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Personalwesen

Näher am Mitarbeiter

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Digitale Lösungen machen die Personalarbeit effizienter und verbessern die interne Kommunikation.

Digitale Gehaltsabrechnungen sind schon lange Standard. Doch auch sonst nimmt das Personalwesen zunehmend Abschied von der Papierakte und von anderen analogen Abläufen. Mit dem Webinar "Digitale Personalprozesse für kleine und mittlere Unternehmen" zeigte die IHK Nürnberg für Mittelfranken auf, wie sich die Abläufe rationeller gestalten lassen.

Für Alfred Hahner, Leiter International Brand Management der Nürnberger I.K. Hofmann Unternehmensgruppe, beginnen die digitalen Personalprozesse schon bei der Rekrutierung. Denn 90 Prozent der Menschen auf Jobsuche informieren sich online über potenzielle Arbeitgeber, beispielsweise über die Homepage und die Social-Media-Kanäle der Unternehmen oder über Bewertungsportale wie Kununu. Daher müsse das Personalmanagement die hauseigene Arbeitgebermarke aussagekräftig inszenieren und die sogenannte "Candidate Touchpoint Journey" im Blick haben: Das sind die Kontaktpunkte, auf die die Kandidaten bei ihrer virtuellen Informationssuche stoßen. Dort müssen sie beispielsweise Aussagen zu Mitarbeiterzufriedenheit, Unternehmenskultur, Betriebsklima oder Work-Life-Balance vorfinden.

Nach Hahners Einschätzung denken viele Unternehmen bei der Markenbildung zu sehr an ihre Produktmarke und vernachlässigen die Arbeitgebermarke. Dies zeige sich häufig auch in den aktiv bespielten Kanälen wie Facebook, Instagram & Co., auf denen Unternehmen überwiegend Produkte und Dienstleistungen präsentieren, aber zu wenige Aussagen über ihre Firmenkultur transportieren. Deshalb wurde bei dem Zeitarbeitsunternehmen Hofmann mit seinen rund 16 000 Beschäftigten die Abteilung Human Resources eng mit dem Marketing vernetzt. Auf diese Weise soll eine abgestimmte Kommunikation entlang der digitalen Berührungspunkte gelingen und die Arbeitgebermarke gestärkt werden. Dabei unterscheidet sich die Art der Ansprache auf der Homepage deutlich von der auf Instagram, LinkedIn, Xing oder TikTok. Eine eigene Strategie regelt zudem, welche Bewerber-Zielgruppen über welchen Kanal angesprochen werden. Für effiziente Prozesse bei der Personalauswahl sorgt der Umstand, dass sich die allermeisten Kandidaten online bei Hofmann bewerben, statt die Unterlagen per Post zu schicken. Eingesetzt wird eine Rekrutierungs-Software mit Künstlicher Intelligenz. Digitale Personalprozesse seien auch für kleine und mittlere Unternehmen zu stemmen, so Hahners Fazit: "Es ist nicht so komplex, wie es sich anhört."

App festigt Kontakt zu den Mitarbeitern

Das Schwabacher Unternehmen be+ GmbH hat eine App entwickelt, mit der gerade mittelständische Unternehmen ihren Betriebsalltag digitalisieren können. Geschäftsführer Frank Nobis sieht die Chefs in den kleineren und mittleren Firmen mit zehn bis 250 Mitarbeitern enormen Herausforderungen ausgesetzt, weshalb die Personalarbeit oft "ad hoc und nebenbei" erledigt werde. Erhöhter Mindestlohn oder die neue Arbeitgeberpflicht zur Erfassung der gesamten Arbeitszeit sorgen für zusätzliche Belastungen. Zusätzlich erschwert das Homeoffice, zunächst wegen Corona und nun wegen Energieeinsparung im Büro, die Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeitern. Mit der App, die auf allen Endgeräten funktioniert, ließen sich etwa die jeweiligen Arbeitszeiten gesetzeskonform erfassen, Dokumente aus der Ablage aufrufen oder Unterlagen digital signieren. Außerdem lasse sich der Zugriff auf das Intranet mit unterschiedlichen Rechten personalisieren, sodass beispielsweise die digitale Gehaltsabrechnung jedem Mitarbeiter auf das Smartphone zugestellt werden kann. Dies sei deutlich kostengünstiger als die analoge Lohn- und Gehaltsabrechnung.

Auch der Einstieg neuer Mitarbeiter werde einfacher, sie könnten schon vor dem ersten Arbeitstag angesprochen und mit Informationen versorgt werden (z. B. Zeitplan für die Einarbeitung, betriebliches Gesundheitsmanagement, Angebote zur Verpflegung, vermögenswirksame Leistungen, betriebliche Altersvorsorge). Durch diese Verbindung könne das Risiko verringert werden, dass die neu eingestellten Kollegen vor Vertragsbeginn gleich wieder abspringen.

