Telefon: +49 911 1335-1335

Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft

Veranstaltung: Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft

Farben Kreativität Malen Holz © humonia - ThinkstockPhotos

Das neue Zentrum mit Sitz in Nürnberg berät und unterstützt Kreative aus ganz Bayern.

Drei Schreibtische, drei Computer, keine Einrichtung, keine Heizung, jede Menge Naivität und Idealismus, und dann plötzlich den ersten Auftrag, ich glaube in Höhe von 5 000 Euro vom ZDF in der Tasche, stolz auf dem Weg nach Mainz und mit der Gewissheit, die Selbstständigkeit haut auf jeden Fall hin.“ So beschrieb der Mediendesigner Benjamin Mayer vom Lab Binaer GbR, Labor für Medienkunst aus Augsburg, bei der Eröffnungsveranstaltung Anfang März die ersten Erfahrungen in der Selbstständigkeit.

Vermutlich starten die meisten Gründer so begeistert, unterschätzen aber die bürokratischen, finanziellen oder persönlichen Hürden und wagen sich damit zu blauäugig in das Abenteuer Selbstständigkeit. Das vor Kurzem eröffnete Bayerische Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft (bayernkreativ) in Nürnberg soll hier Abhilfe schaffen und junge Unternehmen der Branche bei den ersten Schritten unterstützen. Weit über die Stadtgrenzen hinaus sorgen sieben hauptamtliche Mitarbeiter dafür, dass Kreative leichter Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten bekommen, sich besser vernetzen und Kunden im In- und Ausland finden. Organisatorisch gehört das neue Zentrum als Geschäftsbereich zur Bayern Innovativ Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer mbH, die ihren Sitz ebenfalls in Nürnberg hat. Die Staatsregierung fördert das Zentrum in den ersten fünf Jahren mit fünf Mio. Euro.

Als Wirtschaftsministerin Ilse Aigner das Zentrum eröffnete, tat sie dies inmitten einer Baustelle, denn noch sind die Räume in der Nürnberger Karl-Grillenberger-Straße nicht fertiggestellt. Klassische Büros werden dort nicht zu finden sein, da die Mitarbeiter des Zentrums überwiegend unterwegs sein werden, um Unterstützung in den Regionen zu geben, wo es bislang keine eigenen Anlaufstellen für Kreative gibt. An mindestens 20 Standorten werden sie kontinuierlich präsent sein. Ebenfalls noch in der kreativen Gestaltungsphase steckt das inhaltliche Programm des Zentrums. Nach Aussage von dessen Leiter Dirk Kiefer sollen die Kreativen in die Gestaltung der Aktivitäten mit eingebunden werden.

Dass es sich bei den künftigen Kunden des Zentrums, zu dessen Kooperationspartnern auch die IHK Nürnberg für Mittelfranken zählt, keineswegs um eine kleine Randgruppe handelt, offenbart ein Blick in die Statistik: So gibt es in Bayern rund 47 000 Unternehmen in den Bereichen Software/Games, Presse, Werbung, Rundfunk, Design, Buch, Film, Musik, Architektur, darstellende Künste und Kunstmarkt. Diese elf Teilmärkte machen das Konglomerat Kultur- und Kreativwirtschaft aus. 97 Prozent dieser Unternehmen sind Selbstständige oder Kleinstunternehmen, insgesamt leben in Bayern 200 000 Erwerbstätige von der Kreativität. In Mittelfranken sind es knapp 25 000, wie der Branchenexperte und Kulturstatistiker Michael Söndermann, Büro für Kulturwirtschaftsforschung in Köln, berichtet. Allein die Branche Software/Games beschäftigt in der Region Nürnberg 8 000 Mitarbeiter. Die rund 10 000 Unternehmen der mittelfränkischen Kultur- und Kreativwirtschaft setzen rund 2,7 Mrd. Euro jährlich um, damit ist Mittelfranken in Bayern nach Oberbayern die zweitstärkste Region dieser Branche.

Vom sogenannten Kreativitätstransfer, der von den jungen Kreativen ausgeht, profitieren auch die traditionellen Wirtschaftsunternehmen, unterstrich Söndermann bei der Eröffnungsveranstaltung. Dieser Transfer fördere die Innovationsfähigkeit in allen Branchen. „Wir werden oft gebucht, für das, was die großen Firmen vielleicht Naivität nennen würden“, bestätigt Mediendesigner und Lab Binaer-Gründer Martin Spengler. „Wir probieren Sachen, die die einfach nicht machen würden.“

Diese unkonventionellen Denker sind aber keineswegs nur in den größeren Städten zu finden, sondern durchaus auch in der Region. Ein Beispiel, das bei der Eröffnungsveranstaltung vorgestellt wurde, ist das junge Unternehmen myboshi, das über das Internet trendige Häkelmützen verkauft und seinen Sitz in Konradsreuth hat, einer Gemeinde mit 3 000-Einwohner im oberfränkischen Landkreis Hof. „Als wir unsere erste Steuererklärung abgeben mussten, hatten wir von Steuern wenig Ahnung. Im Finanzamt hat sich dann jemand zwei Stunden mit uns hingesetzt und uns alles erklärt“, sagt Thomas Jaenisch, Geschäftsführer und Gründer des Kultmützen-Labels. Die Idee zu den kultigen Mützen entstand aus Langeweile – abends in einem Skilehrercamp in Japan. Eine Spanierin konnte Häkeln, Jaenisch und sein Partner Felix Rohland ließen sich dies wieder beibringen. Es entstanden Kopfbedeckungen, auf die die beiden fortan angesprochen wurden, die Geschäftsidee war geboren.

Tragfähige Geschäftsideen

Die myboshis erkannten aber schnell, dass Mützen allein auf Dauer nicht ausreichen würden, um dauerhaft Geld zu verdienen. Wie alle Kreativen stecken auch sie in dem dauernden Spagat zwischen Kunst und Kommerz. Daher haben sie ihre Produktpalette erweitert und präsentieren sich heute als „ganzheitlicher Ideengeber auf dem Handarbeitsmarkt für junge Leute“. Genau in diesem Punkt sehen Dirk Kiefer und sein Team eine wichtige Aufgabe: Den Kreativen dabei zu helfen, tragfähige Strategien und Geschäftsideen zu entwickeln.

Autor/in: 

(uba.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2015, Seite 64

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick