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Zahlen | Fakten

Außenwirtschaft

Krieg und Krise

2022 war geprägt von sich überschneidenden und gegenseitig verstärkenden großen Krisen. Der Außenhandel  nicht nur in Mittelfranken  sah und sieht sich im dritten Jahr in Folge gewaltigen Herausforderungen gegenüber. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und der globalen Lieferkettenunterbrechungen, die fortdauernde Rohstoffknappheit, der russische Überfall auf die Ukraine, enorm gestiegene Energiepreise, Inflation und der weltweite konjunkturelle Abschwung: selten waren die wirtschaftlichen und geopolitischen Rahmenbedingungen für unsere Außenwirtschaft so schwierig wie heute.

Diese schlechte Ausgangslage spiegelt sich in den Zahlen der in 2022 durch die IHK bescheinigten Außenhandelsdokumente (z. B. Ursprungszeugnisse) allerdings nicht wider. 119 000 Bescheinigungen für mittelfränkische Exportunternehmen bedeuten eine Zunahme von 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einen neuen Rekord!

Die Zahl der Carnet ATA sank dagegen erneut um ca. 6,5 Prozent gegenüber 2021. Ein Carnet ATA dient der vorübergehenden zollfreien Verwendung von Waren im Ausland für Messen, als Berufsausrüstung und für Musterpräsentationen (Aufzählung in Abhängigkeit der Nutzungshäufigkeit). Die Wiederaufnahme des Messegeschäfts benötigt offensichtlich mehr Zeit als der Warenverkauf ins Ausland.

Als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine hat die Europäische Union allmählich sehr weitreichende Sanktionspakete gegen Russland und Belarus erlassen. Hierzu gehören personenbezogene Sanktionen, umfassende güterbezogene Aus- und Einfuhrverbote, dienstleistungsbezogene Sanktionen sowie Transportverbote. Lange Verfahrensdauern für Genehmigungsanträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie eine gewisse "Over-Compliance" bei einigen Wirtschaftsbeteiligten haben die fristgerechte Abwicklung von Altverträgen beeinträchtigt. Die große Verunsicherung der Unternehmen spiegelt sich in einem hohen Beratungsbedarf wider. Besonders in den ersten Monaten des Jahres 2022 unterstützte die IHK Mitgliedsunternehmen mit zahlreichen Auskünften dabei, sich in den komplexen Sanktionsverordnungen zurechtzufinden.

Der russische Angriffskrieg dominierte phasenweise die Tagesarbeit. Über eine Hotline wurden Unternehmen zu den Sanktionen gebrieft. Veranstaltungen, die über den Rückzug aus dem Russland-Geschäft informierten, wurden rege nachgefragt. Eine eigens eingerichtete Website enthielt täglich die wichtigsten Updates zum Krieg und den Stand der Sanktionen aber auch Information zur Ukraine-Hilfe.

Veranstaltungen wieder rege nachgefragt – Lieferkettengesetz im Fokus

Ob "Messeauftritt", "Warenursprung und Präferenzen", "Zertifizierungsfragen im China- und UK-Geschäft", "Garantien und Bürgschaften im Exportgeschäft" oder "Chancen in Namibia zum Thema Buschbiomasse" – die 63 Veranstaltungen in 2022 waren wieder bestens besucht.

Besonders das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das ab 2023 zunächst für Unternehmen mit mindestens 3 000, ab 2024 auch für Unternehmen mit 1 000 Beschäftigte im Inland gilt, stand im Fokus mehrerer Webinare und auch Präsenzveranstaltungen. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen auch mittels Einrichtung eines Risikomanagements, die Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Schädigungen der Umwelt in der Lieferkette zu vermeiden.
Und auch für 2023 ist der Fahrplan an Seminaren fast fertig. Höhepunkte im 1. Halbjahr sind das Nürnberger Zollseminar, das Lateinamerika-Forum am 4. Mai und das "Asien-Pazifik-Forum Bayern" am 26. Juli.

Veranstaltungsreihe „ONLINE erfolgreich im Ausland“ initiiert

Die Bedeutung des internationalen E-Commerce hat seit Beginn der Corona-Pandemie sowohl bei der Erschließung von Exportmärkten als auch beim Sourcing in internationalen Beschaffungsmärkten stark zugenommen. Das Gemeinschaftsprojekt "ONLINE erfolgreich im Ausland" der bayerischen IHKs und der Handwerkskammern in Bayern greift diese Entwicklung auf und bietet bayerischen Unternehmen vielseitige Informationen und Unterstützung beim Einstieg in den digitalen Markt. Mit der Webseite www.weltweit-erfolgreich.de/e-commerce wurde ein Info-Pool mit grundlegenden Informationen zum digitalen Handel im B2C- und B2B-Bereich geschaffen, der zudem einen Praxisleitfaden für Absatz und Einkauf sowie länderspezifische Informationen enthält. Dabei werden u. a. Themen wie Cyber-Security, Marketing, Zahlungsoption oder Logistik aufgegriffen. Eine Veranstaltungsreihe mit über 20 Webinaren zum Onlinegeschäft ergänzte das Informationsangebot im Internet und thematisierte die wichtigsten Fragen und Problemstellungen für KMUs in diesem Bereich. Die IHK bietet mit einer Präsenzveranstaltung im Rahmen des Nürnberger Digitalfestivals 2023 einen abschließenden Höhepunkt dieser Reihe. Das Projekt "ONLINE erfolgreich im Ausland" wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert.