Das Nürnberger Familienunternehmen BarthHaas GmbH & Co. KG, ein weltweit führendes Unternehmen für Dienstleistungen rund um den Hopfen, hat mit seinem Projekt "HRzstück" die Prozesse der Abteilung Human Resources (HR) zukunftsfähig gemacht. Ziel war es laut Personalreferentin Paula Otsa, durch die Digitalisierung Papier und Ablage zu verringern, freie Zeit für andere Aufgaben zu schaffen und die Abläufe zu verschlanken. Zuvor fanden sich die Mitarbeiterdaten in einer Personal-Software, in Excel-Dateien sowie in Papierakten in Rollschränken. Diese unterschiedlichen Medien waren nicht digital miteinander verknüpfbar und verlangten etwa bei Änderungen einen hohen manuellen Aufwand. Durch das Projekt "HRzstück" wurden alle Prozesse in einer Software zusammengeführt.

Digitale Personalakte

Schritt für Schritt stellt die Personalabteilung jetzt auf die neue digitale Welt um. Heute arbeitet Otsa mit einer digitalen Personalakte, die neben die Mitarbeiterdaten auch alle Verträge und die Lohnabrechnung, aber auch die dokumentierten Mitarbeitergespräche enthält. Berechtigte Führungskräfte können sich mit einem Klick die letzten Unterlagen aufrufen, ohne bei der Personalabteilung darum bitten zu müssen. Die neue Lösung enthält auch die Kontaktdaten der Mitarbeiter, die ihr eigenes Profil pflegen können. Beispiel: Nach einem Umzug können sie selbst ihre neuen Daten eingeben, die dann nach der Freigabe durch das Personalwesen automatisiert in andere Anwendungen wie die Lohnabrechnung übernommen werden.

Die gebündelte Plattform enthält auch eine Mediathek mit Videos zu unterschiedlichen Themen, die sich die rund 140 Mitarbeiter ansehen oder herunterladen können. Außerdem hilft der digitale "Schreibtisch", anstehende Aufgaben zu planen und zu strukturieren, um sie dann via PC, Tablet oder Smartphone zu bearbeiten. Das Modul Zeit-
erfassung beinhaltet beispielsweise den Zeitnachweis. Vergessene Buchungen werden nicht mit einer Mail an die Personalabteilung korrigiert, sondern selbst nachgetragen und dann freigegeben. Auch Abwesenheitsanträge oder Krankmeldungen werden dort erledigt. Für die eigene Urlaubsplanung findet sich auch der Teamkalender der Kollegen. Seit vergangenem Jahr ist auch ein Modul zur Rekrutierung von Mitarbeitern im Einsatz. "Das alles hat die Planung erheblich vereinfacht", stellt Otsa fest.

Die Personalreferentin ist mit dem gelungenen Großprojekt zufrieden, weil durch das digitale System alle Vorgänge nun effizienter seien und es keine Doppelarbeit mehr von Mitarbeitern und HR-Abteilung gebe. Wichtig sei eine gute Dokumentation, um Entscheidungen hinterher nachvollziehen zu können. Außerdem brauche es einen starken Projektleiter sowie klare Ziele für den Projektplan und die einzelnen Module, um eine solche Umstrukturierung im Personalwesen zum Erfolg zu führen. Weitere Erkenntnis: Die Umstellung ist ein komplexer Prozess, der neben dem Tagesgeschäft geleistet werden muss, sodass man sich einen realistischen Zeitplan setzen sollte. Bei BarthHaas gibt es zwar noch weitere Ideen, um die Plattform auszubauen, aber Otsa zieht schon jetzt eine sehr positive Zwischenbilanz: "Im Vergleich zu vorher haben wir mit der Digitalisierung eine 180-Grad-Wendung gemacht."

Zum Abschluss des IHK-Webinars erhielt ein junges Start-up die Gelegenheit, sich vorzustellen: Wolfgang Paulus hat mit zwei Gleichgesinnten das Jungunternehmen "Azubis-Asap" aus der Taufe gehoben, das seinen Sitz im "ANsWerk" hat, dem digitalen Gründerzentrum Stadt und Landkreis Ansbach. Die Idee ist es, für junge Menschen den Ausbildungsberuf herauszufinden, der am besten zu ihnen passt. Umgekehrt hilft "Azubi-Asap" auch den Unternehmen dabei, geeignete Azubis zu finden, die langfristig im Betrieb bleiben. "Dadurch senken wir die Abbrecherquote", ist Paulus überzeugt. Für die Programmierung des digitalen Tools, das etwa automatisiert Stärken und Schwächen eines angehenden Azubis mit den Anforderungen der Betriebe abgleicht, sucht Paulus noch Unterstützer.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2022, Seite 34

 
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