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"Reach" tritt in Kraft

Lange hatte die Wirtschaft für eine praktikable Gestaltung der so genannten „Reach“-Verordnung gekämpft. Es ist – auch Dank der IHK-Organisation – gelungen, die besonders unverhältnismäßigen und bürokratischen Forderungen des ursprünglichen Entwurfs zu entschärfen. Das EU-Parlament und der EU-Ministerrat haben nun am 13. und 18. Dezember 2006 mit großer Mehrheit einen kurz zuvor ausgehandelten Kompromiss beschlossen. Die Reach-Verordnung wird somit am 1. Juni 2007 in Kraft treten.

Von dem bisher umfangreichsten europäischen Gesetzesvorhaben zur Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien wird nicht nur die chemische Industrie betroffen sein. Auch für die so genannten „nachgeschalteten Anwender“ von Chemikalien sind umfangreiche Auswirkungen zu erwarten. Hierzu zählen alle Unternehmen, die im weitesten Sinne Chemikalien einsetzen und verwenden – z.B. sämtliche produzierende Unternehmen.

Hauptziel von Reach ist der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Hier werden bei der gegenwärtigen Chemikalienpolitik gravierende Schwächen, insbesondere durch Wissenslücken auf dem Gebiet der chemischen Altstoffe gesehen: Während nach dem bisherigen System neue Stoffe umfassend hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit für Umwelt und Gesundheit bewertet werden müssen, unterlagen die Altstoffe, die bis September 1981 auf den Markt gekommen sind, nie solchen umfassenden Prüfvorschriften.

Umkehr der Beweislast
Wurden kritische chemische Altstoffe bisher in Prüfprogrammen durch die nationalen Behörden abgearbeitet, so wird mit Reach eine Beweislastumkehr eingeleitet. Ausschließlich die Unternehmen sind jetzt für die Untersuchung der Chemikalien verantwortlich. Dabei gilt der Grundsatz „no data – no market“: Stoffe, zu denen keine ausreichenden Kenntnisse vorliegen, dürfen weder hergestellt noch vermarktet werden.

Zukünftig müssen für chemische Stoffe, die in einer Menge von über einer Tonne pro Jahr und Hersteller in Verkehr gebracht werden, ausführliche Angaben hinsichtlich Risiken gegenüber Mensch und Umwelt gemacht werden. Dies hat zur Folge, dass für rund 30 000 Altstoffe, die über dieser Mengenschwelle liegen, „Nachuntersuchungen“ im Zuge einer Registrierung erforderlich werden. Diese sind in Übergangsfristen bis maximal elf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung von den Unternehmen abzuarbeiten. Für weitere rund 1 500 besonders Besorgnis erregende Stoffe wird eine gesonderte Zulassung erforderlich.

Pflichten für Chemikalien-Anwender
Eine der Grundideen von Reach ist, ein Risikomanagement für den gesamten Lebenszyklus von Chemikalien zu etablieren. Dabei wird die gesamte Absatzkette mit eingebunden. Die Verordnung wird sich daher nicht nur auf die Hersteller und Importeure von chemischen Stoffen auswirken, sondern auch auf die Unternehmen, die Chemikalien im weitesten Sinne einsetzen (so genannte „nachgeschaltete Anwender“).

Die Anwender von Chemikalien müssen insbesondere folgende Pflichten beachten:

  • Erstellung eigener Stoffsicherheitsberichte unter bestimmten Bedingungen
  • Informationspflichten innerhalb der Lieferkette
  • Mitteilungspflichten an die neue europäische Chemikalienagentur.

Außerdem ist zu beachten, dass auch für Stoffe in Erzeugnissen (z.B. Autos, Computer, Elektroartikel) eine Registrierung erforderlich sein kann: Dies ist der Fall, wenn Stoffe bei der weiteren Verwendung des Erzeugnisses unter normalen Bedingungen freigesetzt werden (z.B. Lösemittelemissionen bei Teppichböden oder Filzstiften) und der Stoff in den Erzeugnissen eines Herstellers bzw. Importeurs in einer Menge von mehr als einer Jahrestonne enthalten ist. Lediglich wenn der Stoff bereits für die betreffende Verwendung registriert wurde, kann von einer Registrierung abgesehen werden.

Damit Reach möglichst reibungslos funktioniert, bereitet die Europäische Kommission Umsetzungshilfen für die Wirtschaft, die Behörden und die Europäische Chemikalienagentur vor in Form der so genannten Reach-Umsetzungsprojekte (Reach Implementation Projects, kurz RIPs). In ihnen werden Hilfsinstrumente und Leitfäden erarbeitet, die Behörden und Unternehmen dabei unterstützen, die künftige Chemikalienverordnung umzusetzen. Die aktuellen RIPs können von der Homepage des Europäischen Chemikalienbüros heruntergeladen werden (http:// ecb.jrc.it/reach/).

Zentrale Auskunftsstelle
In Deutschland wurde mit dem Reach-Helpdesk eine zentrale Auskunftsstelle bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin mit Sitz in Dortmund eingerichtet. Diese liefert Informationen zur Umsetzung der Chemikalien-Verordnung und unterstützt bei der Registrierung, Bewertung und Zulassung von chemischen Stoffen (www.reach-helpdesk.de).

Information durch die IHK
Die IHK hat in den letzten Jahren über ihren Ausschuss „Energie und Umwelt“ und in Kooperation mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erfolgreich die Interessen vor allem der kleinen und mittleren Unternehmen im Gesetzgebungsverfahren von Reach vertreten. IHK und Unternehmen aus Mittelfranken hatten sich intensiv mit Vorschlägen für eine praktikable Ausgestaltung von Reach zu Wort gemeldet: Sie hatten wesentlichen Anteil daran, dass insbesondere für nachgeschaltete Anwender Erleichterungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf erreicht wurden.

Bei der IHK kann ein Merkblatt für Chemikalien-Anwender angefordert werden.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2007, Seite 12

 
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