Telefon: +49 911 1335-1335

Weiter dünne Luft an der Spitze

Frauen sind in den Führungsetagen von deutschen Unternehmen noch immer stark unterrepräsentiert.

Der Anteil von Frauen im Top- und im mittleren Management von Großunternehmen liegt bei bescheidenen acht Prozent. In mittelständischen Unternehmen sind es auch nur elf Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Münchner Claus Goworr Consulting und bestätigt damit Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) sowie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Das DIW hat herausgefunden, dass nur in rund 30 Prozent der deutschen Unternehmen Frauen in der obersten Führungsebene zu finden sind. Dabei leiten Frauen 20 Prozent der Betriebe allein und bei knapp zehn Prozent stehen gemischte Teams an der Spitze. Etwa 70 Prozent der deutschen Betriebe werden also ausschließlich von Männern geführt. Bei 55 Prozent aller Betriebe sind Frauen in der zweiten Führungsebene anzutreffen.

Weibliche Chefs sind vorwiegend in Betrieben des Gesundheits- und Sozialwesens sowie bei privaten Dienstleistern (Gastronomie, Wäscherei, Kosmetik usw.) tätig. Der Groß- und Einzelhandel ragt ebenfalls durch einen hohen Frauenanteil in Führungspositionen heraus. Anders sieht es im Baugewerbe und im Kfz-Handel aus, wo nur wenige Leitungspositionen mit Frauen besetzt sind. Im Kredit- und Versicherungswesen zeigt sich ein gespaltenes Bild: Obwohl der Anteil der beschäftigten Frauen in dieser Branche mit 53 Prozent relativ hoch ist, sind vor allem in den alten Bundesländern vergleichsweise wenig Frauen in Führungspositionen anzutreffen.

Zwar setzen sich inzwischen zahlreiche Unternehmen in irgendeiner Form für Familienförderung ein, doch viele Frauen sehen die Familie nach wie vor als Karrierebremse. Die Option, Erziehungsurlaub zu nehmen, halten Frauen in Führungspositionen häufig für ebenso unmöglich wie Männer. Aber weil Frauen für die gleiche Leistung vielfach immer noch schlechter bezahlt werden als Männer, lassen sie ihren Männern den Vortritt im Erwerbsleben und bleiben in der Familienpause zuhause. Wenn Frauen Führungspositionen anstreben, müssen sie sich hundertprozentig für den Beruf entscheiden, diese Entscheidung kommunizieren und ihre weitere Karriere zielgerichtet und selbstbewusst angehen. Während Männer in Führungspositionen oft überdurchschnittlich viele Kinder haben, bleiben vierzig Prozent der Frauen, die sich für eine Karriere entscheiden, kinderlos. Die Tatsache, dass sich so viele hoch qualifizierte Frauen gegen Kinder entscheiden, finden die meisten Firmen problematisch – Frauen sind aber offensichtlich vor diese Wahl gestellt.

Dabei können sich Karriere und Kinder durchaus sehr gut ergänzen. Das ist das Ergebnis der von der Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebenen Studie „Balance von Familie und Arbeitswelt“. Sie unterstreicht, dass Mütter entgegen landläufiger Annahmen über wichtige Kompetenzen verfügen, die auch für die Unternehmen wertvoll sind. Das betonten auch Familienministerin Ursula von der Leyen und Liz Mohn, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung der Studie „Karrierek(n)ick Kinder – Mütter in Führungspositionen - ein Gewinn für Unternehmen“. Sie zeigt: Familienbezogene Führungskompetenzen wie Gelassenheit, Organisationsfähigkeit und Pragmatismus greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Unternehmen eine flexible Arbeitsorganisation und ein familienfreundliches Klima fördern.

Übereinstimmend berichten die für die Studie interviewten Mütter, dass sich durch die Kinder ihre Führungsfähigkeit, zum Beispiel im Lösen von Konfliktsituationen, verbessert habe. Viele der Befragten sagen, dass sie stärker als früher Aufgaben delegieren und damit die Potenziale der Mitarbeiter früher erkennen. Auch das Zeitmanagement haben berufstätige Mütter besser im Griff: 85 Prozent der Befragten betrachten dies als entscheidenden Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 72 Prozent messen dabei der öffentlichen Kinderbetreuung und 63 Prozent einer familienfreundlichen Unternehmenskultur hohe Bedeutung bei.

84 Prozent der befragten Frauen nennen die Unterstützung durch den Partner als wichtigen Erfolgsfaktor. In der Mehrzahl der untersuchten Fälle akzeptierten die Männer nicht nur die Karriere der Frau, sondern sie übernahmen auch aktiv Familienpflichten. Die Mehrheit der Frauen hat sich bewusst für einen Partner entschieden, der bereit ist, von der traditionellen Rolle abzuweichen. Die ergänzenden Interviews mit Vätern zeigen allerdings, dass es für Männer vergleichsweise schwerer ist, sich Freiräume für familiäre Aufgaben zu schaffen. „Die Statistiken beweisen, dass die deutschen Unternehmen das Leistungs- und Kreativitäts-Potenzial von Frauen in Führungspositionen noch nicht erkannt haben“, erklärte Liz Mohn.

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2007, Seite 26

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick