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Energie und Rohstoffe für morgen

Sicher, bezahlbar, effizient

Eine wirtschaftliche, umweltschonende und zuverlässige Energieversorgung – das ist eine Aufgabe, die zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zählt. Von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

Für die Bundesregierung steht außer Frage: Wir wollen unser Land bei wettbewerbsfähigen Energiepreisen und hohem Wohlstandsniveau zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt entwickeln und das Zeitalter der erneuerbaren Energien schneller als ursprünglich geplant erreichen.

Drei Themenfelder stehen besonders im Mittelpunkt. Erstens: Wir müssen die Stromnetze zügig ausbauen und an neue Anforderungen anpassen. Zweitens: Der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien soll rascher wachsen – bis 2020 auf mindestens 35 Prozent. Drittens: Wir wollen die Energieeffizienz weiter erhöhen. Es gilt unter anderem, unseren Energieverbrauch mit modernsten Technologien zu senken und Gebäude energetisch zu sanieren. Hierzu haben wir beispielsweise das CO2-Gebäudesanierungsprogramm auf jährlich 1,5 Mrd. Euro aufgestockt.

Auf dem Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien sind wir aber während der Übergangsphase weiterhin auf hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke angewiesen. Im Sinne einer verlässlichen Energieversorgung kommt es daher auch auf eine möglichst rasche Fertigstellung der in Bau befindlichen fossilen Kraftwerke bis 2013 an. Darüber hinaus müssen in den nächsten zehn Jahren Kraftwerkskapazitäten mit einer gesicherten Leistung in Höhe von zehn Gigawatt zugebaut werden. Der Versorgungssicherheit und Effizienz der Stromerzeugung dient nicht zuletzt die Optimierung des Förderrahmens für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen.

Mit einem Monitoring-Prozess werden wir die erreichten Fortschritte regelmäßig überprüfen. Von zentraler Bedeutung ist dabei stets die Maßgabe der Verlässlichkeit, der Umweltfreundlichkeit und nicht zuletzt der Preisgünstigkeit unserer Energieversorgung. Es liegt auf der Hand, dass die Preisentwicklung für energieintensive Unternehmen von besonderer Bedeutung ist. Deshalb haben wir unter anderem die besondere Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz zur Entlastung dieser Unternehmen flexibler und mittelstandsfreundlicher gestaltet.

Keine Frage: Wir haben ein ehrgeiziges Energiepaket geschnürt. Das stellt uns vor erhebliche Herausforderungen, birgt aber auch große Chancen – Chancen, die sich durch ein konstruktives Miteinander von Wirtschaft und Politik am besten nutzen lassen.

Dies gilt auch und besonders mit Blick auf die Rohstoffversorgung und Rohstoffpolitik. Die Rohstoffsicherung ist primär Aufgabe der Wirtschaft. Die Bundesregierung ihrerseits ist bestrebt, mit ihrer Rohstoffpolitik die erforderlichen Rahmenbedingungen für eine verlässliche, international wettbewerbsfähige Rohstoffversorgung zu schaffen.

Angesichts der Importabhängigkeit Deutschlands verbindet Wirtschaft und Politik ein hohes strategisches Interesse am ungehinderten Zugang zu den internationalen Rohstoffmärkten. Wir müssen koordiniert vorgehen, um die deutsche Position in der globalen Wirtschaftsordnung halten zu können.

Deshalb haben wir im Jahr 2010 auf nationaler Ebene die Ergebnisse unseres intensiven Dialogs zwischen Wirtschaft, Politik und auch der Wissenschaft in der „Rohstoffstrategie der Bundesregierung“ zusammengeführt. Mit der Gründung der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) und mit Verhandlungen über bilaterale Rohstoffpartnerschaften hat die Bundesregierung begonnen, diese Strategie umzusetzen.

Eine solche Partnerschaft haben wir bereits mit der Unterzeichnung eines Rohstoffabkommens mit der Mongolei auf ein solides Fundament gestellt. Mit Kasachstan sind die Verhandlungen hierzu weit fortgeschritten. Die Schwerpunkte unserer Zusammenarbeit lassen sich in wenigen Stichworten zusammenfassen: Verbesserung der Rohstoff- und Ressourceneffizienz, Umsetzung von Umwelt- und Sozialstandards bei der Rohstoffgewinnung und -aufbereitung, Aufbau von Industrie-Clustern einschließlich Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten sowie Verbesserung des Investitions- und Innovationsklimas. Durch bilaterale Rohstoffpartnerschaften kann Deutschland nicht nur seinen Rohstoffbezug diversifizieren. Sie helfen auch, einen Interessenausgleich zwischen rohstofffördernden und rohstoffimportierenden Ländern herbeizuführen.

Zentrale Voraussetzung für eine faire und bedarfsgerechte Versorgung mit Rohstoffen sind weltweit offene Märkte und das handelspolitische Prinzip der Nicht-Diskriminierung der unter Wettbewerbsbedingungen agierenden Unternehmen. Daher setzt sich Deutschland auch gemeinsam mit der Europäischen Kommission und anderen Partnern dafür ein, offene Märkte, den Abbau von Handelshemmnissen und eine nachhaltige Nutzung von Rohstoffen im internationalen Rahmen voranzubringen.

Sowohl Ressourcenzugang als auch verlässliche Preise lassen sich nur in partnerschaftlicher Abstimmung bewirken. In weitgehend eigener Hand hingegen haben die Unternehmen den effizienten Einsatz der Rohstoffe. Materialkosten stellen im produzierenden Gewerbe mit durchschnittlich gut 45 Prozent den größten Kostenblock dar. Die Ausschöpfung vorhandener Einsparpotenziale ist daher im ureigensten Interesse der Unternehmen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern wollen.

Um die Importabhängigkeit und die Umweltbelastungen zu senken, gilt es außerdem, Abfälle im Sinne der Kreislaufwirtschaft wieder zu Wertstoffen zu machen. Deutschland nimmt beim Recycling bereits heute international eine Vorreiterrolle ein. Aber was gut ist, kann und sollte noch besser werden, zumal sich Know-how und innovative Technologien in diesem Bereich selbst wiederum als Exportschlager nutzen lassen.

Es zeigt sich also, wie sehr sich in der Energie- und Rohstoffpolitik verschiedene Aspekte vermengen. Sie ist angewiesen auf wirtschafts- und umweltpolitische, auf außen-, europa- und entwicklungspolitische Impulse. Insofern ist hier in besonderem Maße Teamgeist gefragt. Denn für ein relativ rohstoffarmes Industrieland wie Deutschland ist die Frage einer nachhaltigen Energie- und Rohstoffversorgung schlichtweg auch eine Frage von Wachstum und Wohlstand.

Autor/in: 
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2012, Seite 14

 
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