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Lohnt sich der Mini-Job noch?

Drei 400-Euro-Jobs sind mittlerweile meist teurer als ein Arbeitnehmer mit 1 200 Euro brutto.

Die Regierung Schröder hat das Recht der „geringfügig Beschäftigten“ grundsätzlich neu gestaltet und den 400-Euro-Job geschaffen, die Folge war ein Boom dieser „Mini-Jobs“. Über sechs Mio. Arbeitnehmer sind auf der Basis von 400 Euro und weniger beschäftigt.

Dieses „Job-Wunder“ hat die Begehrlichkeiten der Sozialversicherungen geweckt. Zum 1. Juli 2006 sind die Sozialabgaben, die der Arbeitgeber allein zu tragen hat, angehoben worden. Lohnt sich also der Einsatz einer 400-Euro-Kraft noch?

Jetzt 28 Prozent Sozialabgaben
Den Arbeitgeber kostete ein Mini-Job bisher inklusive Sozialbeiträge bei einem Beitragssatz von 23  Prozent: 

  400,00 Euro
+ 11 Prozent Beitrag zur Krankenversicherung 44,00 Euro
+ 12 Prozent Beitrag zur Rentenversicherung 48,00 Euro
= 492,00 Euro

Nachdem die Beiträge zur Krankenversicherung auf 13 Prozent und die zur Rentenversicherung auf 15 Prozent angehoben worden sind, ergibt sich seit 1. Juli 2006 aus Sicht des Arbeitgebers für einen Mini-Job folgende Rechnung:

  400,00 Euro
+ 13 Prozent Beitrag zur Krankenversicherung 52,00 Euro
+ 15 Prozent Beitrag zur Rentenversicherung 60,00 Euro
= 512,00 Euro

Kostenvergleich: Drei Mini-Jobber – eine Kraft mit 1 200 Euro brutto

Drei Mini-Jobber kosten den Arbeitgeber also an Lohn 1 200 Euro und an Sozialversicherungsleistungen 336 Euro, insgesamt somit 1 536 Euro im Monat.

Ein Arbeitgeber zahlt für eine Vollzeitkraft bei einer Vergütung von ebenfalls
1 200 Euro monatlich:

Lohn 1 200,00 Euro
+ Krankenversicherung (unterstellt 7 Prozent) 84,00 Euro
+ Pflegeversicherung (0,85 Prozent) 10,20 Euro
+ Rentenversicherung (9,75 Prozent) 117,00 Euro
+ Arbeitslosenversicherung (3,25 Prozent) 39,00 Euro
= Gesamtaufwand inklusive Sozialversicherung 1 450,20 Euro

Das Ergebnis ist eindeutig: Der Einsatz von drei Mini-Jobbern kommt den Arbeitgeber also monatlich 85,80 Euro teuerer als der Einsatz eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei einer Vergütung von 1 200 Euro.

Aber bei einer Vergütung von 1 200 Euro genießt der Arbeitnehmer Krankenversicherungsschutz, eine Absicherung in der Arbeitslosenversicherung und den vollständigen Versicherungsschutz in der Rentenversicherung. All dies hat er als 400-Euro-Kraft nicht, obwohl der Arbeitgeber in der Summe eine größere Beitragslast trägt. Der Mini-Jobber erkauft sich den unzureichenden Sozialversicherungsschutz durch die Auszahlung eines höheren Nettoentgeltes, weil er selbst keine Sozialabgaben leisten muss. Beide Beschäftigungsverhältnisse sind gegen Arbeitsunfall uneingeschränkt versichert, wofür der Arbeitgeber immer allein die Beitragslast trägt.

Die Pauschalsteuer: Abzug vom Gehalt
Der Arbeitgeber führt bei der 400-Euro-Kraft noch monatlich zwei Prozent Pauschalsteuer in Höhe von acht Euro ab. Das Bundesarbeitsgericht hat am 1. Februar 2006 entschieden, dass der Arbeitgeber diese entrichtete Pauschalsteuer vom Lohn des Mini-Jobbers abziehen darf, was häufig nicht gemacht wird. Dies sollte aber unbedingt getan werden, weil ansonsten das Schenken der Einkommensteuer ein entgeltwerter Vorteil ist. Der Arbeitnehmer bekommt dann nicht 400 Euro, sondern 408 Euro. Die Geringfügigkeitsgrenze wäre dann überschritten und es besteht ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in der so genannten Gleitzone.

Mini-Job ist ein vollwertiges Arbeitsverhältnis
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, ein Mini-Job sei ein Arbeitsverhältnis ohne Rechte. Selbstverständlich hat auch ein geringfügig Beschäftigter Anspruch auf Urlaub. Gibt es keine vertragliche Urlaubsreglung, gilt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche. Auch muss ein Mini-Jobber schriftlich gekündigt werden. Ist dies nicht erfolgt, kann der Mini-Job vor einem Arbeitsgericht sehr teuer werden. Auch muss ein Arbeitgeber beachten, dass er bei einer Kündigung diese gegebenenfalls sozial rechtfertigen muss, soweit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Zudem muss bei Einstellung und Kündigung der Betriebsrat beteiligt werden. Der Schwerbehinderten- und Mutterschutz muss selbstverständlich beachtet werden.

Arbeitslosengeld
Der Mini-Job ist etwas, was man naturgemäß „nebenbei“ macht. Auch diejenigen, die Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt beziehen, dürfen einen Mini-Job ausüben, ohne ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Wichtig ist aber, dass der Verdienst nicht mehr als 400 Euro im Monat beträgt und nicht 15 Stunden und mehr in der Woche gearbeitet wird; ansonsten ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld weg. Aber Vorsicht: Nur ein Betrag bis 165 Euro verbleibt dem Arbeitslosen. Alles was darüber hinaus geht, muss dem Arbeitsamt gemeldet und dorthin abgeführt werden.

Die Bundesagentur erfährt, ob ein Arbeitsloser zusätzlich Geld verdient. Jeder Mini-Job wird der Bundesknappschaft in Bochum gemeldet. Es erfolgt dann sofort per EDV eine Benachrichtigung an die Arbeitsagenturen, um einen Abgleich zu bewerkstelligen. Bei einer Enttarnung sind empfindliche Strafen wegen Betruges die Folge.

Externer Kontakt: Kai Koerner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht, Kanzlei Dr. Güllich & Döbler, Lauf, www.guellich-doebler.de, info@guellich-doebler.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2007, Seite 32

 
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