Telefon: +49 911 1335-1335

Reform der Grundsteuer

Es wird Zeit für die Steuererklärung!

GettyImages-megaflopp-1299055221 © GettyImages/megaflopp

Bis zum 31. Oktober 2022 müssen die Grundsteuer-Erklärungen für alle Immobilien eingereicht werden. Wie geht man vor?

Bis zum 31. Oktober 2022 müssen alle Grundstückseigentümer eine Grundsteuer-Erklärung abgeben – und zwar für alle Wohn- und Gewerbeimmobilien sowie für alle landwirtschaftlichen Grundstücke (WiM berichtete). Die Abgabe der Steuererklärungen erfolgt online über das „Elster“-System der Finanzverwaltung. Dadurch werden die Grundstückswerte (mit Stichtag 1. Januar 2022) für das neue Grundsteuersystem ermittelt, das ab dem 1. Januar 2025 gültig ist.

Die neue Grundsteuer ist in einem bundeseinheitlichen Gesetz geregelt. Das Bundesrecht knüpft in erster Linie an die tatsächlichen Werte (d.h. in der Regel Ertragswerte oder Sachwerte) der Grundstücke an. Der Bundesgesetzgeber hat aber den Bundesländern die Möglichkeit eröffnet, ein hiervon abweichendes System einzuführen. Von dieser Öffnungsklausel hat auch Bayern im Hinblick auf Wohn- und Gewerbegrundstücke (Grundsteuer B) Gebrauch gemacht und ein spezifisches Bayerisches Grundsteuergesetz geschaffen. Dies hat zur Folge, dass Eigentümer von Grundstücken, die in verschiedenen Bundesländern liegen, Steuererklärungen nach unterschiedlichen Systemen erstellen müssen – mit entsprechend hohem Aufwand. Lediglich bei land- und fortwirtschaftlichen Betriebsgrundstücken (sogenannte Grundsteuer A) gilt auch in Bayern das Bundesmodell.

Grundsteuerkonzept in Bayern

Das bayerische Grundsteuerkonzept – das sogenannte „Flächenmodell“ – ist im Vergleich zum Bundeskonzept oder zum Konzept anderer Bundesländer relativ einfach gestaltet. Angeknüpft wird dabei in erster Linie an Grundstücks- und Gebäudeflächen. Die Ermittlung spezifischer Parameter, die für den individuellen Wert der Immobilie relevant sind (z. B. Bodenrichtwert, Alter und Zustand des Gebäudes), ist in Bayern anders als in anderen Bundesländern nicht erforderlich. Aber in einigen Detailfragen, insbesondere bei der Ermittlung der Gebäudeflächen, kann auch das bayerische System für Schwierigkeiten sorgen.

Die Ermittlung der Grundsteuer erfolgt in einem dreistufigen Verfahren: Grundsteuerwert ermitteln / die Steuermesszahl anwenden / den Wert, der sich daraus ergibt, mit dem Hebesatz der jeweiligen Gemeinde multiplizieren.

Grundsteuerwert ermitteln: Der Grundsteuerwert des jeweiligen Grundstücks ergibt sich aus der Grundstücksfläche und der Gebäudefläche. Die Grundstücksfläche lässt sich in der Regel unkompliziert ermitteln, die entsprechenden Daten können auch kostenlos online aus dem Liegenschaftskataster im „Bayern-Atlas“ abgerufen werden (https://geoportal.bayern.de/bayernatlas/). Bei der Ermittlung der Gebäudefläche muss zwischen Wohnimmobilien und Gewerbe- bzw. Nicht-Wohngebäuden unterschieden werden:

  • Bei Gewerbeimmobilien und anderen Immobilien, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, ist die Nutzfläche des Gebäudes maßgeblich.
  • Bei Wohnimmobilien ist die Wohnfläche relevant, die sich aus der Wohnflächenverordnung ergibt. Dort sind auch Besonderheiten genannt, z. B. im Hinblick auf Kellerräume, Abstellräume, Waschküchen oder Heizungsräume.

Der Grundsteuerwert wird so ermittelt: Summe des sogenannten Äquivalenzbetrags des Grundstücks (= Grundstücksfläche x Äquivalenzzahl von 0,04 Euro pro Quadratmeter) und des sogenannten Äquivalenzbetrags des Gebäudes (= Gebäudefläche x Äquivalenzzahl von 0,50 Euro pro Quadratmeter).

