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Entscheidender Faktor des 21. Jahrhunderts

Als am 11. September Terroristen die beiden Türme des World Trade Centers in New York zerstörten, hat sich die Welt verändert. Trauer und Wut, ein banges „Was kommt als nächstes?“ und ein hilfloses „Warum?“ prägen unsere Gefühle und Gedanken seither. Und jenseits der Jagd nach den Tätern und Hintermännern stellt sich uns mehr denn je die Frage, was wir unternehmen können gegen Hass, Aggression und Intoleranz, die sich auf vielfältige Weise in unser Leben einschleichen.

Was kann die Wirtschaft tun? Sie muss dazu beitragen, ein Klima des Vertrauens zu schaffen, im Betrieb wie in ihrem gesellschaftlichen Umfeld, lokal wie global. Vom Vertrauen hängt schließlich ab, in welchem Maße die Menschen gesellschaftliche Normen und humanistische Werte teilen und sich diesen unterordnen. Soziologen sprechen bei Vertrauen neuerdings auch von „sozialem Kapital“. Sie unterstreichen damit dessen wachsende Bedeutung in einer ökonomisierten Welt, die von Finanz- und Humankapital geprägt ist. Einer Welt, in der Schlagwörter vom „Terror der Ökonomie“ bei verunsicherten Menschen auf fruchtbaren Boden fallen.

Wie kann die Wirtschaft Vertrauen schaffen? Sie muss sich als Teil der Gesellschaft begreifen und sich über die Bereitstellung von Arbeitsplätzen hinaus engagieren. Gerade mittelständische Firmen, die mit ihrem sozialen Milieu verwoben sind, haben eine beachtliche Neigung zu gesellschaftlichem Engagement. Ohne sie wäre das für Deutschland so typische Vereinsleben kaum denkbar. Sportausrüster sponsorn die Trikots für die E-Jugend, Gerüstbauer stellen ihren VW-Bulli für die Fahrten zum Wettkampf am Wochenende zur Verfügung, Einzelhändler stiften Sachpreise für die Weihnachtstombola.

Derweil richten Konzerne wie Daimler, Siemens und die Deutsche Bank neuerdings eigene Corporate Citizenship-Abteilungen ein. Diese Unternehmen wollen sich als Staatsbürger verstehen, als „Corporate Citizens“, wie es in angelsächsischen Ländern heißt. Das Bauen von Kinderspielplätzen, die Kooperation mit Schulen oder Projekte gegen Fremdenfeindlichkeit werden zum Bestandteil von Unternehmensstrategien.

Das wachsende gesellschaftliche Engagement seitens der Wirtschaft erfolgt durchaus aus eigennützigen Motiven – und dies ist gut so, da allein auf diese Weise Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit gesichert werden. Getreu dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ kommunizieren viele ihre Wohltaten. Gesellschaftlich aktive Firmen sind zudem für Mitarbeiter attraktiver. Und sie schaffen in ihrem Umfeld soziales Kapital und werten so ihren Standort auf. Gesellschaftlich aktive Unternehmen schaffen eine Win-win-Situation, bei der alle profitieren.

Geistige Anleihen lassen sich übrigens beim Vater der sozialen Marktwirtschaft ziehen. Für den Franken Ludwig Erhard hatte der tiefe Sinn der sozialen Marktwirtschaft gerade darin gelegen, „das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs und der sittlichen Verantwortung jedes Einzelnen dem Ganzen gegenüber zu verbinden“.

Initiative Freiheit und Verantwortung nennt sich auch eine Einrichtung der vier Spitzenverbände BDI, BDA, DIHK und ZDH zusammen mit der WirtschaftsWoche, die sich die Verbreitung von Corporate Citizenship zum Ziel setzt. Und UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den Global Compact ins Leben gerufen, eine Initiative, die Unternehmen zu partnerschaftlichem Handeln in der Dritten Welt anregt.

Hass, Aggression und Intoleranz sind keine unabänderlichen Naturgegebenheiten. Wir können etwas dagegen unternehmen. Für eine lebenswerte Welt.
Autor/in: Dr. Christian Ramthun,Christian Ramthun arbeitet als Autor bei der WirtschaftsWoche in Berlin. Er ist Mitinitiator der Initiative Freiheit und Verantwortung der deutschen Wirtschaft unter Schirmherrschaft von Bundespräsident Rau.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2001, Seite 16

 
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