Lateinamerika verstärkt im Fokus

Auch wenn derzeit – bedingt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie – die Wachstumsaussichten in Südamerika wie vielerorts eher mager ausfallen, gibt es mittel- bis langfristig gute Geschäftsmöglichkeiten auf dem südamerikanischen Kontinent. Die wirtschaftliche Zusammenarbeitet mit Lateinamerika birgt viel Potenzial, das in zahlreichen Veranstaltungen aufgezeigt wurde.

Highlight waren die "IHK-Kontakttage Lateinamerika" vom 21. bis 25. Februar 2022, die einen direkten Zugang zu den wichtigsten Märkten Lateinamerikas boten. Mehr als 20 Experten der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) und weiteren Organisationen standen kompetent mit ihrem Know-how zur Verfügung. Mit über 300 Gesprächswünschen von Unternehmen mit Geschäftsführern deutscher Auslandshandelskammern ist die zweite Ausgabe der IHK-Kontakttage sehr erfolgreich verlaufen.

UK-Desk: Großbritannien-Geschäft beratungsintensiv

Seit dem Brexit-Entscheid von 2016 hat sich das Scheidungsprocedere zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich als schwierig gestaltet. Dank des Handels- und Kooperationsabkommens (TCA) konnte dennoch eine Vielzahl an Themen geregelt werden, die den grenzüberschreitenden Handel zwischen beiden Seiten weiterhin möglich macht. Damit einher ging ein gestiegener Beratungsbedarf, denn trotz Handels- und Kooperationsabkommen weichen die britischen Regelungen zum Teil in wichtigen Bereichen erheblich von EU-Regeln und -Standards ab.

Entsprechend gefragt waren die acht Webinar-Termine mit mehr als 2 000 Teilnehmern.

Dauerbrenner Japan

Japan ist in der IHK-Arbeit seit Jahrzehnten fest verankert. Ob bayerische Messebeteiligungen, Webinare oder Veranstaltungen auch mit der eng verbundenen Partnerregion Saitama – die Palette an Initiativen ist breit gefächert. Im Oktober 2022 hat beispielsweise eine 20-köpfige Unternehmerdelegation aus der Präfektur Gunma die IHK zum Thema "Transformation in der Automobilzulieferindustrie" besucht. Neben Vorträgen konnten Firmenbesuche bei hiesigen Unternehmen organisiert werden. Mit der japanischen Region Gunma wurde vereinbart, auch zukünftig eng zu kooperieren. In Saitama hat die IHK gemeinsam mit der Stadt Nürnberg ihr Know-How in den "Saitama Sustainable Cities Summit" im November eingebracht und neue Kontakte für zukünftige Aktivitäten geknüpft. Dabei kam auch erstmals ein von der IHK initiierte Comic über die Zusammenarbeit mit Japan zum Einsatz. Darin wird die Europäische Metropolregion Nürnberg als potenter Technologiepartner Japans dargestellt. Die Resonanz auf diese innovative und sympathische Webemaßnahme ist sowohl in Japan als auch bei japanischen Einrichtungen in Deutschland durchwegs positiv.

Bayerische Messebeteiligungen sind wieder ein gefragtes Vertriebsinstrument

Im Rahmen des bayerischen Messebeteiligungsprogramms initiiert und organisiert die IHK Nürnberg für Mittelfranken in Kooperation mit Bayern International jährlich im Durchschnitt ca. 15 Messebeteiligungen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) im Ausland.

Die Mehrzahl der Beteiligungen im Berichtszeitraum mussten in den letzten Jahren abgesagt werden oder wurden virtuell bzw. mit lokalen Partnern durchgeführt. Dies war 2022 u. a. bei der Energietechnikmesse FC Expo in Tokyo (Japan) und der Technologiemesse China Hi-Tech Fair in Shenzhen (China) der Fall.
Präsenzveranstaltungen konnten im vergangenen Jahr in Bangkok, Sao Paulo und Saigon mit mehr als 40 bayerischen Unternehmen aus der Medizinbranche umgesetzt werden.

Außenwirtschaftsausschuss als wichtiger Ideengeber

Lateinamerika, Ukraine, Marokko, Japan – diese Länder standen in den vier Sitzungen des IHK-Außenwirtschafts-Ausschusses im Fokus. Bei den Querschnittsthemen diskutierte der Kreis über das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, die Konnektivitätsinitiativen von Europa, China und den USA sowie über Vereinfachungen des EU-Zollrechts. Im Rahmen der aktuellen Runde wurden zahlreiche Beiträge aus dem Kreis der Mitglieder eingebracht. Die Idee aus dem Ausschuss, ein neues Format für den Erfahrungsaustausch bei IHK-Veranstaltungen zu finden, wurde vom Geschäftsbereich aufgegriffen. Unter der Überschrift "IHK-Netzwerk International" sind erste Veranstaltungen in 2023 zu China und dem Querschnittsthema Zoll geplant.

 

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