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e-Business

Zum Außenhandel verpflichtet?

Viele Online-Händler wollen nur im Inland tätig sein. Doch die EU will sie nun verpflichten, auch Kunden in anderen EU-Ländern zu beliefern. Das schlägt der Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments im Rahmen der Verhandlungen zur Verbrauchervertragsrichtlinie vor. Von Finnland bis Zypern hätten demnach Verbraucher in 27 Mitgliedstaaten einen Anspruch auf Warenlieferung. Dieser Vorschlag, der völlig überraschend in den Richtlinienentwurf aufgenommen wurde, würde nach Ansicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) vor allem kleine und mittlere Unternehmen vor zum Teil unüberwindbare Schwierigkeiten stellen. Neben dem Sprachproblem müssten sich die Händler mit den unterschiedlichen Verbraucherrechten in allen Mitgliedstaaten auseinandersetzen und würden sich zudem der Gefahr aussetzen, beispielsweise in Malta oder Polen verklagt zu werden. Aus diesen Gründen sieht ein Großteil der Unternehmen bislang vom grenzüberschreitenden Handel ab.

Genau dieses Problem wollte die EU-Kommission ursprünglich abmildern, indem sie zunächst eine unionsweite Vereinheitlichung der Verbraucherrechte vorsah. Anstatt eine solche echte Rechtsvereinheitlichung voranzutreiben, erteilt der europäische Binnenmarktausschuss dieser Idee jetzt eine Absage. Nach dem Vorschlag soll es den Mitgliedstaaten erlaubt bleiben, über die europäisch festgelegten Verbraucherrechte hinauszugehen. Dies hatte bereits in der Vergangenheit zu einer Zersplitterung der rechtlichen Regelungen geführt und damit den grenzüberschreitenden Handel behindert. Um gleichwohl sicherzustellen, dass Verbraucher EU-weit ein gleiches Warenangebot haben, sollen Unternehmen jetzt zur grenzüberschreitenden Lieferung verpflichtet werden.

Der vorgeschlagene Lieferzwang für Online-Händler ist nach Ansicht des DIHK nur die Spitze einer in weiten Teilen missglückten Parlamentsvorlage. So ist u.a. vorgegeben, dass beim Ladenkauf z.B. auf einen „Code of Conduct“ oder auf Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung hingewiesen werden muss. Ellenlange Informationspflichten, die Ausweitung von Widerrufsrechten, eine Liste von Klauselverboten und beispielsweise ein „kostenloser Kommunikationskanal“, der für sämtliche Verbraucherverträge während der Gewährleistungszeit eingerichtet werden soll, würden die Unternehmen zusätzlich belasten.

Nach Ansicht des DIHK muss der europäische Gesetzgeber hierzu den Rechtsrahmen verbessern und wieder den Weg zu der ursprünglich von der EU-Kommission angestrebten europaweiten Vereinheitlichung der Verbraucherrechte finden. Maßnahmen, die in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit eingreifen und die Wirtschaft mit zusätzlichen Bürokratie- und Mehrkosten belasten, bewirken jedoch das Gegenteil und gefährden letztlich den Wirtschaftsstandort Europa.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2011, Seite 37

 
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