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Luftfracht

Mehr Sicherheit an Bord

Für Export-Unternehmen, die Waren per Flugzeug befördern lassen, drängt die Zeit: Sie müssen sich jetzt entscheiden, ob sie sich als „Bekannte Versender“ durch das Luftfahrt-Bundesamt zertifizieren lassen wollen. Von Ulrich Dünnes

Die Terrorgefahr hat dazu geführt, dass die Sicherheitsvorkehrungen im Luftverkehr stetig erhöht wurden. Nach den versuchten Paketbombenanschlägen auf Flugzeuge, die im Oktober 2010 vom Jemen aus organisiert worden waren, wurden die Maßnahmen auf die gesamte Logistikkette des Luftverkehrs erweitert. Etwa 60 bis 80 Prozent der von Deutschland aus transportierten Luftfracht, wird mit Passagiermaschinen befördert. Man kann niemandem erklären, warum Flugreisende und ihr Gepäck vor dem Abflug gründlich kontrolliert werden, die Frachtgüter aber nahezu unkontrolliert zugeladen werden. Es wird deshalb ein System gebraucht, bei dem die Luftfracht vom Ursprung – also vom Versender – bis zum Flughafen sicher transportiert wird. Damit diese sichere Lieferkette aber nicht nur auf dem Papier existiert, müssen sich jetzt ca. 60 000 verladende Unternehmen entscheiden, ob sie sich als Bekannter Versender (BV) durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) zertifizieren lassen.

Anerkennung als "Bekannter Versender" läuft aus

Bis zum 28. April 2010 wurden die Versender durch einen oder mehrere Reglementierte Beauftragte (RB), in der Regel Luftfrachtspediteure, als sogenannter „Bekannter Versender“ anerkannt. Diese Anerkennung auf der Basis einer eigenen Sicherheitserklärung ist für eine Übergangsfrist von drei Jahren noch bis zum 25. März 2013 gültig. Das Verfahren wurde aber durch die EG-Verordnung Nr. 300/2008, die EG-Ergänzungsverordnung Nr. 272/2009 und die EU-Durchführungsverordnung Nr. 185/2010 grundlegend verändert. Seit Ende April 2010 ist für alle Unternehmen, die den Status Bekannter Versender tragen wollen, die behördliche Zulassung Pflicht. Das große Problem hierbei ist, dass die Zertifizierung der Luftfrachtversender aufgrund der Strukturen im LBA und aufgrund der nur zögerlich eingereichten Zulassungsunterlagen durch die betroffene Unternehmen nur sehr schleppend umgesetzt wird. Derzeit sind erst 53 Unternehmen als Bekannte Versender in der EG-Datenbank eingetragen und somit offiziell zugelassen (Stand Februar 2012).

Die Zeit drängt, denn in der Exportnation Deutschland hat Luftfracht einen sehr hohen Stellenwert und der Bekannte Versender eine besondere Funktion, denn bei ihm beginnt die sichere Luftfrachtkette. Als Folge des schleppenden Zulassungsverfahrens befürchten Industrieverbände einen möglichen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Exportwirtschaft. Auch die „strict policy“ bei der Einhaltung und Überwachung der EU-weit geltenden Luftfrachtsicherheitsvorgaben in Deutschland wirkt sich nachteilig aus, da bestimmte Kontrollverfahren, die als Ersatz für die fehlenden Zulassungen der Bekannten Versender dringend benötigt werden, in Deutschland (noch) nicht durch die zuständigen Behörden (Bundesinnenministerium und Luftfahrt-Bundesamt) zugelassen sind.

Rolle der „Reglementierten Beauftragten“

Ein sehr großes Eigeninteresse an sicheren Warenströmen und dem Schutz der Waren von unbefugtem Zugriff haben auch die deutschen Transport- und Logistikunternehmen. An 1 400 Standorten (800 Unternehmen plus 600 Niederlassungen) haben sie als „Reglementierte Beauftragte“ die wichtige Aufgabe, zu erkennen, ob eine Luftfrachtsendung „sicher “ ist und, wenn nicht, die Sendung durch den Einsatz technischer oder sonstiger Mittel kontrollieren zu lassen. Kann also der Status „sicher“(SPX oder SCO) nicht aufgrund einer sicheren Lieferkette erteilt werden, muss dem Luftfahrunternehmen (oder dessen Handlings-Agenten) am Flughafen diese Sendung „unsicher“ übergeben werden. Aber die dann nötigen Kontrollen kosten natürlich Zeit und Geld, die Kosten sind grundsätzlich vom Versender der Luftfracht zu tragen. Da bislang nur wenige Geräte zur Verfügung stehen, sind die Kontrollen teuer, sodass schnell fünf- und sechsstellige Beträge pro Versender und Jahr zusammenkommen können. Dabei sind aber die Kosten für eine möglicherweise erforderliche Neuverpackung der Sendungen noch nicht berücksichtigt.

