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Was macht eigentlich...?

Günther Beckstein

Er wird wohl immer als „Ministerpräsident der Herzen“ begrüßt werden, wenn er in Franken öffentlich auftritt. Das tut der Sympathieträger auch weiterhin, mit frischem Elan, wenn auch formell nur noch als einfacher Landtagsabgeordneter. 2013 will er in den Politiker-Ruhestand gehen.

Wie sieht ein Tag in seinem Leben heute aus? Der 30. Oktober zum Beispiel, ein Samstag, sieht Dr. Günther Beckstein abends mit Frau und Tochter bei der Galashow der „Faszination Pferd“ im Messezentrum. Lachend sitzt er in einer Kutsche, winkt und genießt mit sichtlichem Vergnügen den ihm geltenden Beifall und die Darbietungen. Es ist das Wochenende des CSU-Parteitages, der in München am Nachmittag zu Ende ging – und die Familie Beckstein gönnt sich ein seltenes privates Vergnügen: „Ein ganzer freier Abend zur Verfügung, das kam doch nie in Frage. Spitzenpolitik kennt nur die Sieben-Tage-Woche. Wenn ich mal im Theater, beim Konzert eingeladen war, dann blieb ich immer nur für einen Teil des Abends, schon drängte der nächste Termin“, stellt Beckstein nüchtern fest und schiebt schnell hinterher: „Ich sage das ohne Bedauern. Ich war fasziniert von diesem Beruf. Mein ganzes Leben habe ich mich über die Arbeit definiert.“

Zwanzig Jahre bayerische Regierungsverantwortung endeten am 27. Oktober 2008 mit einem Knall. „Das war schon brutal: morgens der mächtigste Mann Bayerns und abends chauffiert dein Fahrer den Nachfolger. Ich musste fragen, wer mich nach Hause bringt“, erinnert er sich. Der Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein hatte die Konsequenzen aus dem Wahlergebnis der CSU gezogen, das mit 43 Prozent der Stimmen das schlechteste seit 1954 war. Konsequenz – das gehörte Jahrzehnte zu den Tugenden des gebürtigen Hersbruckers: „Eine Haltung, die ich mir schon als Anwalt angewöhnen musste.“ Ebenso wie Authentizität. So gelang ihm das Kunststück, standhaft Positionen zu halten und trotzdem über die politischen Lager hinweg Respekt für seine fachliche Kompetenz wie seine Menschlichkeit zu genießen. Selbst der „Spiegel“, der politischen Nähe zu Beckstein unverdächtig, formulierte einmal: „der nette Mensch aus Nürnberg-Langwasser“.

Günther Beckstein ist stets für seine Überzeugungen eingetreten. Jetzt, wo mehr Zeit ist, engagiert er sich vermehrt in der Landeskirche und als Vizepräses der Synode der evangelischen Kirche in Deutschland. Dinge, die Beckstein mit viel Gefühl betrieben hat, gibt es noch etliche: Allen voran die fränkische Heimatliebe, die sich letztes Jahr auch in einem von ihm betexteten Bildband ausdrückte („Franken, mein Franken. Impressionen aus meiner Heimat“, mit Fotografien von Erich Weiß. FT Buchverlag, 29,90 Euro), die Liebe zum Club und – besonders bunt – die Leidenschaft für den fränkischen Fasching: Als bayerischer Löwe, als Einstein, einmal fast unkenntlich sogar als französische Mätresse „Madame Pompadour“ hat man ihn erlebt, ohne Furcht, sich zu entblößen: „Ich arbeite das ganze Jahr hart, da nehme ich mir einfach das Recht heraus, einmal einen Abend so aufzutreten.“

Längst habe er sich ausgesprochen, ja versöhnt, mit Edmund Stoiber „der bei seinem Rücktritt davon überzeugt war, Opfer eines Putsches geworden zu sein“ und dem fränkischen Ministerpräsidenten einige Knüppel zwischen die Beine warf.

Die geringere Arbeitslast ist ihm anzusehen. Zur Lebensqualität trägt ein Hörgerät, eine Errungenschaft moderner Medizintechnik aus dem „Medical Valley“ bei. Hightech aus Franken, wie er sie nicht nur als Ministerpräsident gefördert hat: Bei einer Operation wurde ihm ein Implantat eingesetzt, das nach einem Hörsturz 2002 zur Rückkehr seines fast gänzlich verloren gegangenen Hörvermögens geführt hat. Der Mini-Computer hinterm Ohr macht möglich, wofür nun manchmal ein Zeitfenster aufgeht: „Seit 2007 war ich sogar drei Mal im Kino, im Theater, bei einem Konzert.“ Es klingt wie erste Probeläufe für 2013. Dann wird Günther Beckstein 70 Jahre und wird nicht mehr bei der Landtagswahl antreten. „Es ist Zeit, Platz für die Jüngeren zu machen“, sagt er und schenkt uns sein unverwechselbares Beckstein-Lachen: „Mein politisches Credo war immer ‚Konservativ sein heißt, das Feuer weiter zu geben, nicht Asche zu bewahren‘“.

Vita

Günther Beckstein kam am 23. November 1943 in Hersbruck zur Welt. Nach dem Abitur studierte er in Erlangen und München Jura. Es folgten 1971 die eigene Rechtsanwaltskanzlei und 1975 die Promotion. Früh engagierte er sich im CVJM und in der Kirche, wo er auch seine spätere Frau Marga kennenlernte. Seit 1973 sind sie verheiratet, haben drei Kinder und leben in Langwasser. Beckstein ist seit 1974 Mitglied des Bayerischen Landtags, war ab 1988 Staatssekretär, 1991 bis 2008 Vorsitzender des CSU-Bezirksverbandes Nürnberg-Fürth-Schwabach, von 1993 bis 2007 Staatsminister des Innern unter Ministerpräsident Edmund Stoiber, dessen Stellvertreter ab 2001 und schließlich von 2007 bis 2008 Bayerischer Ministerpräsident.

Autor/in: 
Peter Budig
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2010, Seite 51

 
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