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Markenführung im Internet-Zeitalter

Das Internet ist aus modernen Konzepten der Markenführung nicht mehr wegzudenken. Für den Verbraucher sind Marken Navigationshilfen und Vertrauensanker im Dickicht der Informationen im e-commerce. Sie vermindern das Risiko von Fehlentscheidungen und senken Einkaufsbarrieren. Die Unternehmen haben erkannt, dass Kunden von Marken Präsenz im Internet erwarten. e-Branding ist jedoch keine Wunderwaffe, sondern ein ergänzender Baustein im Rahmen der Markenführung. Dieses Fazit zog Prof. Dr. Heribert Meffert, Direktor des Instituts für Marketing an der Universität Münster, auf der GfK-Jahrestagung 2001 in Nürnberg zum Thema „Markenführung im Wandel – e-Branding als Baustein moderner Marktkommunikation“.
„Die stetige Weiterentwicklung der Marke, eine klare Zielgruppenorientierung, ein einzigartiges und prägnantes Nutzungsversprechen, hohe Qualität, Flexibilität und Innovationskraft sowie Konsistenz werden im Zeitalter des Internet an Bedeutung gewinnen“, fasste Meffert die Ergebnisse von Studien zusammen, die er in Kooperation mit der GfK für die Jahrestagung durchgeführt hatte. Für die erfolgreiche Integration des e-Branding (Markenführung im Internet) in ein ganzheitliches Markenführungskonzept leitete er drei Prinzipien ab: Marke vor Medium: Die Marke bestimmt den Auftritt, nicht das Medium. Vernetzte Markenführung statt Markenführung im Netz: Erfolgreiches e-Branding erfordert die Verbindung mit anderen markenpolitischen Maßnahmen. Markenkenner vor Medienkenner: Die Sicherstellung der Markenorientierung und der instrumentellen Einbindung muss sich in der organisatorischen und personellen Verankerung der e-Branding-Aktivitäten widerspiegeln. Die Verantwortung für die Steuerung der Marke sollten diejenigen übernehmen, die „von oben“ den besten Überblick haben: „Markenführung ist Chefsache“, so Meffert.

VW: Mehrmarkenstrategie im Wandel
„In einer Gesellschaft, die sich durch den ausgeprägten Wunsch nach umfassender Information sowie Entertainment auszeichnet, suchen die Menschen verstärkt nach Orientierung und klaren, trennscharfen Kommunikationsinhalten“, erklärte Dr. Robert Büchelhofer, Vorstand für Vertrieb und Marketing der Volkswagen AG, auf der GfK-Jahrestagung. Der Volkswagen-Konzern begegne diesen Bedürfnissen mit der Mehrmarkenstrategie. Ihr Kern sei die Schaffung von starken, auf einem klaren Wertesystem verankerten Markenpersönlichkeiten, mit emotionaler Faszination. Voraussetzung für den Erfolg der Mehrmarkenstrategie seien Konsistenz und Kontinuität in der Markenführung, von den Produkten bis zu den Markenerlebniswelten. Derzeit biete der Volkswagen-Konzern mit seinen neun Marken über 60 Modelle an.
Kristallisationspunkt der Mehrmarkenstrategie ist die Autostadt in Wolfsburg, die seit ihrer Eröffnung im Juni 2000 bereits mehr als zwei Mio. Besucher zählt. Ein weiteres Beispiel ist die in Dresden angesiedelte „Gläserne Manufaktur“ für das neue Oberklasse-Modell von Volkswagen. Der Kunde kann hier die letzten Phasen der Herstellung seines Fahrzeuges begleiten.

Mobilitätsdienstleistungen online
Dem wachsenden Wunsch nach Zusatzdienstleistungen komme VW durch neue und weitreichende Aktivitäten als „Mobilitätsdienstleister“ nach. Mit den Mobile Services unter www.volkswagen.de wolle Volkswagen die Kundenbindung intensivieren. Man biete den Nutzern kostenlosen Service zu allem, was mit Mobilität zu tun hat. Beispiele dafür sind das Angebot einer individuellen Reiseplanung, in der Routendaten, Übernachtungsmöglichkeiten und Infos zu den günstigsten Tankstellen miteinander verknüpft sind. Weitere Portale wie zoon.com und autolernwerkstatt.de dienen der frühzeitigen Bindung von Kindern und Jugendlichen an die Marke Volkswagen.

Erfolgsgeschichte Amazon
Maßgeblicher Faktor des Erfolgs einer Online-Marke ist nach Ansicht von Gesine Reimerdes, Marketing-Direktorin bei amazon.de, in erster Linie die Markenbekanntheit. Diese müsste allerdings mit positiven Faktoren wie Sympathie, Vertrauen sowie mit der Qualität des Produkt- oder Serviceangebots kombiniert sein. amazon.com habe sich innerhalb von fünf Jahren als eine der Top 50 Marken etabliert. Zunächst waren es Internet-Nutzer, die die Seite anderen weiterempfahlen. Es folgte eine PR-Kampagne, in deren Mittelpunkt Amazon-Chef Jeff Bezos stand. Anfangs betrieb Amazon Werbung ausschließlich online. Erst später wurden klassische Medien genutzt.
Für den eigentlichen Markenaufbau wurden alle verfügbaren Kommunikationsinstrumente wie beispielsweise die Website, ein Call Center oder auch klassische Werbeinstrumente entsprechend der Positionierung „die einfachste und beste Art, Medienprodukte einzukaufen“ ausgerichtet. Neben Zusatzleistungen wie dem sofortigen Versand oder der Auslieferung in Form von Geschenken habe der Kunde die Möglichkeit, sein Anliegen über den rund um die Uhr erreichbaren Customer-Service schnell und individuell abzuwickeln. Informationen über die Bekanntheit und Reichweite von amazon.de und seiner Konkurrenten würden systematisch analysiert. Das gelte auch für Informationen zur Zufriedenheit von Kunden.

Verknüpfte Markenkommunikation
Beth Rounds, Customer Research Inc., USA, hat beobachtet, dass Marken in den neuen Medien eine möglicherweise noch bedeutendere Rolle spielen werden als bisher in den klassischen Medien. Marken repräsentierten in der Regel Qualität, sie stünden für Sicherheit und transportierten Informationen. In der virtuellen Welt des Internets komme diesen Faktoren noch größere Bedeutung zu als in der Welt physischer Produkte. Marken der Old Economy mit hoher Reputation verschaffen nach Rounds auch im Internet einen großen Vorsprung. Entsprechende Vorteile hätten die Unternehmen, die bereits erfolgreiche Markenstrategien realisiert haben. Das Internet sei ein weiteres Werkzeug für Markenhersteller, um mit ihren Käufern und Verbrauchern generell zu kommunizieren. gru.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2001, Seite 20

 
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