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Der Pionier wird reformiert

Die deutsche GmbH entstand bereits 1892. Zeit für eine Überarbeitung.

Ohne historisches Vorbild war die Einführung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor über 100 Jahren. Nötig geworden war eine flexible Rechtsform für den Zusammenschluss weniger Partner. Die damals auf Initiative der Berliner Kaufmannschaft geschaffene neue Rechtsform für den Mittelstand war bald ein Exportschlager. Allerdings ist das deutsche Modell etwas in die Jahre gekommen. Auf dem EU-Binnenmarkt konkurrieren längst andere Rechtsformen mit beschränkter Haftung, allen voran die englische Limited.

Nun steht eine Modellpflege ins Haus. Die Reform will ein „deutliches Signal an Unternehmensgründer“, so Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, senden. Der Entwurf des „Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ (MoMiG) nennt als Zeitpunkt seines Inkrafttretens den 1. Oktober 2007. Ein Datum, das aber bereits aus den beteiligten Kreisen als vorläufig bezeichnet wurde, so dass mit einem Inkrafttreten des Gesetzes frühestens Ende 2007 zu rechnen ist.

Schnelleres Verfahren
Wichtiges Anliegen des Gesetzes: Die Errichtung der GmbH soll noch einfacher werden. Das Stammkapital muss statt heute 25 000 nur noch 10 000 Euro betragen. Wie es bereits heute geltendes Recht ist, reicht es aber, nur die Hälfte des Stammkapitals auf das Gesellschaftskonto einzuzahlen. Heute sind dies 12 500 Euro, nach der neuen Regelung soll man sich bereits mit 5 000 Euro die beschränkte Haftung erkaufen können. Das gilt – und das ist neu - auch für die Gründung durch eine einzelne Person.

Sollte der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedürfen (Maklergewerbe, Betrieb einer Gaststätte), genügt zunächst die eidesstattliche Versicherung, dass diese Genehmigung beantragt wurde. Es muss nicht mehr ein lang andauerndes Genehmigungsverfahren abgewartet werden, bis die GmbH eingetragen werden kann.

Größere Mobilität
Der Einsatzort der GmbH kann künftig weltweit sein. Denn die Regelung des § 4a Abs. 2 GmbH-Gesetzes (GmbHG), dass sich der Sitz der Gesellschaft an dem Ort des Betriebes, der Verwaltung oder Sitz der Geschäftsleitung zu orientieren habe, wird gestrichen - auch für die Aktiengesellschaft (§ 5 Aktiengesetz AktG). Die beiden Kapitalgesellschaften können dann zwar ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland anmelden, aber ausschließlich im Ausland tätig sein. In der EU ist für ihre Anerkennung durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes längst gesorgt. Freilich müssen die Gesellschaften zur Eintragung im Handelsregister einen inländischen Sitz und eine inländische Geschäftsanschrift angeben; dorthin können Zustellungen erfolgen. Die Mobilitätserleichterung wird also nicht dazu führen, dass sich die Firmen aus dem Staub machen können.

An diesem Beispiel wird die Konzeption der Reform deutlich: Sie will einerseits Gründung und Betrieb der GmbH erleichtern, andererseits die Verantwortlichkeit der Handelnden – also in erster Linie der Geschäftsführer - klarstellen. Bislang besteht nur eine gesetzliche Haftung für Zahlungen ab eingetretener Zahlungsunfähigkeit. Künftig werden GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände persönlich in die Pflicht genommen, wenn sie die Zahlungsunfähigkeit durch Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter erst herbeiführen. Ein existenzvernichtender Eingriff löst Haftungsfolgen aus. Dies ist die gesetzliche Bestätigung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung
Für einen praktisch wichtigen Sachverhalt stehen auch die Gesellschafter in der Pflicht. Sie werden im Fall der Führungslosigkeit der Gesellschaft verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung einen Insolvenzantrag zustellen. Das von einigen schwarzen Schafen geübte Abberufen der bislang allein verantwortlichen Geschäftsführer wird nichts mehr nützen. Die Rechtsfolge bei Verletzung der neuen Gesellschafterpflicht ist – wie für Geschäftsführer heute schon - die direkte persönliche Haftung gegenüber allen Gläubigern, die es nach Eintritt des Insolvenzgrundes mit der Gesellschaft zu tun bekommen.

Die Finanzierung der GmbH wird künftig einfacher strukturiert. Eigenkapital ist, was die Gesellschafter bei Gründung oder Kapitalerhöhung gewollt als solches aufbringen. Andere Finanzierungen werden nicht mehr zu Eigenkapital umqualifiziert. Gesellschafterdarlehen sollen nicht länger unter in der Praxis oft schwer feststellbaren Umständen „kapitalersetzend“ sein. Daher werden die im Jahr 1980 eingeführten §§ 32a/b GmbHG wieder aufgehoben. Auch die seither vom Bundesgerichtshof (BGH) parallel dazu praktizierte Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf Gesellschafterkredite soll es nicht länger geben.

Darlehen aus Gesellschafterhand unterliegen in Zukunft einem insolvenzrechtlichen Regime. Das geltende Insolvenzrecht sieht schon die Nachrangigkeit von bestimmten Krisenkrediten vor; die Neuregelung erweitert diesen Nachrang auf alle Darlehen, die von Gesellschaftern ausgereicht werden, die mit mindestens zehn Prozent beteiligt sind. Binnen Jahresfrist vor der Insolvenz zurückgezahlte Kredite dieser Art können zurückgefordert werden. Mit dieser Nachrang- und Anfechtungslösung wird eine klare und jedermann vermittelbare Regelung vorgeschlagen. Die rechtsformneutral konzipierte Neuordnung in der Insolvenzordnung verspricht zudem, auch EU-ausländische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland zu erfassen.

Gesellschafterliste
Einige Änderungen sind für die GmbH-Beteiligung vorgesehen. Eingeführt wird nach dem Vorbild des Namensaktienregisters eine verbindliche Gesellschafterliste, die beim Handelsregister abrufbar sein wird. Sie ist Basis für den neu einzuführenden gutgläubigen Erwerb eines GmbH-Geschäftsanteils. Vorbild ist das Grundbuch: Bei eigener Redlichkeit kann man sich auf die Eintragungen dort verlassen. Da die Gesellschafterliste nicht von einer amtlichen Stelle geführt wird, ist zur Sicherung des wahren Berechtigten vorgesehen, dass die Eintragung drei Jahre lang widerspruchslos hingenommen worden ist. Ferner wird nicht länger untersagt, bei Gründung mehrere Stammeinlagen zu übernehmen. Die GmbH-Beteiligung wird also flexibler und mobiler. Dem Wunsch vieler Praktiker, das Übertragen von Beteiligungen möge ohne notarielle Beurkundung vonstatten gehen, entspricht der Reformentwurf allerdings nicht.

Der MoMiG-Entwurf beinhaltet nach Auffassung der IHK-Organisation viele positive Ansätze, die den Umgang mit der GmbH erleichtern werden. Zudem bietet das deutsche Recht damit nahezu jedem Gründer die Möglichkeit, kostengünstig und auf rechtssicherem Terrain eine Gesellschaft ohne Haftungsrisiko zu gründen, ohne dabei die Probleme zweier kollidierender Rechtsordnungen in Kauf nehmen zu müssen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2007, Seite 24

 
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