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Wo ist der Kunde?

Mehr als 70 Prozent aller Innovationen deutscher Unternehmen bringen nicht den erhofften Markterfolg oder erweisen sich sogar als Flops. Marktforschung kann die Risiken in Grenzen halten.

Die Hauptursachen für Fehlschläge sind falsch verstandene Marktanforderungen oder mangelnde Bedienerfreundlichkeit. Oft sind die Verbraucher schlichtweg mit der Neuerung überfordert. Vielfach wird versäumt, Innovationen optimal auf Kundenbedürfnisse auszurichten. Um zu vermeiden, dass Innovationen ihre Zielgruppe verfehlen, müssen sich Entwickler, Marketing- und Vertriebsfachleute mit Hilfe gezielter Marktforschung insbesondere mit einem auseinandersetzen: Den Gewohnheiten und Bedürfnissen ihrer potenziellen Kunden. Wer sich diese Informationen erschließt, gewinnt nicht nur wertvolle Erkenntnisse, sondern sichert auch die Vermarktung von Produktinnovationen langfristig erfolgreich ab.

Den Erfolg einer Innovation macht nicht die Technik aus. Vielmehr ist diese Mittel zum Zweck, um Kundenprobleme zu lösen, einen konkreten Bedarf zu decken sowie einen maßgeblichen Mehrwert zu bieten. Als Antwort auf Kundenbedürfnisse werden Innovationen idealerweise bereits im Entwicklungsprozess von Kundenanforderungen inspiriert. Ein erfolgreiches Beispiel hierfür ist etwa der tragbare Musik-Player iPod von Apple, der das Bedürfnis, „seine Lieblingsmusik zu hören, wo immer man möchte und dabei mobil und stylisch zu sein“, perfekt erfüllt.

Der Erfolg des iPod verdeutlicht vor allem, dass Kunden bereit sind, sich ihre Bedürfnisse etwas (mehr) kosten zu lassen, wenn sie von einem Produkt oder einer Dienstleistung tatsächlich abgedeckt werden. Das Beispiel iPod zeigt zudem, wodurch sich nahezu alle am Markt erfolgreichen Produktinnovationen auszeichnen: Sie wecken Emotionen, tragen positiv zur Imagebildung eines Unternehmens bei und werden im Idealfall zum festen Bestandteil einer Marke, wie bei Apple mit dem iPod oder bei Audi mit dem Allradantrieb Quattro. Mit anderen Worten: Eine Innovation muss auf die Marke einzahlen.

Weniger Technik kann auch mehr sein
Mit dem Ziel vor Augen, Kunden eine perfekte Lösung zu bieten, stellen Unternehmen häufig die Technik einer Innovation zu sehr in den Vordergrund – zu Lasten von Bedienerfreundlichkeit und Kundennutzen. So werden Innovationen fatalerweise mit einer unnötigen Vielzahl an Funktionen überladen. Dieses so genannte „Over-Engineering“ führt schlussendlich dazu, dass Produkte zu kompliziert in der Bedienung sind und damit den Bedarf der Anwender verfehlen. Weniger Technik bringt demgegenüber oft einen doppelten Vorteil: Einfache Anwendung und geringere Kosten.

Während beispielsweise viele Hersteller die Entwicklung multifunktionaler Multimedia-Handys forcierten, brachte der zweitgrößte Handyhersteller Motorola das Modell „Razr“ auf den Markt: Dieses zeichnet sich weniger durch seine Funktionsvielfalt als vielmehr durch geringes Gewicht sowie ein ultraflaches Design aus. Eine absolute Punktlandung in Sachen Kundenbedarf: Die „Razr“- Einführung ließ den Absatz der Motorola-Handys bis heute um rund 50 Prozent auf Rekordniveau steigen. Mit über 50 Mio. verkauften Geräten verbucht der amerikanische Konzern einen absoluten Branchenrekord.

Innovationen müssen nicht immer gleich eine Bahn brechende neue Technologie sein. Oft genügt es, ein bereits vorhandenes Produkt durch Zusatzleistungen und bessere Bewerbung und Vermarktung auf Kurs zu bringen. Das wahrscheinlich erfolgreichste Beispiel hierfür ist das in Europa führende Kundenbindungs- beziehungsweise Vielfliegerprogramm „Miles & More“ von Lufthansa, das seit der Einführung 1993 von zahlreichen Fluglinien kopiert wurde. Lufthansa hat mit „Miles & More“ den Grundstein für eine intensive und langfristige Partnerschaft mit seinen Passagieren gelegt. Mittels zielgruppengerechter Ansprache kann das Unternehmen den Wünschen und Erwartungen seiner Kunden treffsicher entsprechen – Kundenbedürfnisse und Innovation multiplizieren sich hier und erzielen einen langfristigen Mehrwert.

