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Editorial

Stürmische Zeiten

Die Schlagzeilen der letzten Wochen lassen manchen Leser irritiert zurück: Während der Mai-Geschäftsklimaindex des ifo-Instituts überraschend positiv ausfällt und man dort feststellt, dass es keine Anzeichen für eine Rezession gebe, zeichnet eine DIHK-Umfrage unter 25 000 Betrieben ein pessimistischeres Bild.

Vor allem die Industrie sieht düstere Zeiten auf sich zukommen. Die DIHK-Erkenntnisse decken sich mit unserer Konjunkturbefragung unter den mittelfränkischen IHK-Unternehmen.

Die Erwartungen insbesondere in der Industrie sind so schlecht wie seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 nicht mehr.

Zwar ist die aktuelle Auftragslage noch gut – aber mancher Fabrikant fragt sich, wie er die Bestellungen überhaupt noch produzieren soll. Neben den hohen Energiepreisen sind es vor allem die gestörten Lieferketten und hier wiederum vor allem die Situation in China, die die verarbeitenden Betriebe ins Straucheln bringen. Und wer meint, man könne bei Bedarf doch die Vorprodukte einfach bei anderen Lieferanten einkaufen, hat wahrscheinlich lange keine Produktionsstätte mehr von innen gesehen: Bei den eng verzahnten Abläufen stehen oft schon bei kurzzeitigem Wegfall bestimmter Teile die Bänder still.

Der Industriestandort Deutschland garantiert für viele Menschen ein
sicheres Einkommen – Geld, das auch in den Restaurants und Innenstädten ausgegeben wird. Während sich Gastronomie und Handel aktuell noch von der Coronazeit erholen können, droht der Industrie eine tiefe Krise – und dies wird sich mittelfristig in der gesamten Gesellschaft niederschlagen. Unser Sozialstaat bleibt nur mit den Steuer- und Beitragseinnahmen aus der Industrie bezahlbar. Von der Politik erwarten wir, dass sie die Betriebe nicht mit zusätzlicher Bürokratie und Berichtspflichten belastet. Sonst wird aus dem Strukturwandel, den die Branche ohnehin bewältigen muss, ein Wegfall ganzer Industriezweige.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2022, Seite 3

 
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