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Und sie lohnt sich doch

Die deutschen Unternehmen entdecken das Thema Familienfreundlichkeit. Unterstützt werden sie von regionalen Bündnissen für Familien, bei denen Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Sozialwesen zusammenwirken.

Kinder sind unsere Zukunft – das haben in den vergangenen Jahren immer mehr Unternehmen in Deutschland erkannt. Zu diesem Ergebnis kommt der „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2006“, den Familienministerin Ursula von der Leyen Ende Dezember in Berlin vorstellte. Schon einmal, nämlich im Jahr 2003, hatten Forscher die Wirtschaft hierzulande unter die Lupe genommen. Wie familienfreundlich sind die Firmen? Was bieten sie ihren Beschäftigten? Was muss passieren, dass Beruf und Familie sich nicht widersprechen? Auf diese Fragen suchte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln im Auftrag des Familienministeriums und der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft (DIHK, BDA, BDI, ZDH) bei kleinen und großen Unternehmen aller Branchen Antworten.

Die Untersuchung kommt zu dem Schluss: Der Wirtschaft ist nicht nur die Bedeutung des Themas bewusst, sondern sie ist mittlerweile auch aktiv geworden. „Innovative und zukunftsorientierte Unternehmen nutzen Familienfreundlichkeit als strategisches Managementinstrument“, resümierte die Familienministerin. Sie diene als ein Mittel, um sich als Arbeitgeber attraktiver zu präsentieren. Über 80 Prozent der Betriebe seien davon überzeugt, dass auf diese Weise qualifizierte Mitarbeiter leichter zu halten oder zu gewinnen sind. Außerdem registrieren die Firmen eine höhere Zufriedenheit mit der Arbeit. Eine familienbewusste Personalpolitik wird aber auch als ein betriebswirtschaftlicher Faktor gesehen: Über 78 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass eine geringere Fluktuation und ein niedrigerer Krankenstand ausschlaggebend für die Einführung von familienfreundlichen Maßnahmen waren.

Doch was passiert konkret? Am weitesten verbreitet sind verschiedene Formen flexibler Arbeitszeitmodelle wie individuelle Arbeitszeiten, variable Tages- und Wochenarbeitszeiten, Vertrauensarbeitszeit, Telearbeit, Job-Sharing oder Sabbaticals (Sabbat-Jahre). Knapp die Hälfte der Firmen gibt an, dass Eltern im Notfall zu Hause zu bleiben können, um ihre Kinder zu betreuen. Knapp 80 Prozent erklären, sie nähmen besondere Rücksicht auf Eltern, wenn es beispielsweise um Urlaub oder Arbeitseinsätze geht.

Auch wenn es kleinen Firmen möglich ist, auf eine familienfreundliche Personalpolitik zu setzen, lautet eine Faustregel immer noch: Je mehr Personal, desto mehr Angebote. Und je mehr Frauen in Führungspositionen arbeiten, desto eher werden Familien unterstützt. Und noch eines hat die Studie offenbart: Längst sind familiengerechte Maßnahmen keine Domäne des öffentlichen Dienstes mehr – „die Privatwirtschaft zieht nach“, schreiben die Autoren.

Regionale Initiativen
Wie in anderen Bereichen des Lebens gilt auch hier: Zusammen klappt’s am besten. Das zeigen sechs lokale Bündnisse für Familien im Landkreis Ansbach, Nürnberg, dem Landkreis Nürnberger Land sowie in Erlangen und im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Dafür schließen sich verschiedene gesellschaftliche Akteure wie Kommunen, Unternehmen, Verbände, Vereine, Kirchen oder freie Träger zusammen, um sich für Familien stark zu machen. Denn vor Ort entscheidet sich schließlich, ob sich Familien mit Kindern wohlfühlen. Ins Leben gerufen wurde die Initiative Anfang 2004 durch die Bundesregierung. Die Schwerpunkte legen die verschiedenen Bündnisse selbst fest: So verschieden die Bedürfnisse vor Ort, so verschieden sind die Ideen und Projekte.

Wie andere Bündnisse auch setzen die Nürnberger auf Netzwerke: Im Bereich „Familie und Arbeitswelt“ dienen dazu Runde Tische und gemeinsame Initiativen wie die Familienbewusste Personalpolitik in der Metropolregion Nürnberg (siehe dazu auch WiM 11/2006). Auf der Internet-Seite sind in einer umfangreichen Datenbank Ansprechpartner aus Unternehmen aufgeführt, die ihre Erfahrungen mit verschiedenen familiengerechten Maßnahmen weitergeben wollen. Darunter sind auch Firmen zu finden, die nach dem Audit „berufundfamilie“ der Hertie-Stiftung zertifiziert sind und damit bewiesen haben, eine nachhaltige und familienbewusste Unternehmenskultur zu pflegen.

In eine ähnliche Richtung geht der Landkreis Erlangen-Höchstadt, der vor kurzem ein Prüfverfahren für Landkreis und Gemeinden vorgestellt hat. Damit später nicht gefährliche Straßen zwischen Wohnung und Spielplatz liegen oder damit in Neubaugebieten auch Jugendtreffs eingeplant werden, wurde ein ganzer Katalog mit Kriterien entwickelt. Es soll damit verhindert werden, dass die Bedürfnisse von Familien „schlichtweg übersehen werden“, wie es im Internet dazu heißt.

Herzstück des Bündnisses für Familie im Landkreis Nürnberger Land ist der Familienausschuss, in dem Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft sitzen. Elternbriefe mit Erziehungstipps, Senioren, die als Leihgroßeltern Kinder betreuen, oder die Nachmittagsbetreuung an Schulen sind nur einige der Projekte.

Nach dem Erfolg einer ganzjährigen Ferienbetreuung für Grundschüler im vergangenen Jahr hat das Bündnis für Familien in Erlangen 2007 dieses Angebot jetzt fest im Programm. Dabei tragen rund die Hälfte der Kosten die Eltern, der Rest wird durch Sponsoren und die Stadt aufgebracht. Ein weiteres erfolgreiches Projekt trägt den originellen Namen „Känguru“: Eine Notfallbetreuung für Kinder von erwerbstätigen Eltern, die von der Siemens Betriebskrankenkasse (SBK) und dem Erlanger Hausfrauenbund entwickelt wurde.

Die Kommunen Aurach, Burgoberbach, Herrieden und Leutershausen zeigen, dass nicht nur die „Großen“ aktiv werden können: Die kommunale Allianz richtete beispielsweise eine Mittagsbetreuung für Schüler ein. Wichtig ist diesem Bündnis besonders eine generationenübergreifende Familienpolitik.

Das „Küken“ unter den mittelfränkischen Bündnissen für Familie sitzt seit Oktober 2006 beim Landkreis Ansbach. Zu den ersten Initiativen zählt eine eigene Internet-Seite, an der derzeit Studenten der Fachhochschule Ansbach arbeiten, und das Projekt „Geschichtenerzähler“, bei dem alte und junge Menschen ihre Lebenserfahrungen und -erinnerungen austauschen werden.

Autor/in: 
roy.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2007, Seite 28

 
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