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Entsorgung

Den Stecker gezogen

Die Entsorgung von Elektrogeräten, Elektronik und Batterien wurde neu geregelt. Was ist zu beachten?

In der Europäischen Union wächst der Berg aus Elektroschrott stetig an: Die Zahl der Altgeräte nimmt jährlich um drei bis fünf Prozent zu – so schnell wie kaum eine andere Abfallkategorie. Das verwundert nicht, denn die Haushalte verfügen über immer mehr elektronische Geräte. Das machen Zahlen des Statistischen Bundesamtes eindrucksvoll deutlich: Auf 100 Haushalte in Deutschland kamen im Jahr 2017 rund 170 Fernseher und 220 Personalcomputer (2012 zum Vergleich: jeweils rund 160 TV-Geräte und PCs). Irgendwann werden diese vielen Geräte naturgemäß zu Abfall.

Gleichzeitig werden viele Rohstoffe immer knapper und teurer. „Deshalb spielen für Unternehmen neben der Abfallvermeidung funktionierende Stoffkreisläufe eine wesentliche Rolle. Sie sind essenziell, um hochwertige Sekundärrohstoffe zu gewinnen“, unterstrich Dr. Robert Schmidt, Leiter des Geschäftsbereichs Innovation | Umwelt der IHK Nürnberg für Mittelfranken, zum Auftakt des Fachforums „Elektro(nik)-Altgeräte und Batterien“. Im Fokus der Veranstaltung standen die Neuregelung des Elektro- und Elektronikgesetzes sowie die geplanten Änderungen des Batteriegesetzes.

Zum 15. August 2018 sind die neuen Regelungen des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) in Kraft getreten: Die Umstellung auf den sogenannten Offenen Anwendungsbereich (Open Scope) gilt in der Elektroaltgeräte-Entsorgung als die größte Änderung seit der Verabschiedung des deutschen Elektrogesetzes im Jahr 2005.

Registrierung der Geräte

Open Scope bedeutet, dass grundsätzlich alle Elektro(nik)geräte unter das ElektroG fallen. Ehe sie „in Verkehr gebracht werden“, so die juristische Formulierung, müssen Hersteller diese Geräte registrieren lassen und eine Garantie erbringen, sodass die Finanzierung der Rücknahme und Entsorgung auch für den Fall der Insolvenz gesichert ist. Die Registrierung erfolgt bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (ear), die als „Gemeinsame Stelle der Hersteller“ im Sinne des ElektroG fungiert. Die in Fürth ansässige Stiftung ist vom Umweltbundesamt mit hoheitlichen Aufgaben betraut. Neben der Registrierung von Elektro(nik)geräten koordiniert sie die Abholung der Altgeräte bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern im gesamten Bundesgebiet.

Viele Produkte betroffen

Als Konsequenz des offenen Anwendungsbereichs gelten nun für Möbel und Kleidungsstücke mit fest eingebauten elektrischen oder elektronischen Funktionen die Spielregeln des ElektroG: Das Gesamtprodukt ist registrierungspflichtig und muss gemäß den gesetzlichen Vorgaben entsorgt werden. Dazu zählen beispielsweise Schuhe mit eingebauten Blinklichtern, elektrisch verstellbare Fernsehsessel oder Badezimmerschränke mit beleuchtbaren Spiegeln. Solche Gegenstände dürfen nun nicht mehr in den Altkleider-Container oder auf den Sperrmüll, sondern müssen als Elektroschrott bei einer Wertstoffsammelstelle entsorgt werden. „Für Hersteller und Vertreiber, auch für Online-Händler, lauern Fallstricke, wenn die neuen gesetzlichen Vorgaben für diese Geräte nicht erfüllt werden“, warnte Dr. Robert Schmidt.

Eine weitere Neuerung des ElektroG betrifft die Kategorisierung recyclingpflichtiger Elektro(nik)-geräte: Aus bisher zehn Kategorien mit 32 Gerätearten wurden nun entsprechend der europäischen WEEE-Richtlinie sechs Kategorien mit 17 Gerätearten gebildet:

  • Wärmeüberträger
  • Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimeter enthalten
  • Lampen
  • Großgeräte (ab 50 Zentimeter Kantenlänge)
  • Kleingeräte
  • Geräte der Informations- und Kommunikationstechnologie

„Bei der Novelle dürfte es abgesehen von den bei gesetzlichen Änderungen üblichen Einlauf- und Übergangsprozessen mittelfristig keine gravierenden Umsetzungsprobleme geben“, so die Einschätzung von Schmidt. Es bleibe allerdings abzuwarten, ob die „Verschlankung“ der Gerätekategorien tatsächlich zu besseren Ergebnissen bei Sammlung und Verwertung führe.

