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Ausschreibungen

Wer ist geeignet?

Ein neues amtliches IHK-Verzeichnis erleichtert Unternehmen die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen.

Von Unternehmen, die sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen wollen, werden zahlreiche Nachweise verlangt: Sie müssen belegen, dass sie über die notwendige Eignung sowie die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügen. Außerdem müssen sie darlegen, dass keine Gründe vorliegen, die für einen Ausschluss vom Ausschreibungsverfahren sprechen könnten (z. B. Beitragsrückstände bei der Krankenkasse).

Die aktuellen Änderungen beim Vergaberecht bringen nun deutliche Erleichterungen: Die Unternehmen müssen die Nachweise nicht mehr bei jedem einzelnen Ausschreibungsverfahren von neuem erbringen, sondern können vorab sogenannte auftragsunabhängige Eignungsnachweise nutzen. Für die Bieter verringert sich dadurch der Verwaltungsaufwand deutlich. Zudem erhält man durch die Eintragung in das Verzeichnis eine rechtssichere Position gegenüber den öffentlichen Auftraggebern. Denn eine Eintragung hat eine Eignungsvermutung zur Folge, die von der Vergabestelle nur in begründeten Ausnahmefällen in Zweifel gezogen werden darf. Aber auch die ausschreibenden Stellen profitieren, weil sie weniger Zeit für die Überprüfung der Nachweise aufwenden müssen.

Neuregelung im Vergaberecht

Die rechtliche Grundlage für die Neuregelungen bildet die EU-Richtlinie vom Februar 2014, die mit Änderung des Vergaberechts Anfang 2016 in deutsches Recht umgesetzt wurde. Ab September 2017 können nun die benötigten Nachweise für öffentliche Ausschreibungen deutlich einfacher erbracht werden. Dann können sich die Unternehmen in das von den IHKs eingerichtete, bundesweite amtliche Verzeichnis eintragen lassen. Damit weisen sie nach, dass sie für einen öffentlichen Auftrag im Liefer- und Dienstleistungsbereich geeignet sind und dass keine Ausschlussgründe vorliegen.

So funktioniert es

Im Rahmen einer vorgeschalteten Präqualifizierung legen die Firmen einmal jährlich die notwendigen Nachweise vor. War die Präqualifizierung erfolgreich, überprüft die IHK die Unterlagen und trägt das Unternehmen in das amtliche Verzeichnis ein. In Bayern führt die IHK München für Oberbayern im Auftrag aller bayerischen IHKs das amtliche Verzeichnis (siehe Bekanntmachung in WiM 7-8/2017, Seite 59-61). Dieses ist eine Online-Datenbank (www.amtliches-verzeichnis.ihk.de), die im September 2017 startet. Dort sind alle auftragsunabhängigen Angaben und Dokumente abrufbar, die das Unternehmen zur Prüfung vorlegen muss.

Jeder öffentliche Auftraggeber muss diese Eintragung anerkennen, soweit ihm nicht eigene negative Erkenntnisse vorliegen. Bei jeder Angebotsabgabe muss jetzt das Unternehmen nur noch seinen individuellen Zugangscode angeben bzw. das Zertifikat als Kopie beifügen.

Neben den Pflichtnachweisen können weitere Nachweise z. B. zur Qualifikation des Unternehmens eingereicht werden. Diese sind ebenfalls Gegenstand der Überprüfung und für den öffentlichen Auftraggeber als hinterlegte Dokumente einsehbar. Die von den IHKs überprüften Dokumente sind nur für denjenigen öffentlichen Auftraggeber einsehbar, denen das Zertifikat mit seinem spezifischen Zugangscode vorliegt. Das amtliche Verzeichnis ist jedoch allgemein zugänglich.

Dieses Verfahren löst nun das bisherige Präqualifizierungsverfahren ab. Das bedeutet: Unternehmen, die bereits im PQ-VOL präqualifiziert waren, können diese nicht mehr verlängern.

Einheitliche Europäische Eigenerklärung

Neu im Vergaberecht eingeführt wurde außerdem die sogenannte Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE), die die Teilnahme an Vergaben in anderen Mitgliedstaaten der EU fördern soll. Der Antrag auf Eintragung in das amtliche Verzeichnis umfasst deshalb mehr Angaben, als für die eigentliche Eintragung und Präqualifizierung notwendig sind. Denn mit den zusätzlichen Informationen kann das beantragende Unternehmen das Formular für eine EEE ausfüllen, die dann nur noch um die auftragsbezogenen Angaben ergänzt werden muss.

Verlangt dann ein öffentlicher Auftraggeber das Ausfüllen seiner EEE, kann das Unternehmen seine eigene EEE mit der des öffentlichen Auftraggebers „matchen“, indem er den von der EU-Kommission angebotenen Web-Service nutzt. Allerdings handelt es sich bei der EEE nur um eine Eigenerklärung, sodass der öffentliche Auftraggeber die eigentlichen Nachweisdokumente im konkreten Vergabeverfahren noch verlangen kann. Das Unternehmen muss also die Nachweise vorhalten, um für Nachfragen gewappnet zu sein.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2017, Seite 24

 
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