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Wege zur richtigen Zahl

Nicht alle Unternehmen sind auf die neuen Handlungsfelder der kapitalmarktorientierten Betrachtung von Immobilien vorbereitet.

In die deutsche Immobilienbewertung ist Bewegung gekommen. Neue Anforderungen ergeben sich durch zahlreiche Entwicklungen: Globales Geschehen auf dem Immobilienmarkt, Zunahme der grenzüberschreitenden Grundstücksgeschäfte, internationale Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS) und Tendenz zur Transparenz und Offenlegung von Immobilienwerten in der Versicherungs- und Kreditwirtschaft. Unternehmen und Personen mit umfangreichen Immobilienbesitz können sich diesen internationalen Entwicklungen in den einzelnen Ländern nicht entziehen.

Analyse des Bewertungszwecks
Bei der Bewertung von Portfolio- und/oder Unternehmensimmobilien kommt es darauf an, in welchem Rahmen die Geschäftstätigkeit abgewickelt wird und wie sich dieser Rahmen in Zukunft verändern soll. Hierzu ist eine Analyse des Bewertungszwecks erforderlich, da die Aufgabenstellung des Gutachters bzw. Bewertenden sowie die Vorgehensweise bei der Wertermittlung beeinflusst werden. Je nach Wertauffassung gibt der Bewertungszweck die Marschrichtung zum Ergebnis bzw. zur Wertspanne und das Ergebnis selbst vor.

Wertermittlungsschritte
Der Immobilienwertbegriff ist vielschichtig. Der deutsche Verordnungsgeber hat für eine objektive Wertermittlung folgende Legaldefinition in § 194 Baugesetzbuch (BauGB) vorgegeben: Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf sich die Wertermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Subjektive Wertermittlungsüberlegungen z.B. hinsichtlich von Steuer- und Finanzierungsaspekten sind nicht eingeschlossen.

Um zu einem begründeten, nachprüfbaren und nachvollziehbaren Wert einer Immobilie zu gelangen, sind folgende Schritte notwendig:

  1. Ermittlung und Beschreibung des Bewertungsanlasses und des Zwecks
  2. Nennung und Beschreibung der Funktion und Aufgabe des Gutachters wie z.B. die beratende Ermittlung der Preisobergrenze
  3. Festlegung und Begründung der Wertgröße (z.B. Entscheidungswert)
  4. Beschreibung des Bewertungsobjektes, sein Umfeld und die Branche
  5. Festlegung und Begründung der anzuwendenden Wertdefinition
  6. Begründete Wahl des anzuwendenden Wertermittlungsverfahrens
  7. Durchführung der Wertermittlung unter Beachtung einschlägiger Standards
  8. Begründetes, nachvollziehbares und nachprüfbares Wertermittlungsergebnis.

Die Schritte verdeutlichen, dass es unterschiedliche Bewertungszwecke und verschiedene Verfahren gibt, die bei einer Immobilie zu unterschiedlichen Wertermittlungsergebnissen zu einem bestimmten Stichtag führen können. Beispielhaft sei hier die Beauftragung eines Gutachten mit einem Verkehrswert (Annahme des Verkaufs) sowie mit einem Beleihungswert (Finanzierungszweck) angeführt, so dass sich neben einem marktgerechten Immobilienwert ein durch Risikogesichtspunkte verminderter Wert ergibt, der die Finanzierungshöhe bestimmt. Es empfiehlt sich bereits im Vorfeld bei Finanzierungsanfragen, ein Gutachten eines auf den Beleihungswert spezialisierten Gutachters einzuholen.

Methoden der Wertermittlung und Mindestanforderungen
Vom Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHK) wurde eine Mustersachverständigenordnung erarbeitet, die auch Mindestanforderungen an Verkehrswertgutachten vorgibt. Ähnliche Mindestanforderungen hat die HypZert veröffentlicht. Die Berufsverbände der Chartered Surveyors sowie des Appraisal Institutes verfügen über umfangreiche Standards.

Die klassische Wertermittlungstechnik für das Teilsegment der betrieblicher Immobilien lässt sich kurz wie folgt charakterisieren: In der Grundstücksbewertung wird der so genannte Verkehrswert gemäß Wertermittlungsverordnung (WertV) in der Regel nach dem Ertragswertverfahren bewertet, da Renditegesichtspunkte im Vordergrund stehen. Ergänzend wird in der Praxis ein Discounted Cash-Flow-Verfahren angewandt. Das Ertragswertverfahren ermittelt den Wert der Immobilie durch Abzinsen der künftigen aus dem Bewirtschaften der Immobilie fließenden Einnahmenüberschüsse (Summe aus Bodenwert, Gebäudeertragwert und eventuellen Sonderwerten). Vereinfacht kann er als Vervielfältiger oder Multiplikator der Jahresnettomiete dargestellt werden (so genannte Maklermethode). Besondere Bedeutung kommt bei betrieblichen Immobilien den Sonderwerten (Über-/Untervermietung z.B. bei steuerlichen Fragestellungen, Instandhaltungsstau und dessen Planung u.a.) sowie der so genannten Drittverwendungsfähigkeit zu.

Viele Unternehmen gehen dazu über, den Immobilienbesitz regelmäßig von einem qualifizierten Bewertungsunternehmen betreuen zu lassen, um Potenziale (z.B. Fragestellungen zu Brandversicherungswerten, Teilwert- und Sonderabschreibungen zur verlustfreien Objekt- bewertung und Ermittlung stiller Reserven usw.) aufzuzeigen.

Externer Kontakt: Eduard Paul, Chartered Valuation Surveyor, Immobilienbewertungs- und Beratungsgesellschaft mbH, Nürnberg, info@paul-real-estate.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2006, Seite 30

 
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