Aufgrund der beschränkten Größen beim Einsatz von Röntgenanlagen können Kontrollen für größere Sendungen (zumindest alle Sendungen, die breiter oder höher sind als ca. 170 Zentimeter) nur durch alternative Kontrolltechniken überprüft werden. Das gleiche gilt für Sendungen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine Röntgenkontrolle nicht sinnvoll erscheinen lassen. Diese Kontrollmethoden stehen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung.

Die wenigsten Sendungen können bislang bei den Spediteuren selbst kontrolliert werden, da diese noch nicht mit entsprechender Kontrolltechnik ausgestattet sind. Derzeit werden noch rund 98 Prozent der Sendungen ohne Kontrollen vom Reglementierten Beauftragten (RB) an die Luftfahrtunternehmen übergeben.

Kontrolle von unsicherer Luftfracht

Bis zum Stichtag am 25. März 2013 rechnet man mit einem rasanten Anstieg an „unsicherer Luftfracht“, aber die Reglementierten Beauftragten und die Luftfahrtunternehmen haben keine gesicherte Kalkulationsgrundlage, welches Volumen an zu kontrollierender Luftfracht tatsächlich auf sie zukommt. Damit fehlt auch die Planungssicherheit für entsprechende Investitionen. Es wird deshalb befürchtet, dass ab März 2013 massive Verzögerungen bei der Luftfrachtabwicklung eintreten und dass und deshalb Luftfracht in andere EU-Staaten abwandert, in denen die EU-Verordnungen anders ausgelegt werden. Es zeichnet sich auch ein Engpass an Schulungsmöglichkeiten ab, da das LBA auch die Zulassung der Ausbilder und Ausbildungsprogramme bislang nicht zeitgerecht umsetzen kann.

Ablauf der Zertifizierung

Die Versender, die noch ihre Unterlagen einreichen werden, bekommen vom LBA keine Zusage, dass ihr Antrag rechtzeitig bearbeitet wird und dass die erforderliche behördliche Kontrolle vor Ort vor dem Ablauf der Frist am 25. März 2013 stattfindet. Die Bearbeitung der Anträge wird auch nach dem Stichtag am 25. März 2013 weiter fortgeführt, gleichwohl gilt für alle Luftfrachtsendungen der Unternehmen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die EU-Datenbank eingetragen sind, dass alle Sendungen vor der Verladung in ein Flugzeug kontrolliert (z.B. Röntgenkontrolle) werden müssen.

Nicht jedes Exportunternehmen muss unbedingt Bekannter Versender werden, beziehungsweise bleiben. Für viele ist es vermutlich besser, den Status zurückzugeben und die Waren künftig als „unsicher“ zu versenden. Denn die Erlangung und der Erhalt des Status Bekannter Versender ist eine Herausforderung für jedes Unternehmen. Neben den direkten Kosten für das Zulassungsverfahren, die Schulung der Mitarbeiter und gegebenenfalls bauliche Veränderungen müssen auch die Kosten für Arbeitszeit und internen Verwaltungsaufwand (Besprechungen, Auditverfahren und Einweisungen) berücksichtigt werden.

Aber denjenigen Unternehmen, die auf schnelle Liefermöglichkeiten ohne Frachtkontrollen und verpasste Abflüge angewiesen sind, ist dringend zu empfehlen, umgehend die behördliche Zulassung zum „Bekannten Versender“ zu beantragen. Hierfür besteht allerhöchste Eile, denn die erforderlichen Maßnahmen im Betrieb und die anschließende Zulassung können etliche Monate in Anspruch nehmen.

Aber auch wenn ein Unternehmen zu der Entscheidung kommt, künftig nicht mehr als „Bekannter Versender“ zu arbeiten, muss geplant werden, wie die Kontrollen für die Luftfrachtsendungen realisiert werden sollen. Die richtige Auswahl der Logistikpartner für die Verpackung und die Durchführung der Kontrollen kann dem Unternehmen eine optimale Kosten-Nutzen Relation bringen. Auch hier lassen sich durch die richtige Strategie und durch die Hilfe spezialisierter Berater hohe Kosten vermeiden.

Autor/in: Ulrich Dünnes,ist Geschäftsführer der STI Security Training International GmbH in Wiesbaden (uduennes@sti-training.com).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2012, Seite 52

 
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