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Wiener aus Hamburg?

Produkte, die mit einer bestimmten Stadt oder Region in Verbindung stehen, genießen einen guten Ruf. Wie sieht es mit dem gesetzlichen Schutz aus?

„Nürnberger Bratwurst“, Bocksbeutelflasche oder „Solnhofener Platten“: Solche Herkunftsbezeichnungen sorgen beim Verbraucher für Vertrauen, zumal in der globalisierten Welt das Angebot immer unübersichtlicher wird. Mit der Herkunft aus einer bestimmten Stadt oder einer Region verbindet der Konsument eine bestimmte Qualität. Marktstudien belegen, dass damit auch die Bereitschaft einhergeht, einen höheren Preis zu akzeptieren. Kein Wunder, dass sich auch Konkurrenten aus anderen Regionen geografische Herkunftsangaben zunutze machen wollen. Aber ist das zulässig?

Ausgangspunkt ist zunächst die Frage: „Stellt die Bezeichnung überhaupt eine geografische Herkunftsangabe oder nur eine Gattungsbezeichnung dar?“. Geografische Herkunftsangaben sind Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern, aber auch sonstige Angaben oder Zeichen, die als Hinweis auf eine geografische Herkunft benutzt werden. Es wird dabei zwischen unmittelbaren und mittelbaren geografischen Herkunftsangaben unterschieden. Unmittelbare Herkunftsangaben nennen den Ort oder die Gegend direkt, z.B. „Nürnberger Lebkuchen“ oder „Bayerisches Bier“. Mittelbare Herkunftsangaben bezeichnen einen Ort nicht namentlich, sondern auf andere Art, wie z.B. durch Nationalfarben (italienische Flagge für italienische Salami), die Abbildung bekannter Gebäude (Brandenburger Tor oder Kölner Dom) oder die Aufmachung des Produktes (Bocksbeutel).

Von den geografischen Herkunftsangaben abzugrenzen sind Gattungsbezeichnungen, die zwar eine geografische Angabe enthalten, aber ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben und nun als Hinweis auf die Art oder die Beschaffenheit, der Sorte oder sonstiger Eigenschaften dienen. Hierzu zählen z.B. „Pils“, „Lyoner“, „Edamer“. Auch „Wiener Würstchen“ oder „Hamburger“ werden gemeinhin nicht als geografische Herkunftsangabe verstanden.

Schutz nach deutschem Recht
Geografische Herkunftsangaben sind zunächst durch die gesetzlichen Regelungen der §§ 126 bis 129 Markengesetz (MarkenG) geschützt. Sie können auch als Marke, insbesondere als Kollektivmarke, eingetragen werden. Außerdem gibt es verschiedene zwischenstaatliche Abkommen, die einen Schutz von Herkunftsangaben gewähren, z.B. das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen vom 8. März 1960, nach dem die Bezeichnung „Champagner" geschützt ist.

Nach § 127 MarkenG dürfen geografische Herkunftsangeben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, die nicht aus dem angegebenen Ort, der Gegend usw. stammen. Eine Salami, die nicht aus Italien stammt, darf also nicht mit der Angabe „Italienische Salami“ oder den Farben „grün-weiß-rot“ vertrieben werden, da dies irreführend ist. Eine Irreführung kann jedoch ausgeschlossen werden, wenn auf der Salami der Hinweis „Hergestellt in Deutschland“ aufgebracht wird oder die Angabe „Salami italienischer Art“ statt „Italienische Salami“ verwendet wird. Genießt ein Produkt aus einem geografischen Herkunftsgebiet den Ruf einer besonderen Qualität, so dürfen selbst Produkte, die aus diesem Gebiet stammen, jedoch die Qualität nicht aufweisen, die Angabe nicht verwenden.

 Schutz nach der EG-Verordnung 510/2006
Seit 1992 können auf Basis der EG-Verordnung 2081/92, die von der EG Verordnung 510/2006 abgelöst wurde, bei Lebensmitteln und Agrarerzeugnissen geografische Herkunftsangaben EU-weit unter besonderen Schutz gestellt werden. Voraussetzung hierfür ist die Anmeldung der Bezeichnung unter Angabe einer Spezifikation für das Erzeugnis und die Eintragung in ein Verzeichnis. Die „Nürnberger Bratwurst“ ist seit dem 15. Juli 2003 in dem Verzeichnis eingetragen. Es dürfen seitdem nur Bratwürste, die in Nürnberg hergestellt werden und den weiteren Bestimmungen zu Rezeptur und Herstellung entsprechen, als „Nürnberger Bratwürste“ bzw. „Nürnberger Rostbratwürste“ bezeichnet werden. Auch eine Anlehnung an die Bezeichnung, z.B. die Angabe „Bratwürste Nürnberger Art“ ist untersagt. Weitere durch die EU-Verordnung geschützte Angaben sind beispielsweise „Allgäuer Emmentaler“, „Schwarzwälder Schinken“, „Nürnberger Lebkuchen“, „Bayerisches Bier“, „Kölsch“ und „Spreewälder Gurken“. Denselben Schutz genießen ausländische Bezeichnungen wie „Parmaschinken“, „Grana Padano“, „Feta“ oder „Esrom“.

Abhängig von der hinterlegten Spezifikation kann der Schutzbereich sehr weit sein: So darf ein Parmaschinken auch nur in Parma aufgeschnitten und verpackt werden, sofern es nicht das Aufschneiden im Einzelhandel betrifft. Ein Parmaschinken, der in Deutschland aufgeschnitten, verpackt und an Einzelhändler zum Wiederverkauf geliefert wird, darf damit nicht mehr „Parmaschinken“ genannt werden. Wer dagegen verstößt, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Bei „Spreewälder Gurken“ reicht es hingegen aus, wenn nur 70 Prozent der verarbeiteten Gurken aus dem festgelegten Gebiet des Spreewaldes stammen. Die Herkunft der anderen 30 Prozent ist ohne Relevanz.

Produkte mit einer nach der EU-Verordnung geschützten geografischen Herkunftsangabe (g. g. A.) müssen in ihrer Etikettierung auch die Angabe „geschützte geografische Angabe“ oder das nebenstehende Logo enthalten. Dies ist durch die Verordnung vorgeschrieben.

Zurück zur Titelfrage: Ein Wiener Würstchen kann also aus Hamburg stammen. Der Nürnberger Lebkuchen dagegen muss immer aus Nürnberg kommen.

Externer Kontakt: Rechtsanwältin Dr. Renate Kropp, Partnerin von Dr. Cöster & Partner – Rechtsanwälte, Nürnberg, kropp@coester-partner.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2007, Seite 22

 
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