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Berufskraftfahrer

Junge Könige der Landstraße

Schulabgänger werden von den Unternehmen der Verkehrswirtschaft stark umworben. Im Berufskraftfahrerzentrum in Roth, das der dortigen Berufsschule angeschlossen ist, finden die Azubis optimale Bedingungen vor.

Auch die Verkehrswirtschaft macht sich Sorgen wegen eines möglichen Fachkräftemangels, wenngleich in Mittelfranken im Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer“ noch kein Rückgang festzustellen ist. Laut Martin Eckmann, der bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken als Ausbildungsberater für dieses Berufsbild zuständig ist, befinden sich in Mittelfranken derzeit 138 junge Menschen in einer Ausbildung zum Berufskraftfahrer.

Zusammen mit elf Azubis, die bereits im Winter die Option einer vorzeitigen Prüfung nutzten, entspricht dies etwa dem Niveau des Vorjahres. 2011 wurden in Mittelfranken 77 neue Ausbildungsverträge geschlossen, das waren 18 mehr als im Vorjahr. Damit folgt auch Mittelfranken einem Trend der laut Angaben der Deutschen Verkehrszeitung (DVZ) bundesweit zu beobachten ist: Im Ausbildungsjahr 2010/2011 seien bundesweit 3 400 Ausbildungsverträge für Berufskraftfahrer registriert worden, ein Plus von über 30 Prozent.

Keine Entwarnung

Dennoch gibt Eckmann ausdrücklich keine Entwarnung, denn die Zahl der vermittelten Ausbildungsplätze spiegle nicht den Bedarf der Unternehmen wider. Diese Lücke könnte noch weiter auseinanderklaffen, wenn – wie die DVZ vorrechnet – innerhalb der nächsten 15 Jahre rund ein Drittel der aktuell rund 786 000 Berufskraftfahrer in Deutschland in den Ruhestand geht. Und auch die hohe Abbrecherquote von rund 20 Prozent während der Ausbildung (deutschlandweit wie auch in Mittelfranken) sei alles andere als zufriedenstellend. Eckmann zu den Gründen: „Oft stimmt die Vorstellung des Berufsbildes mit der Wirklichkeit nicht überein und die jungen Leute stellen fest, dass das nicht der Beruf ist, den sie ein Leben lang ausüben möchten. Es ist eben ein zeitintensiver Job und zum Beispiel mit einer Bürotätigkeit nicht zu vergleichen.“

Ein weiteres großes Hemmnis: Das Berufsbild des Berufskraftfahrers wendet sich hauptsächlich an Hauptschüler. Doch viele Interessenten im Alter von 15 Jahren müssten selbst bei Interesse an dem Beruf Zeit überbrücken, bis sie einen Führerschein erwerben können, und entscheiden sich dann konsequenterweise oft für einen anderen Werdegang. Dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert, also das Mindestalter für den Führerschein herabgesetzt wird, hält Eckmann für nicht realistisch. Es sei schon für 18-Jährige eine hohe Verantwortung, einen Lastzug mit Gefahrgut sicher durch das Land zu bringen. Viele Unternehmen wollen in diesen Bereichen auch gar keine jungen Kraftfahrer einsetzen.

Mittelfranken als guter Standort für Berufskraftfahrer

Neben der möglichst offensiven Bewerbung des Berufsbildes durch die IHK und die Unternehmen hat Mittelfranken aber noch einen echten Pluspunkt zu bieten, mit dem man gut für den Beruf werben kann: Das Berufskraftfahrerzentrum in Roth, das der dortigen Berufsschule angeschlossen ist. In das Nutzfahrzeugzentrum, in dem neben Berufskraftfahrern auch Mechaniker für Land- und Baumaschinen und Mechatroniker für Kfz und Nutzfahrzeuge ausgebildet werden, seien 4,3 Mio. Euro investiert worden, wie Oberstudienrat Michael Greiner, der Leiter der Rother Berufsschule, erklärt. Im dritten Jahr des Bestehens absolvieren in drei Ausbildungsjahrgängen derzeit rund 200 Auszubildende zum Berufskraftfahrer aus Mittelfranken und der Oberpfalz hier ihren Blockunterricht.

„Klassenzimmer, Garagen und Werkstätten liegen im Nutzfahrzeugzentrum Tür an Tür“, erklärt Greiner die besonderen Qualitäten des Gebäudes. Zwei Lkw, die von MAN günstig erworben werden konnten, stehen rund um die Uhr zur Verfügung. „Der Unterricht wird so jederzeit greifbar, Theorie und Praxis können noch wirkungsvoller miteinander verzahnt werden.“ Auch Eckmann streicht die besondere Qualität des Ausbildungsstandortes Roth, an dem sämtliche mittelfränkischen Azubis zum Berufskraftfahrer ausgebildet werden, heraus. „Ein solches Ausbildungszentrum steigert natürlich die Attraktivität des gesamten Berufsbildes in der Region enorm.“

Attraktive ArbeitgeberSchulleiter Michael Greiner mag auch nicht recht in den Chor der Schwarzseher einstimmen, sondern glaubt durchaus an die Zukunft des Berufsstandes. „Es hängt viel von den Unternehmen ab“, sagt er. „Wir arbeiten mit allen Ausbildungsbetrieben sehr gut zusammen. Vorbildlich, was Ausbildung und Übernahme anbelangt, ist beispielsweise die hiesige Spedition Heinloth: Sie bietet jungen Fahrern die Möglichkeit, viel gut bezahlte Fernstrecken zu fahren. Steht dann die Familienplanung an, können die Fahrer in eine Bereich wechseln, in dem sie abends öfter zu Hause sind – das ist genau die Art Flexibilität, mit denen die Unternehmen den Berufsstand aufwerten können.“ Natürlich sieht auch Greiner, dass die Jugendlichen heutzutage eine Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten haben. Deshalb komme es mehr denn je darauf an, wie interessant man einen Berufsstand darstellt. In Roth stehen die Ampeln für den Berufskraftfahrernachwuchs in jedem Fall weiterhin auf Grün: Aktuell ist vor Ort ein Schülerheim geplant, das für bis zu 56 Azubis während ihrer Ausbildung ein Zuhause werden soll.

Autor/in: 
sl.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2012, Seite 50

 
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