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Drucksachen und Online-Publikationen

Mit Abstand bessere Texte

Bei der Qualitätssicherung im Lektorat helfen ein paar einfache Regeln. Von Marion Voigt

Wer kennt das nicht: Die neuen Flyer sind gedruckt und erwartungsvoll nimmt man das erste Exemplar zur Hand. Das Papier fühlt sich angenehm an, die Farbe des Logos stimmt genau – doch schon auf Seite 2 ein peinlicher Rechtschreibfehler. Und das, obwohl alle Beteiligten x-mal gegengelesen haben. So etwas ist ärgerlich und kann richtig teuer werden.

Aber auch ohne Garantie für hundertprozentige Fehlerfreiheit helfen einige einfache Verfahrensregeln, das Risiko zu minimieren. Sie verlangen vor allem eines – Distanz. Für die Qualitätssicherung bedeutet dies, voneinander unabhängige Korrekturläufe einzubauen. Grundsätzlich gilt: Es gibt Dutzende von Fehlerarten, die in Texten vorkommen können, und sie lauern auf allen Ebenen. Ist der Inhalt schlüssig und nachvollziehbar? Passen stilistische Mittel und Tonalität? Sind Grammatik und Orthografie korrekt? Bis hin zur einheitlichen Schreibweise und zu den typografischen Feinheiten muss alles stimmen. Schließlich soll die sprachliche Gestaltung ebenso überzeugen wie Grafik und Druck.

Um sich gegen unliebsame Überraschungen zu wappnen, lässt man Texte lektorieren, das heißt im Wesentlichen nichts anderes, als sie für eine Print- oder Online-Publikation vorzubereiten.

Die einzelnen Schritte sehen zum Beispiel so aus: Wenn das Dokument vorliegt, meist als Word-Datei, erfolgt der erste Durchgang, wobei der Lektor als neutraler Leser sämtliche Textbestandteile im Auge behält und Änderungen (nach Rücksprache mit dem Autor bzw. Kunden) einfügt. Diese Fassung lässt der Grafiker oder Setzer ins Layout einfließen und erzeugt eine PDF-Datei für den schnellen Datenaustausch. Das PDF geht wiederum ins Lektorat – der zweite Fehlerfilter. Sobald der Grafiker eventuelle neue Änderungen eingearbeitet hat, kann die Schlusskorrektur stattfinden. Ihr folgen – nach Ausführung letzter Korrekturen – eine weitere PDF-Datei sowie die abschließende Kontrolle der geänderten Stellen. Die Freigabe liegt dann in der Verantwortung des Autors oder Kunden. Falls allerdings, und das sollte selbstverständlich sein, nach der Korrektur noch weitergehende Änderungen am Text vorgenommen werden, beginnt die Prozedur von vorn.

Also mindestens drei vollständige Korrekturläufe, schön separat und nacheinander. Durch den zeitlichen Ablauf ist gewährleistet, dass jedes Mal unvoreingenommen gelesen und geprüft werden kann. Idealerweise besorgen das verschiedene Personen aus dem Betrieb oder von außerhalb, was zusätzlich für Sicherheit sorgt, weil jeder den Text zum ersten Mal vor sich hat, und zwar jeweils in einer anderen Entstehungsphase. Es besteht also doppelte Distanz zum Text.

Als Lektor ungeeignet ist übrigens der Autor selbst. Denn wer einen Text verfasst hat, ist befangen und sieht leicht, was er sehen will, aber nicht, was da steht. Auch wer ein Mailing oder eine Broschüre schon mehrmals gelesen, verändert und wieder gelesen hat, womöglich unter Zeitdruck, verliert den nötigen Abstand, um Fehler zu erkennen. In diesem Fall hilft nur eine längere Pause oder ein Wechsel des Mediums, etwa vom Bildschirm zum Papierausdruck oder umgekehrt. Dann kann sich das Auge neu einstellen und trügerisch vertraute Formulierungen wieder kritisch betrachten. Genau das ist die Kunst: gegen die Gewöhnung und die eigenen Leseerwartungen immer wieder das reflektierende Erfassen des Geschriebenen zu setzen. Ganz gleich, um welche Art von Text es sich handelt, ob Anzeige, Kundenzeitschrift oder Firmengeschichte, es empfiehlt sich für den Lektor immer, das Dokument zunächst zu überfliegen und bei Bedarf in sinnvolle Einheiten zu zerlegen. Zum einen ist dann der grobe Aufbau klar und man weiß, worum es geht. Zum anderen wird die Aufmerksamkeit nicht abgelenkt durch die Suche nach Orientierung und inhaltlichen Zusammenhängen. Danach können die einzelnen Elemente wie Überschriften, Info-Kästen oder Fließtext nacheinander im Detail bearbeitet werden.

Bleibt noch die Frage, wie man mit Unterbrechungen umgeht. Als praktisches Hilfsmittel für alle, die lieber auf Papier als am Monitor lesen, hat sich ein Lineal bewährt. Damit wandert das Auge von Zeile zu Zeile, und sollte das Telefon klingeln, kehrt es nach dem Gespräch mühelos zu dem Punkt zurück, an dem es abgeschweift ist.

Und wie erhält man die Konzentration möglichst lange aufrecht? Dafür entwickelt jeder seine eigenen Strategien. Wichtig ist, den eigenen Arbeits- oder Leserhythmus zu kennen. Aber es spricht nichts dagegen, zwischendurch Augen- oder Atemübungen zur Entspannung zu machen oder Wort für Wort leise zu buchstabieren. Damit die Information, die Botschaft, den Adressaten erreicht.

Externer Kontakt: Marion Voigt ist Inhaberin des Textbüros folio in Zirndorf (www.folio-lektorat.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2009, Seite 36

 
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