Telefon: +49 911 1335-1335

Die Eigenkapital-Basis zerbröselt, die Politik muss jetzt gegensteuern

Die Unternehmen in Deutschland beginnen, sich auf die Anforderungen von Basel II und Rating einzustellen. Um die Ratings erfolgreich zu absolvieren, fordern sie jedoch von der Steuerpolitik durchgreifende Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalbildung. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der bisher größten deutschlandweiten Umfrage zu diesem Thema, die die IHK-Organisation im Herbst 2002 durchgeführt hat. Geantwortet haben 20 000 Unternehmen, davon über 400 aus Mittelfranken.

31 Prozent aller kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland mussten im letzten Jahr eine Verschlechterung ihrer Kreditkonditionen oder Kreditkürzungen hinnehmen. Die Anforderungen an Sicherheiten sind oftmals gestiegen, Zinssätze wurden erhöht, Laufzeiten verringert und zum Teil wurden sogar Kreditanträge abgewiesen.

Günstigere Lage in Mittelfranken
Im Bezirk der IHK Nürnberg für Mittelfranken liegt die Quote der Unternehmen, die über Probleme mit der Kreditversorgung berichten, mit 23 Prozent noch günstiger. Für 77 Prozent der mittelfränkischen Unternehmen sind die Konditionen also gleich geblieben oder haben sich gar verbessert.

Mit dem aufkommensorientierten Drehen an der Steuerschraube wirft die Bundesregierung den Unternehmen nach Auffassung der IHK-Organisation jedoch neue Knüppel zwischen die Beine, kaum dass diese sich konstruktiv und offensiv auf die neuen Finanzierungsbedingungen einzustellen beginnen. Erkennbar nehmen die Ängste mittelständischer Unternehmen vor Basel II ab. Sie kalkulieren zunehmend kühl ihre Chancen und Risiken: Die Betriebe wollen in den nächsten Jahren zu einem großen Teil konzentriert Schwachstellen insbesondere bei der Unternehmensplanung und –kontrolle sowie beim Thema Eigenkapital angehen.

Geringe Eigenkapitalquote als Achillesferse
Die durchschnittliche Eigenkapitalquote liegt in Deutschland bei 18 Prozent, das ist im internationalen Vergleich äußerst niedrig. In den USA, aber beispielsweise auch in den Nachbarländern Belgien oder Niederlande, liegt die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Unternehmen bei etwa 40 bis 50 Prozent. Wie wichtig eine verstärkte Eigenkapitalbildung aus Unternehmensgewinnen wäre, zeigt sich auch in den Angaben der mittelfränkischen Befragten der Sonderumfrage zur Mittelstandsfinanzierung sowie unter den Teilnehmern des „Rating-Fitness-Checks“ auf der IHK-Homepage (www.ihk-nuernberg.de), mit dem die Firmen testen können, wie gut sie auf das Rating vorbereitet sind: 36 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage gaben ihre Eigenkapitalquote mit unter 20 Prozent an. Bei den Teilnehmern am „Rating-Fitness-Check“, den in den letzten vier Monaten rund 900 Unternehmer vollständig durchgeführt haben, waren es sogar 61 Prozent.

Aus Sicht von 42 Prozent der Betriebe in Deutschland ist gerade die vermehrte Bildung von Eigenkapital ein unverzichtbarer Grundpfeiler ihrer Vorbereitung auf Basel II. Dagegen verstärkte sich in den letzten Wochen der Eindruck, dass der Gesetzgeber derzeit alles unternimmt, um den Unternehmen die Bildung von Eigenkapital durch seinen fiskalischen Zugriff unmöglich zu machen. Die Umfrage zeigt des Weiteren, dass sich die Unternehmen konkret auf Basel II einzustellen beginnen: 46 Prozent der Betriebe in Deutschland (47 Prozent in Mittelfranken) wollen ihre Unternehmensplanung und -kontrolle verbessern; 35 Prozent (Mittelfranken: 34 Prozent) planen, die Transparenz gegenüber und die Kommunikation mit den Kreditinstituten zu verbessern. Bankenwechsel und externes Rating spielen für die Unternehmen in Mittelfranken mit zusammen 14 Prozent Nennungen als mögliche Maßnahmen eine nur nachrangige Rolle.

Insgesamt sind es 50 Prozent der Unternehmen, die Basel II jetzt als Chance begreifen: Sie erhoffen sich nach den Vereinbarungen vom Sommer 2002, die den Mittelstand entlasten, für ihre Kredite bessere Konditionen. Und sie stellen sich darauf ein, durch Rating-Verfahren frühzeitig Probleme in ihren Unternehmen erkennen und ausräumen zu können. Die andere Hälfte der Unternehmen sieht für sich die Gefahr, dass sie verschlechterte Kreditkonditionen unter Basel II erhalten wird. Zudem besteht hier oftmals die Furcht vor zu großer Einflussnahme durch die Banken. Auch in Mittelfranken ergab sich ein äußerst ausgewogenes Urteil: Für 32,5 Prozent überwiegen die Chancen, für ebenfalls 32,5 Prozent die Risiken, und 35 Prozent der Befragten sehen weder ein Übergewicht der Chancen noch der Risiken. Der Umfrage zufolge ist Basel II somit offenkundig nicht länger das Schreckgespenst des Mittelstandes.

Wirtschaft wartet auf Befreiungsschlag
Nun ist ein arbeitsmarkt- und steuerpolitischer Befreiungsschlag dringend erforderlich: „Die Politik muss endlich die Weichen dafür stellen, dass die Unternehmen das notwendige Eigenkapital – nach der Besteuerung – wieder selbst aufbauen können“, fordert Dr. Dieter Riesterer, Hauptgeschäftsführer der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Ein schlüssiges Reformkonzept, das Aufbruchstimmung erzeugt, sei bisher nicht erkennbar. Insgesamt gelte der Satz: Eine vernünftige Wirtschaftspolitik ist der beste und der einzig sinnvolle Weg, um die Finanzierungssituation der Unternehmen zu verbessern.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2003, Seite 12

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick