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„Wandel als Chance“

„Die Banken und der Mittelstand – Partner im Wandel“: Unter dieses Motto hatte Dr. Rolf-E. Breuer, Sprecher des Vorstands der Deutschen Bank AG, seinen Vortrag beim 109. „Kammergespräch“ gestellt. Der Mittelstand ist mit einem Anteil von 95 Prozent der Firmenkunden und 75 Prozent der Erträge laut Breuer die tragende Säule des Firmenkundengeschäfts der Deutschen Bank, der größten deutschen Privatbank. Allein in der Region Nürnberg stammten 99 Prozent der Firmenkunden aus dem Mittelstand.
So räumte Breuer auch gleich zu Beginn seines Vortrags alle Bedenken aus, die Deutsche Bank wolle sich in Zukunft von ihren mittelständischen Kunden trennen. Im Gegenteil würde das Kreditgeschäft im Mittelstand bei einem jährlichen Zuwachs von elf Prozent sogar ausgeweitet. Kreditanträge von Mittelständlern würden gebündelt und in Form von Wertpapieren an Investoren vergeben, wodurch die Deutsche Bank in der Lage sei, die größte Mittelstandsbank zu bleiben, ohne ihre Bilanzsumme ständig auszuweiten.

Internet ersetzt nicht Bankfilialen
Breuer machte jedoch klar, dass sich der deutsche Mittelstand bei seinen Finanzierungsstrategien in Zukunft auf grundlegende Veränderungen einstellen müsse: „Die Banken und der Mittelstand befinden sich gleichermaßen im Wandel und ein Nachdenken über neue Finanzierungsformen ist unbedingt nötig“, erklärte Breuer.
Im Zuge zunehmender Globalisierung und dem Fortschreiten der Informations- und Kommunikationstechnologien haben sich die Märkte verändert und neue Konkurrenz hat den Weg nach Deutschland gefunden. Besonders die Banken haben laut Breuer diesen Wandel zu spüren bekommen und mittlerweile liege das traditionelle Bankgeschäft auch in Händen von Unternehmen, die ursprünglich in ganz anderen Bereichen tätig waren. Als Beispiel nannte Breuer die Finanzierungsmodelle von Autohäusern. Breuer unterstrich auch den Wandel im Kundenverhalten: Durch das Internet sind viele Geschäfte vor allem bequemer und billiger geworden. Zudem hat der Kunde im Internet direkte Vergleichsmöglichkeiten, wodurch das Internet-Geschäft besonders attraktiv ist. Trotzdem, so haben Untersuchungen der Deutschen Bank ergeben, wollen beispielsweise 60 Prozent aller Kunden weiterhin alle Zugangsmöglichkeiten zur Bank nutzen können, d.h. das Internet ersetzt nicht die Bankfilialen. Multi-Kanal-Vertrieb heißt hier vorerst also die Lösung. Besonders die Spezialisierung spiele zukünftig eine entscheidende Rolle: „Die Zeiten der Universal-Dienstleistungen sind vorbei. Multi-Spezialistentum unter einem Dach wird vom Kunden gewünscht“, so Breuer.

Zinsen sollen steigen
Breuer machte deutlich, dass vor allem kleine und mittelständische Unternehmen künftig ihre Finanzierungen mit Hilfe von Fremdkapital ändern müssten. So ist seiner Meinung nach das Kreditgeschäft mit dem Mittelstand für die Deutsche Bank nicht länger rentabel, weshalb die Konditionen geändert werden müssten. Die Kreditmarge sei in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Risikogerechtere, also höhere Zinsen bedeuteten laut Breuer aber nicht das Ende des Mittelstandes in Deutschland: „Zu hohe Zinsen haben noch keinen Mittelständler an seinem unternehmerischen Erfolg gehindert“, versicherte der Vorstandssprecher. In den USA oder den Niederlanden müssten Mittelständler mit zwei Prozent des Umsatzes bereits heute doppelt soviel für Kreditzinsen aufwenden wie die deutschen Unternehmen. Vorrangiges Ziel müsse die Stärkung der Eigenkapitalquote sein, die mit durchschnittlich 20 Prozent bei deutschen Mittelständlern im internationalen Vergleich sehr schwach ausfalle. Es sei aber falsch, aus einer niedrigen Eigenkapitalbasis eine Notwendigkeit für niedrige Zinsen abzuleiten, um fehlendes Eigenkapital durch langfristige Kredite zu ersetzen. Vielmehr müssten die Mittelständler stärker für eine Eigenkapitalzufuhr sorgen: „Der Markt für Beteiligungskapital hat sich in den letzten Jahren sprunghaft entwickelt und das Kapital wartet nur darauf, investiert zu werden. Es ist völlig falsch, in Deutschland von Kapitalnot zu sprechen“, sagte Breuer.

Basel II: Hysterie unangebracht
Die neuen Kreditrichtlinien „Basel II“, die 2005 in Kraft treten, begrüßte Breuer ausdrücklich. Während die Eigenkapitalunterlegung bei Krediten bisher generell acht Prozent betrug und die Bonität des Kreditnehmers dabei für die Banken keine Rolle spielte, sorge die Neuregelung „für eine überfällige Differenzierung im Kreditgeschäft“. Durch interne Ratings würde die Eigenkapitalunterlegung individualisiert und die Kreditwürdigkeit somit individuell bewertet. Für die Deutsche Bank seien diese Ratings jedoch nicht neu, sondern schon immer würden auch die so genannten „soft factors“, also beispielsweise das Unternehmenskonzept, die Strategie und die Marktanalyse bei der Kreditvergabe berücksichtigt. „Basel II muss man als Chance begreifen und darf nicht der Massenhysterie verfallen. Ich halte Basel II für einen großen Fortschritt und nicht für eine Bedrohung für den Mittelstand“, erklärte Breuer. Gute Kreditnehmer hätten die Chance auf günstige Zinskonditionen, Unternehmen mit größerem Risiko müssten in Zukunft zwar mehr für Kredite bezahlen, würden aber keinesfalls leer ausgehen.
Eine Idee, wie das private Kreditgewerbe gemeinsam mit der öffentlichen Hand eine marktwirtschaftliche Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen erreichen könnte, hatte Breuer beim „Kammergespräch“ mit im Gepäck: Ein Konsortium aus Privatbanken, Genossenschaftsinstituten, Sparkassen und Landesbanken solle ein Institut für die Finanzierung des Mittelstands gründen, das in Ergänzung zu staatlichen Instituten Gelder einwirbt und zu günstigen Konditionen an den Mittelstand weitergibt. Wenn der Mittelstand eine solche Förderung wünscht und das Aufsichtsamt zustimmt, könnte ein solches Konsortium sofort ins Leben gerufen werden.

Freundschaft mit „Nürnberger“
Angesprochen auf die Anteile der Deutschen Bank AG an der Nürnberger Versicherungsgruppe erklärte Breuer, die Deutsche Bank halte an ihren Plänen fest, einen Großteil des Anteils von 27,6 Prozent zu verkaufen, eine kleine Beteiligung wolle man „als Unterpfand der Freundschaft“ behalten. Die Einzelheiten werde man, wie mit der Nürnberger vereinbart, dann gemeinsam im nächsten Jahr bekannt geben. Ferner entkräftete Breuer Spekulationen, die Deutsche Bank wolle ein eigenes Allfinanz-Konzept erstellen. Breuer
erklärte, er selbst sehe die Fusion von Versicherungen und Banken nicht unbedingt als Optimum, er bevorzuge Konzepte, mit denen man ohne komplexe Fusionen das gleiche Ergebnis erzielen könne. ban.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2001, Seite 18

 
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