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Schausteller

Weniger Rummel

Auf den Volksfesten wird immer weniger Geld ausgegeben. Die Schausteller müssen sich im Wettbewerb mit anderen Vergnügungsangeboten behaupten.

In Krisenjahren sind wir das kleine Glück“, sagt Lorenz Kalb, Vereinschef des Süddeutschen Verbands Reisender Schausteller und Handelsleute in Nürnberg, mit Blick auf die überstandene Wirtschaftskrise. Entsprechend geht er davon aus, dass die Branche im vergangenen Jahr die Zahl der Besucher deutschlandweit bei 178 Mio. stabil gehalten hat. Zum Auftakt des traditionsreichen Nürnberger Volksfestes zu Ostern galt sein größter Wunsch dem Wettergott: „Die Franken sind sehr wetterempfindlich.“

Die Besucherzahl allein macht die 170 Betriebe wie Black-Hole-Achterbahn, Freefall-Tower, Schieß- und Losbuden oder Zuckerwattestand nicht glücklich. Von der Münchner Wiesn weiß Kalb, dass rund zehn Prozent der 6,4 Mio. Gäste keinen Cent ausgeben. „Das gilt auch für das Nürnberger Volksfest.“ Vor Jahren hat eine Studie durchschnittliche Pro-Kopf-Ausgaben von 22 Euro ermittelt, im vergangenen Jahr lagen die Nürnberger Schausteller allerdings deutlich darunter.

Kalb befürchtet, dass die Ausgaben der Volksfestbesucher in diesem Jahr weiter sinken. Zum einen gibt es immer weniger Kinder, zum anderen verhalten sich die Kinder auch anders. Sparten wie Kinderfahrgeschäfte, Autoskooter und Losbuden haben es besonders schwer, weil selbst kleine Kinder lieber zu Neuheiten und Attraktionen gehen wollen, selbst wenn sie wegen Altersbeschränkungen eigentlich noch nicht mitfahren dürften. Auch bei Jugendlichen ist der Geldbeutel klamm. „Wir kämpfen gegen das Handy und eine immer größer werdende Event-Kultur“, beschreibt Kalb die Konkurrenz mit anderen Vergnügungen. Sehr zufrieden seien aber immerhin die gastronomischen Betriebe auf den Volksfesten.

Um mehr ausgabebereite Familien anzulocken, feilen die Schausteller am Image des Nürnberger Volksfestes als dem „sichersten Volksfest in Deutschland“. Auch seine Schaustellerkollegen sieht Kalb in der Pflicht: „Wir müssen wieder mehr Entertainer werden.“

Oberstes Ziel ist es, die Verweildauer der Besucher zu verlängern. Dafür sollten beim Nürnberger Frühlingsfest, das am 8. Mai zu Ende ging, nicht nur neue Attraktionen wie der Event-Tower mit Panoramablick über die Stadt oder die Familien-Erlebnisreise durch den Amazonas mit Schlangen, Skorpionen und anderen Tieren sorgen. Es gab den Familientag, die Ladies Night, Rabatte für AOK-Mitglieder und eine zweite kostenlose Maß extra für Firmenevents im Bierzelt.

Außerdem wurde die Themenreihe mit Nürnbergs Partnerstädten fortgesetzt, bei der in diesem Jahr das türkische Antalya im Mittelpunkt stand: Es gab erstmals den Fliegenden Teppich, ein Fahrerlebnis wie aus 1001 Nacht, einen türkischen Abend mit Bauchtanz, Folklore, Feuershow und osmanischen Köstlichkeiten. Zum ersten Mal wurde das Frühlingsfest im Handwerkerhof (gegenüber dem Hauptbahnhof) mit einer kleinen Schausteller-Ausstellung rund um das Thema Volksfest begleitet. Damit wollte der Verband den Nürnbergern die enge und traditionsreiche Verbindung von Volksfest und der Stadt Nürnberg seit dem Jahr 1826 in Erinnerung rufen.

Wenig Freude kommt beim Verband allerdings auf, wenn es um die umlagefähigen Kosten für Polizei, Feuerwehr, Sanitäter, Straßensperrung usw. geht. Das Frühlingsvolksfest schlug mit 515 000 Euro zu Buche, im Herbst sind sogar 550 000 fällig. Diese Platzgebühr wurde um 15 Prozent erhöht, obwohl die Preise für Autoscooter, Schießbude und Mandeln seit vier Jahren unverändert geblieben sind.

Kalb wünscht sich deshalb mehr Unterstützung von den Städten. Denn die rund 2 000 Mitarbeiter der Schaustellerbetriebe – überwiegend Familienangehörige – leben und kaufen vor Ort ein und bringen zusätzliche Menschen in die Stadt. Zwei Mio. sollen es in Nürnberg sein, in Fürth kommt eine Mio. Besucher. „Da kann sich auch der Einzelhandel eine Scheibe abschneiden“, hebt Kalb hervor. „Wir bieten Kultur, werden aber nicht subventioniert. Das sollte mal anerkannt werden.“

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2011, Seite 52

 
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