Steuermesszahl und Hebesatz: Dieser Grundsteuerwert wird dann mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz der jeweiligen Gemeinde multipliziert. Die Steuermesszahl für Nicht-Wohngebäude beträgt grundsätzlich 100 Prozent (d. h. der Multiplikator ist 1).

Für Wohngebäude beträgt die Steuermesszahl dagegen nur 70 Prozent, d. h. es gilt ein Abschlag von 30 Prozent auf den Grundstückswert. Bei denkmalgeschützten Gebäuden, sozialem Wohnungsbau und Wohngebäuden, bei denen eine enge räumliche Verbindung mit einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft besteht, reduziert sich die Grundsteuermesszahl um weitere 25 Prozent. Auch Wohnimmobilien, die einem Immobilienunternehmen gehören und insofern Betriebsvermögen sind, profitieren von diesen Vergünstigungen.

Beispiel für Gewerbeimmobilien: Lagerhalle in Nürnberg (Hebesatz derzeit: 555 Prozent). Grundstücksfläche: 6 000 Quadratmeter, Nutzfläche: 4 000 Quadratmeter.

  • Äquivalenzbetrag des Grundstücks: 6 000 Quadratmeter x 0,04 Euro pro Quadratmeter = 240 Euro
  • Äquivalenzbetrag des Gebäudes: 4 000 Quadratmeter x 0,5 Euro pro Quadratmeter = 2 000 Euro
  • Steuermesszahl für Grundstück und Gebäude: 100 Prozent, daher Grundsteuermessbetrag: (240 Euro + 2 000 Euro) x 1 = 2 240
  • Hebesatz Nürnberg: 555 Prozent, daher Grundsteuer 12 432 Euro

Beispiel für Wohnimmobilien: Einfamilienhaus in Erlangen (Hebesatz derzeit: 425 Prozent), Grundstücksfläche 500 Quadratmeter, Flächen Erdgeschoss und erstes Obergeschoss insgesamt 150 Quadratmeter, Keller 70 Quadratmeter, Doppelgarage 40 Quadratmeter.

  • Äquivalenzbetrag des Grundstücks: 500 Quadratmeter x 0,04 Euro pro Quadratmeter = 20 Euro
  • Äquivalenzbetrag des Gebäudes: 150 Quadratmeter x 0,5 Euro pro Quadratmeter = 75 Euro (Keller und Garage zählen laut Wohnflächenverordnung nicht)
  • Steuermesszahl Grundstück: 100 Prozent; Steuermesszahl Gebäude: 70 Prozent
  • Grundsteuerwert: 20 Euro + 52,50 Euro (70 Prozent von 75 Euro) = 72,50 Euro
  • Hebesatz Erlangen: 425 Prozent, daher Grundsteuer in Höhe von 308,13 Euro

Dieses typisierende Bewertungssystem kann durchaus zu extremen Ergebnissen führen. So kann etwa ein neues Wohnhaus in München mit einer nur unwesentlich höheren Grundsteuer belastet werden als ein älteres Haus in einer ländlichen Gegend ähnlicher Größe – auch wenn das Haus in München einen Verkehrswert hat, der den Wert des anderen Hauses um ein Vielfaches übersteigt.

Künftige Grundsteuer-Erklärungen

Nach dem Grundsteuergesetz des Bundes müssen Grundstückseigentümer alle sieben Jahre eine Grundsteuer-Erklärung abgeben. Auch diesbezüglich gewährt Bayern eine Vergünstigung: Demnach ist für Grundstücke in Bayern nur dann eine Steuererklärung erforderlich, wenn Änderungen eintreten, die für die Grundsteuer von Bedeutung sind. Relevante Fälle können beispielsweise eine Änderung der Bebauung des Grundstücks, eine Grundstücksteilung oder die Änderung einer Wohnnutzung in eine gewerbliche Nutzung und umgekehrt sein. Lediglich für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke muss alle sieben Jahre eine Grundsteuererklärung abgegeben werden.

Autor/in: 

Dr. Wilfried W. Krauß ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Krauß Tax Legal GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft in Nürnberg (wilfried.krauss@taxlegal.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2022, Seite 18

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick