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Pessimistische Geschäftsaussichten für 2003

Die mittelfränkische Wirtschaft verharrt im konjunkturellen Tief. Bei einer gegenüber dem vergangenen Herbst unverändert schwachen Geschäftslage fehlen Impulse für eine Belebung. Endverbraucher und Unternehmen stellen Konsum- und Investitionsausgaben noch immer zurück. In dieser Situation, die von sinkenden Aufträgen und Umsatzrückgängen gekennzeichnet ist, haben die wirtschaftlichen und politischen Ereignisse und Diskussionen der letzten Monate für erhebliche Verunsicherung gesorgt und einen Absturz der Geschäftsaussichten in den mittelfränkischen Unternehmen bewirkt. Dieses Umfeld bestärkt die starken Zweifel der Unternehmen aller Branchen an einer schnellen Erholung. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der Frühjahrsumfrage der IHK Nürnberg für Mittelfranken.

Klima deutlich abgekühlt
Von den befragten Unternehmen beurteilen 38 Prozent ihre derzeitige wirtschaftliche Situation als schlecht, etwa die Hälfte (52 Prozent) zeigen sich mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden, zehn Prozent bezeichnen sie als gut. Der daraus resultierende Saldo aus „gut“- und „schlecht“-Meldungen von minus 28 Prozentpunkten liegt auf dem genau gleichen Niveau wie im Herbst 2002, als ein Rekordtief erreicht wurde. In der Frage nach den Aussichten für die nächsten Monate stürzt der Anteil der Optimisten, die mit einer Verbesserung ihrer Situation rechnen, gegenüber dem vergangenen Herbst um zwölf Prozentpunkte von 21 auf neun Prozent ab, dagegen erwarten inzwischen 32 Prozent (Herbst: 18) eine Verschlechterung. So liegt der Saldo der Geschäftserwartungen bei minus 23 Prozentpunkten und damit auf dem niedrigsten Niveau seit über zehn Jahren. Das Geschäftsklima in Mittelfranken hat sich zum Jahresbeginn 2003 also merklich abgekühlt.

Die Industrie kann sich noch auf die – jedoch ebenfalls wenig lebhafte – Auslandsnachfrage als stabilisierenden Faktor stützen, die allerdings nach Ansicht der Befragten auch 2003 nicht ausreichen wird, um die rückläufigen Auftragseingänge aus dem Inland zu kompensieren. Kein Licht am Ende des Tunnels sieht die Bauwirtschaft, die zum Umfragetermin im Frühjahr zusätzlich zu den strukturellen Problemen auch saisonal bedingt über eine weitere Eintrübung des Geschäftsklimas berichtet. Noch schwieriger als im Verarbeitenden Gewerbe und gegenüber dem vergangenen Herbst noch einmal verschärft zeigt sich die aktuelle Geschäftslage im Handel. Das Stimmungstief verursachen im Frühjahr 2003 aber nicht nur die zurückhaltenden Verbraucher; auch die unternehmensnäheren Großhändler und Handelsvertretungen sind von Umsatzeinbußen betroffen. Eine stabilisierende Rolle innerhalb der mittelfränkischen Wirtschaft haben die Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor inne. Einer Reihe von Dienstleistungsunternehmen kommt offenbar zugute, dass die Nachfrage nach einigen ihrer Dienste relativ konjunkturunabhängig ist. Dies gilt innerhalb des sehr heterogenen Sektors wiederum eher für den Beratungsbereich oder die aus Industriebetrieben ausgegliederten technischen und Kommunikations-Dienstleistungen, nicht jedoch für den Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung.

Angesichts der weiterhin schwachen Wirtschaftsdynamik plant eine Mehrheit der Befragten aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungen in den kommenden Monaten mit niedrigeren Investitionsbudgets als im Vorjahr. Spiegelbildlich zu den Investitionsplänen entwickeln sich immer auch die Beschäftigungspläne.

Trend zur Verlagerung ins Ausland
Da die konjunkturelle Situation in ganz Deutschland von einer anhaltenden Konsum-, Investitions-, Beschäftigungs- und Wachstumsschwäche gekennzeichnet ist, widmeten sich zusätzliche Fragen der IHK-Konjunkturumfrage dem Thema „Investitionen im Ausland“. Dabei gaben neun Prozent aller Befragten an, in den vergangenen drei Jahren Investitionen zur (Teil-) Produktionsverlagerung ins Ausland getätigt zu haben. Vorreiter waren Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe und der Bauwirtschaft (14 Prozent), im Handel spielten Auslandsinvestitionen nur eine deutlich geringere Rolle (vier Prozent), in den übrigen Dienstleistungsbranchen gar keine (0 Prozent). Die Frage nach den in den nächsten drei Jahren geplanten Auslandsinvestitionen deutet sowohl auf einen Anstieg als auch auf eine strukturelle Veränderung hin: In 13 Prozent aller befragten Unternehmen gibt es konkrete Pläne für ausländische Engagements; innerhalb von Industrie und Bau sind es 18 Prozent, im Handel fünf Prozent, in den Dienstleistungen jedoch 22 Prozent. Gerade der Anstieg bei den Dienstleistern zeigt, dass selbst die unter Einsatz hochqualifizierter Fachkräfte erstellten Leistungen (etwa die Entwicklung von Software oder technische Analysen) nicht an den Standort des Nachfragers gebunden sind, sondern heute weltweit erstellt und lokal angeboten werden können.

Hauptzielregionen dieser Investitionen sind Osteuropa (63 Prozent aller Nennungen, darunter 25 Prozent Tschechische Republik) sowie Fernost (25 Prozent, darunter die VR China mit 15 Prozent). Die Aufnahme der Produktion soll Kosten sparen (40 Prozent); wichtig sind jedoch auch Investitionen in Vertrieb und Kundendienst (32 Prozent). Ins Bild passen ebenso die Antworten zum Hauptmotiv der (mindestens teilweisen) Produktionsverlagerung: 52 Prozent nennen die Höhe der Arbeitskosten, also das Niveau von Lohn- und Lohnzusatzkosten, als wichtigsten Standortnachteil Deutschlands, weitere 30 Prozent die Höhe von Steuern und Abgaben.

Diese Antworten verdeutlichen nach Auffassung der IHK den dringenden wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf in Deutschland: Höhere Steuern und Lohnzusatzkosten sind nicht geeignet, um Rahmenbedingungen für eine Wirtschaftsbelebung zu schaffen. Auch höhere Löhne, die oft mit dem Kaufkraft-Argument begründet werden, verschärfen das deutsche Wachstumsproblem, zumal auf Grund der hohen Abgabenlast nur ein Bruchteil der Einkommenszuwächse in den inländischen Konsum fließen könnte. So wird ein Aufschwung, der sich nicht alleine auf eine weltwirtschaftliche Erholung stützt, nur dann in Gang kommen, wenn die Politik in Deutschland endlich die viel zu lange aufgeschobenen Reformen im Steuersystem, bei der sozialen Sicherung und im Arbeitsrecht systematisch statt punktuell angeht.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2003, Seite 24

 
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