Fest steht jedoch, dass die Gesetzesänderung für die Stiftung Elektro-Altgeräte Register eine „Herkulesaufgabe“ bedeutet, wie deren Vorstand Alexander Goldberg deutlich machte. Alle bestehenden Registrierungen – etwa 39 000 – müssen bis zum Stichtag 26. Oktober 2018 in das neue Kategorisierungssystem überführt werden. Mittelfristig bedeute die Umstellung jedoch weniger Bürokratie, erklärte Goldberg, da weniger Mengenmitteilungen und Garantienachweise erforderlich seien. Zunächst haben die Hersteller von Elektro(nik)geräten jedoch die Umstellung zu bewältigen. Handlungsbedarf besteht vor allem bei der Überprüfung des Produktportfolios in Hinblick auf neue Gerätearten. Als Hilfestellung hat die Stiftung ear verschiedene Instrumente entwickelt, beispielsweise eine Web-Anwendung, mit der sich die Überführung bestehender Registrierungen simulieren lässt.

Die Neuerungen des ElektroG betreffen auch die Recyclingwirtschaft und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) als Betreiber der Wertstoffhöfe. Denn dort werden die Elektro(nik)-Altgeräte gesammelt, vorsortiert und in die Stoffkreisläufe zurückgeführt. Diese Akteure kamen auf dem IHK-Fachforum ebenfalls zu Wort. Jan Herde, Geschäftsführer der eds-r GmbH Rücknahmesysteme in Nürnberg, sieht die Einführung der neu strukturierten Sammelgruppen durchaus als Herausforderung, weil der Sortieraufwand steigen sowie Investitionen in Leergut anfallen dürften. Michael Hufnagel, Sachgebietsleiter Abfallwirtschaft im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, hat die Beschäftigten der drei Recyclinghöfe durch Schulungen und ein Handbuch auf das reformierte ElektroG vorbereitet. Damit die Mitarbeitenden den Elektroschrott in die richtige Kategorie einordnen können, zählen nun Meterstab und Taschenrechner zur Grundausstattung. Nur mit diesen Werkzeugen lassen sich Klein- und Großgeräte unterscheiden und Bildschirmoberflächen berechnen.

Umgang mit alten Batterien

Batterien und Akkumulatoren enthalten sowohl Wertstoffe als auch gesundheits- und umweltgefährdende Substanzen. Deshalb haben sie in der normalen Restmülltonne nichts verloren. Analog dem ElektroG regelt das Batteriegesetz (BattG) die Registrierungs-, Rücknahme- und Entsorgungspflichten der Hersteller. Diese sind unter anderem verpflichtet, Altbatterien unentgeltlich zurückzunehmen und nach dem Stand der Technik zu behandeln und stofflich zu verwerten. Um die Rückgabemöglichkeit durch den Endverbraucher sicherzustellen, haben Hersteller bislang zwei Möglichkeiten: Entweder beteiligen sie sich am gemeinsamen Rücknahmesystem, der GRS – Gemeinsames Rücknahmesystem Servicegesellschaft mit Sitz in Hamburg, die 1998 als Non-Profit-Organisation gegründet wurde. Oder die Hersteller wählen ein „Herstellereigenes Rücknahmesystem“ gemäß §7 BattG.

Wie GRS-Geschäftsführer Georgios Chryssos auf dem IHK-Fachforum erklärte, haben sich über 3 500 Hersteller und „Inverkehrbringer“ der GRS angeschlossen. Die Sammelmenge aus circa 170 000 Übergabestellen belief sich 2017 auf circa 15 700 Tonnen. Die GRS garantiere eine hochwertige Sortierung, Verwertung, Zerlegung, Demontage und Wiederverwertung. Chryssos beklagte eine ungleiche Lastenverteilung im aktuell geltenden Batteriegesetz: So müsse die GRS flächendeckend deutschlandweit jede Sammelstelle aufnehmen, jede Batterie akzeptieren sowie Informationskampagnen für Verbraucher durchführen. Dieses Pflichtenheft führe zu einer Kostenspirale zu Lasten der Hersteller im GRS.

Nun soll der Gesetzgeber für eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen sorgen. In einem Eckpunktepapier zur Änderung des Batteriegesetzes schlägt das Bundesumweltministerium u. a. vor, dass sich Hersteller ausschließlich herstellereigenen Rücknahmesystemen (hRS) anschließen. Dies soll gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Hersteller und hRS gewährleisten. Die GRS übernimmt ausschließlich Solidaraufgaben wie zentrale Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, Sicherstellung der flächendeckenden Rücknahme im Sinne eines Auffangsystems sowie Kommunikationsmaßnahmen. Die Finanzierung dieser Solidaraufgaben wird gemeinsam von allen Herstellern getragen, so die Vorstellungen im Eckpunktepapier. Des Weiteren soll eine zentrale Stelle geschaffen werden, um die in Verkehr gebrachten Batterien und Akkus zu registrieren und mengenmäßig zu erfassen.

Autor/in: 

(aw.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2018, Seite 14

 
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