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Inbox-Werbung

Nur mit expliziter Einwilligung

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Jeder Nutzer eines kostenlosen, aber werbefinanzierten E-Mail-Accounts kennt sie: Werbeeinblendungen, die in ihrem Erscheinungsbild einer E-Mail ähneln und häufig in großer Zahl angezeigt werden.

Mit seinem Urteil vom 13. Januar 2022 („Inbox-Werbung II“) hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun klargestellt, dass diese sogenannte Inbox-Werbung ohne explizite Zustimmung des Nutzers rechtswidrig ist. Es reiche nicht aus, wenn die Nutzer der kostenlosen Mail-Konten nur eine pauschale Zustimmung zu Werbung gegeben haben.

Die mailähnliche Werbung gehört zum Geschäftsmodell der Freemail-Anbieter. Sie bieten den werbenden Unternehmen in Anbetracht von Millionen Mail-Nutzern eine lohnende Plattform. Die automatisierten Werbeeinblendungen werden auf bestimmten Flächen in einem E- Mail-Postfach geschaltet. Nach einem Klick auf die vermeintliche Nachricht wird der Nutzer auf die Webseite des werbenden Unternehmens weitergeleitet. Der BGH hat nun präzisiert, welche Anforderungen an diese Form der Werbung zu stellen sind und wie eine wirksame Einwilligung gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gestaltet sein muss.

Die Richter bezogen sich dabei auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Demnach ist eine geschäftliche Handlung unzulässig, wenn durch sie ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird (§ 7 Abs. 1 UWG). Dazu zählt auch Werbung unter Verwendung elektronischer Post – es sei denn, es liegt eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vor. Wie diese Willensbekundung auszusehen hat, ist der DSGVO zu entnehmen: Sie muss freiwillig, für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegeben werden (Art. 4 Nr. 11 DSGVO). Folglich müsse sich die Einwilligung auf die konkrete Inbox-Werbung beziehen. Die Nutzung eines Freemail-Providers bedeute nicht, dass man sich damit im Voraus auch mit jeglicher Werbung einverstanden erklärt hat. Vielmehr muss der Nutzer laut BGH vor seiner Einwilligungserklärung klar und präzise darüber informiert worden sein, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden. Erforderlich ist darüber hinaus, dass der Nutzer seine Einwilligung auf den konkreten Einzelfall bezogen und in voller Kenntnis der Sachlage bekundet hat.

Hintergrund der Entscheidung war die Unterlassungsklage eines Stromlieferanten gegen einen Konkurrenten, der eine Werbeagentur mit der Schaltung von Inbox- Werbung in E-Mail-Postfächern eines Freemail-Dienstes beauftragt hatte. Der Dienst stand auch in einer kostenpflichtigen, werbefreien Variante zur Verfügung. Das Landgericht Nürnberg-Fürth und das Oberlandesgericht Nürnberg hatten die Rechtslage zuvor unterschiedlich beurteilt, weshalb der Fall zum BGH ging, der die europarechtlichen Fragen wiederum dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt hat. Der EuGH entschied, dass Inbox-Werbung einem Spam-Mail ähnle und deshalb ohne Einwilligung nicht mit dem Europarecht vereinbar sei. Spam-Mails und Inbox-Werbung unterschieden sich zwar in technischer Hinsicht, dennoch werde durch sie letztlich der Zugang zu den tatsächlichen E-Mails eingeschränkt. Das sieht auch der BGH so: Inbox-Werbung sei eine unzumutbare Belästigung, denn ungeachtet des Zufallsprinzips richte sie sich direkt und individuell an den Nutzer. Die Direktwerbung sei daher nur mit vorheriger expliziter Einwilligung zulässig. Betroffen von dem Urteil sind nicht nur E-Mail-Dienste, sondern auch die werbenden Unternehmen, die die Einwilligungen nachweisen müssen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2022, Seite 41

 
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