Kunden in die Innovationsentwicklung integrieren
Um Wettbewerbsvorteile aufzubauen, benötigen Unternehmen innovative Produkte und Services, die einen einzigartigen Kundenutzen bieten. Als Erfolgsgarant für die Entwicklung marktorientierter Produkte nimmt daher die frühe Einbindung von Kunden und damit die Marktforschung eine Schlüsselrolle ein.

Mit Hilfe von Kundenkonferenzen, so genannten „Focus Groups“, bietet sich beispielsweise die Möglichkeit, Innovationen in jedem Entwicklungsstadium bei potenziellen Kunden zu testen. Focus Groups sind moderierte Diskussionsrunden mit sechs bis zehn Teilnehmern, in denen diese gezielt zu einem Thema oder Produkt befragt werden. Marktforschungsinstitute unterstützen hier mit erfahrenen Moderatoren, um die Diskussion auf die wesentlichen Fragestellungen zu fokussieren sowie die Gruppendynamik zu fördern und zu steuern. Als besonders zielführend hat es sich erwiesen, Ingenieure ebenso wie Marketing- und Vertriebsfachleute in Focus Groups einzubinden und sie direkt mit den Rückmeldungen der Kunden zu konfrontieren. Auf diese Weise haben zum Beispiel Hersteller von Hörgeräten herausgefunden, dass für eine größtmögliche Akzeptanz bei der Zielgruppe die Geräte möglichst klein und kaum sichtbar sein müssen.

Gezielte Marktforschung liefert wichtige Informationen über die Bedürfnisse von Kunden, die Akzeptanz von Produkten und gibt Anhaltspunkte für das „Finetuning“ von Innovationen. Dabei empfiehlt es sich, Experten einzubeziehen, die mit System die gewonnenen Erkenntnisse aufschlüsseln, die Informationen mit den geeigneten Methoden erheben und dadurch die Erfolgschancen deutlich erhöhen.

Trotz des großen Potenzials dieses Instruments sollten Focus Groups nicht ausschließlich angewandt werden, da sie „nur“ qualitative Ergebnisse liefern. Um die aus Focus Groups gewonnenen Hypothesen abzusichern, ist oftmals eine repräsentative Erhebung notwendig: Je nach Produkt und Markt mit etwa 200 bis 500 Befragungen innerhalb der potenziellen Zielgruppen.

Navigation durch Marktforschung
Die frühzeitige Einbindung von Kunden in den Entwicklungsprozess zahlt sich aus, denn auf Kundenbedürfnisse ausgerichtete Innovationen können den Unternehmen in Verbindung mit einer professionellen Vermarktung nachhaltige Erfolge bescheren: Die Erschließung zusätzlicher Marktchancen, profitables Wachstum, Schaffung von Arbeitsplätzen, Reputation im Markt sowie Gewinnsteigerungen.

Um Marken langfristig auf Kurs zu halten, dürfen Innovationen keine „Einmalveranstaltung“ sein. Vielmehr kommt es darauf an, kontinuierlich die Relevanz von Kundenbedürfnissen als Ausgangspunkt von Innovationen zu messen. So wurde durch Marktforschung beispielsweise festgestellt, dass das Bedürfnis nach Spritsparen und Umweltschutz als Anforderung an Automobile kontinuierlich zugenommen hat. Die Antwort von Toyota darauf war der Hybridantrieb – eine Innovation, die die Marke signifikant nach vorne gebracht hat. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, wie wichtig es für die Inspiration und Entwicklung von Innovationen ist, professionelle Marktforschung frühzeitig und kontinuierlich mit einzubeziehen. Im Mittelpunkt steht dabei immer wieder die Frage, welche Kundenprobleme eine Innovation löst. Wie viele Marktforschungsprojekte zeigen, ist die präzise Beantwortung dieser Frage die beste Voraussetzung dafür, dass Fehlentwicklungen ausbleiben und aus Innovationen Markterfolge werden.

Externer Kontakt: Dr. Konrad Weßner, puls Marktforschung GmbH, Schwaig bei Nürnberg
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2006, Seite 20

 
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