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Was hat’s wirtschaftlich gebracht?

Für die Region war die Fußball-Weltmeisterschaft ein großer Gewinn. Wirtschaftlich profitiert haben insbesondere Einzelhandel, Gastronomie und Verkehrsunternehmen.

Fünf WM-Spiele mit insgesamt zehn Toren. „Farbenfroheste“ WM-Stadt mit 30 gelben und vier roten Karten. Das war die sportliche Bilanz der Fußball-Weltmeisterschaft im Nürnberger Stadion. Bei einer Rede vor dem Rotary Club Nürnberg-Fürth zog IHK-Präsident Prof. Dr. Klaus L. Wübbenhorst eine wirtschaftliche Bilanz des sportlichen Weltereignisses.

Hervorragende Medienresonanz, beste Stimmung und nicht zuletzt das schöne Wetter hätten der Region einen unbezahlbaren Imageeffekt beschert. „Die weltweite Werbung für die Stadt wird in den nächsten Jahren viele Touristen bringen“, so Wübbenhorst. Eine Studie, die von der WiSo-Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg erarbeitet wurde, schätzt allein diesen Imagegewinn auf rund sieben Mio. Euro. Diese Untersuchung kam außerdem zu dem Ergebnis, dass vor, während und nach der WM bis 2015 ein Gesamtumsatz von 218,5 Mio. Euro ausgelöst wird (davon entfallen rund 136 Mio. Euro auf Konsumausgaben und ca. 82 Mio. Euro auf Investitionen).

Auch wenn sich die Auswirkungen der WM für Nürnberg nicht auf Euro und Cent genau bestimmen lassen, gibt es laut Wübbenhorst aber eine Reihe von Tendenzaussagen der einzelnen Branchen.

Der Einzelhandel profitierte stark von der Tatsache, dass die Geschäfte sonntags geöffnet werden konnten (vier der fünf Spiele in Nürnberg fanden sonntags bzw. feiertags statt). Die Einzelhandelsumsätze haben sich vor allem auf die Nürnberger City und die „fußball-nahen“ Sortimente konzentriert (vom Dosenbier über Souvenirs bis zu Fan-Artikeln). Insgesamt geht der Einzelhandelsverband von einem Umsatzplus von 30 bis 35 Mio. Euro allein durch die Sonntagsöffnung aus. Hinzu kommen die Käufe vor und während der WM: So meldete der fränkische Fernsehproduzent Loewe für das zweite Quartal 2006 ein Umsatzplus von 23 Prozent, Puma setzte bei Fußballprodukten über 40 Prozent mehr um, KarstadtQuelle legte bei Sportartikeln im zweiten Quartal um rund sechs Prozent zu.

Gewinner der Fußball-WM in Nürnberg waren auch die Hotellerie und die Gastronomie. Die Zahl der Übernachtungen im Juni 2006 lag mit 193 000 um 15 Prozent über dem Vorjahresmonat, dabei war bereits der Juni 2005 ein Rekordmonat gewesen. Für gute Auslastung sorgten vor allem die ausländischen Besucher (Gäste aus Großbritannien plus 60 Prozent, Japan plus 40 Prozent, USA plus 35 Prozent, Niederlande plus 30 Prozent). Der Gästeansturm hat auch in die Region hinein gewirkt: Erlangen hat beispielsweise ein Übernachtungsplus von 18 Prozent während der WM registriert. Und auch Herzogenaurach hat mit den Aktivitäten von adidas und Puma und dem Quartier der argentinischen Nationalmannschaft im Hotel Herzogspark stark von der WM profitiert. Die Hotels und Gaststätten in der Region können darauf hoffen, dass die Fans erneut mit ihren Angehörigen nach Nürnberg kommen und dass die weltweite Berichterstattung vielen Menschen Lust auf einen Nürnberg-Besuch gemacht hat.

Über die genannten Branchen hinaus konnten sich Bewachungsfirmen (deutschlandweit über 30 000 private Sicherheitskräfte im WM-Einsatz) und das Nürnberger Taxi-Gewerbe (25 Prozent höhere Einnahmen) über gute Geschäfte freuen. Der Flughafen Nürnberg (plus 350 Flüge mit 15 000 Fluggästen) legte bei den Passagierzahlen um 25 Prozent zu. Dies war der größte Zuwachs aller deutschen Flughäfen, die im Schnitt nur rund sechs Prozent Fluggäste mehr abfertigten. Natürlich sind auch Kosten entstanden: Die VAG rechnet im öffentlichen Nahverkehr mit rund 800 000 Euro Zusatzkosten während der Spiele in Nürnberg.

Die Universität Hohenheim schätzt, dass die Plaudereien am Arbeitsplatz über die Fußballspiele zu Einbußen geführt haben. Von einem volkswirtschaftlichen Produktivitätsverlust in Höhe von 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ist die Rede. Allerdings weist die Studie auch darauf hin, dass möglicherweise diese neun Mrd. Euro durch „hochstimmungsbedingte“ Arbeitsleistungen anschließend sogar überkompensiert worden sind. Wie dem auch sei: Für Deutschland geht die Studie von rund 4,7 Mrd. Euro an zusätzlichem Konsum während der Fußball-WM aus (davon entfielen 43 Prozent auf Gastronomie/Getränke, 27 Prozent auf Fan-Artikel, 18 Prozent auf Sportartikel und zwölf Prozent auf Reisen).

Investitionen
Neben den Konsumausgaben, die die Gäste und Fans in der Region getätigt haben, sieht Wübbenhorst auch bleibende Werte. Vor allem die Investitionen in die Infrastruktur, die zwar nicht nur wegen der WM realisiert worden seien, aber mit Hinblick auf dieses Ereignis beschleunigt wurden:

  • Das modernisierte Frankenstadion, das nach der WM wieder „easyCredit-Stadion“ heißt, war für die Stadt ein gutes Geschäft: Denn von den 56 Mio. Euro Gesamtkosten entfallen auf die Stadt nur zwölf Mio. Euro. „Wenn Sie davon Stadionmiete, sowieso notwendige Renovierungskosten und den finanziellen Anteil an den Namensrechten abziehen, geht der Eigenanteil gegen Null“, so Wübbenhorst.
  • Einrichtung des dynamischen Verkehrsleitsystems, das als das beste in Europa gilt (Investitionen: 27 Mio. Euro).
  • „Overfly“ am Autobahnkreuz Nürnberg-Süd (20 Mio. Euro).
  • Neuer Sonderbahnsteig am S-Bahnhof Frankenstadion (Baukosten acht Mio. Euro).
  • ICE-Strecke München-Nürnberg, die zur WM den Shuttle-Betrieb aufgenommen hat und Ende des Jahres in den Fahrplanbetrieb geht.
  • Regionale Unternehmen haben von diesen Projekten stark profitiert, insgesamt hatte die WiSo-Studie 82 Mio. Euro an Investitionsnutzen für die Region errechnet.

Beeindruckt zeigte sich Wübbenhorst von der unverkrampften Begeisterung der Menschen und dem Stimmungshoch, das die WM auslöste: „Wenn Konjunktur zu 50 Prozent Psychologie ist, dann war die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland ein grandioses Konjunkturprogramm.“

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2006, Seite 14

 
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