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Fesselnde Verkaufsargumente

Lassen sich Kunden mit Bonusprogrammen tatsächlich stärker ans Unternehmen binden?

Insbesondere seit dem Wegfall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung verbreiten sich Bonusprogramme auch in Deutschland stark. Derzeit sind mehr als 80 Mio. Mitgliedschaften in Bonusprogrammen registriert. Eine Dissertation an der Universität Erlangen-Nürnberg beschäftigt sich nun mit der Frage, wie sich solche Programme auf die Kundenbindung auswirken.

Analysiert wurden repräsentative Paneldaten aus dem Lebensmitteleinzelhandel, in denen Einkaufsakte mit Bonusprogrammen von mehreren tausend Haushalten erfasst sind. Bei etwa sieben Prozent aller Einkäufe im Lebensmitteleinzelhandel findet ein Einsatz von Bonusprogrammen statt. Davon entfallen 70 Prozent auf nur neun Unternehmen. Bei einem dieser Unternehmen handelt es sich um ein SB-Warenhaus, das hier im Vordergrund steht.

Die untersuchten Haushalte setzen bei diesem SB-Warenhaus bei mehr als 70 Prozent aller Einkaufsakte ein Bonusprogramm ein. Insgesamt haben fast 50 Prozent der Haushalte zumindest einmal im Jahr bei diesem SB-Warenhaus eingekauft. Davon sind wiederum knapp 60 Prozent Mitglieder in dessen Bonusprogramm. Um erste Aussagen über die Auswirkungen auf die Kundenbindung zu treffen, werden Nichtmitglieder und Mitglieder verglichen.

Aus diesem Vergleich wird deutlich, dass Mitglieder im Jahr mehr als 20 Einkäufe bei dem betrachteten Unternehmen tätigen, Nichtmitglieder hingegen nur vier. Darüber hinaus sind die Ausgaben je Einkauf bei Mitgliedern mit 29 Euro deutlich höher als bei Nichtmitgliedern mit 15 Euro. Mitglieder kaufen also nicht nur häufiger ein, sondern geben dabei auch mehr aus. Dies führt dazu, dass Mitglieder Ausgaben in Höhe von 570 Euro im Jahr aufweisen, Nichtmitglieder hingegen nur 75 Euro. Der Ausgabenanteil (Anteil der Ausgaben bei diesem Unternehmen an den Gesamtausgaben eines Haushalts) ist bei Mitgliedern mit 20 Prozent ebenfalls deutlich höher als bei Nichtmitgliedern mit drei Prozent.

Zwar zeigen diese Ergebnisse eine höhere Kundenbindung der Mitglieder auf, allerdings bleibt unklar, ob diese auf einen Selektions- oder einen Bindungseffekt zurückzuführen ist. Bei einem Selektionseffekt ist davon auszugehen, dass die höhere Kundenbindung der Mitglieder bereits vor dem Eintritt in das Bonusprogramm bestanden hat, bei einem Bindungseffekt ist anzunehmen, dass sie durch das Bonusprogramm entstanden ist.

Um diesen Aspekt zu überprüfen, eignet sich eine so genannte Längsschnittanalyse, die vergleicht, wie sich der Ausgabenanteil von Nichtmitgliedern, Mitgliedern mit alter Mitgliedschaft und Mitgliedern mit neuer Mitgliedschaft über einen Zeitraum von vier Quartalen entwickelt. Dabei sind Mitglieder mit neuer Mitgliedschaft solche Haushalte, die im zweiten Quartal in das Bonusprogramm eingetreten sind. Falls das Bonusprogramm einen Bindungseffekt erzeugt, sollte ihr Ausgabenanteil stärker ansteigen als der von Nichtmitgliedern. Die Untersuchung hat gezeigt, dass dies tatsächlich der Fall ist.

Anfangs starke Bindung schwächt sich ab
Nach dem Eintritt in das Bonusprogramm steigt der Ausgabenanteil von Mitgliedern mit neuer Mitgliedschaft deutlich an. Der Anstieg liegt zudem über dem der Nichtmitglieder, was für den Bindungseffekt des Bonusprogramms spricht. Allerdings ist dieser nicht für Mitglieder mit alter Mitgliedschaft zu beobachten. Bei ihnen sinkt der Ausgabenanteil im Zeitverlauf geringfügig. Der Bindungseffekt scheint also vor allem zu Beginn der Mitgliedschaft zu wirken und sich dann abzuschwächen.

Doch neben dem Bindungs- ist vor allem auch ein Selektionseffekt festzustellen. Mitglieder mit neuer Mitgliedschaft haben bereits vor dem Eintritt in das Bonusprogramm einen höheren Ausgabenanteil als Nichtmitglieder. Mitglieder mit alter Mitgliedschaft haben wiederum einen deutlich höheren Ausgabenanteil als solche mit neuer Mitgliedschaft. Da anzunehmen ist, dass dieser Unterschied nur zu einem geringen Teil auf den Bindungseffekt zurückzuführen ist, scheint der Selektionseffekt bei Mitgliedern mit alter Mitgliedschaft zu überwiegen.

Unterschiede bei den Haushalten
Also gehen vor allem solche Haushalte eine Mitgliedschaft ein, die ohnehin eine hohe Kundenbindung aufweisen, was dem Selektionseffekt entspricht. Weiterhin zeigt sich, dass jüngere Haushalte eine höhere Teilnahmebereitschaft aufweisen als ältere. Dies gilt auch für Haushalte, die bereits Mitglied in anderen Bonusprogrammen sind. Insofern bestätigt sich für das betrachtete Unternehmen nicht, dass Haushalte, die bereits Mitglied in anderen Bonusprogrammen sind, nicht mehr an weiteren Bonusprogrammen teilnehmen. Tatsächlich gelingt es, die Kundenbindung nach Beginn der Mitgliedschaft deutlich zu erhöhen, was zu zusätzlichen Umsätzen in Höhe von mehr als 60 Euro im Jahr führt.

Externer Kontakt: Dr. Steffen Müller
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2006, Seite 28

 
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