Wegfall steuerlicher Vergünstigungen etc. ).

Der Erwerber sollte bereits im Bauträgervertrag die Stellung einer zusätzlichen Vertragserfüllungsbürgschaft vereinbaren. Weiterhin ist darauf zu achten, dass in den Bauträgerverträgen wirksam Abtretungsklauseln bezüglich der Gewährleistungsansprüche des Bauträger gegen die am Bau Beteiligten an den Erwerber festgeschrieben sind und der Vertrag so genannte Loslösungsklauseln vorsieht.

Die Baupraxis zeigt, dass der Insolvenz eines Bauträgers in vielen Fällen Insolvenzen der am Bau beteiligten Subunternehmen folgen. Obwohl das Gesetz hinreichende Sicherungsmöglichkeiten für die am Bau beteiligten Firmen vorsieht, machen diese von ihrem Recht, z.B. Sicherheitsleistungen nach § 648a BGB zu verlangen, wenig Gebrauch. In der Praxis gehen die Betriebe in einer Vielzahl von Fällen erheblich in die Vorleistung. Im Falle der Insolvenz des Vertragspartners hat dies einen existenzvernichtenden Forderungsausfall zur Folge. Auch hier sollte es im ureigensten Interesse der ausführenden Unternehmen liegen, vertragliche Sicherheiten zu vereinbaren und eng gestaffelte Abschlagszahlungen festzuschreiben, um das Vorleistungsrisiko zu minimieren. Besonders wichtig ist es, entsprechende Sicherungen bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu vereinbaren. Sämtliche im Nachhinein erfolgten Sicherungen stehen in der Insolvenz des Bauträger allesamt unter dem Damoklesschwert der Insolvenzanfechtung.

Steht im Falle der Insolvenz fest, dass der Unternehmer mit seiner Forderung ausfällt, kommen auch Ansprüche gegen die handelnden Organe des Bauträgers unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzverschleppung und der Veruntreuung von Baugeld in Betracht.

Externer Kontakt: Stefan Förtsch, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Kanzlei Lieb.Rechtsanwälte, Erlangen/Nürnberg
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2006, Seite 42

 
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