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Die Sankt-Florians-Abgabe

Kommentar von DIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Wansleben

Der Gesetzentwurf zur Ausbildungsplatzabgabe atmet den Geist einer Unternehmerschelte. Er hilft nicht den Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen. Viele Unternehmen würden sehr gerne mehr ausbilden, wenn es die wirtschaftliche Situation zuließe und geeignete Bewerber vorhanden wären. Bezeichnend ist, dass immer mehr Bundesministerien, Länderregierungen, Kommunen und Gewerkschaften Ausnahmeregelungen für ihren eigenen Verantwortungsbereich fordern. Die Ausbildungsplatzabgabe mutiert so zu einer Sankt-Florians-Abgabe. Statt die Abgabe zu verhindern, werkelt alle Welt daran, nicht von ihr erfasst zu werden. Das zeigt, dass das Vertrauen in das Instrument selbst bei den Befürwortern einer Abgabe denkbar gering ist.

Wenn der Gesetzentwurf jetzt die Ausnahmemöglichkeiten für tarifvertragliche Regelungen großzügiger fasst als in der Vorlage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, müssen auch analoge Ausnahmeregelungen für regionale Lösungen möglich sein. Denn Ausbildungsmärkte sind regionale Märkte; Probleme können nur vor Ort gelöst werden. Der Gesetzentwurf verkennt diesen Sachverhalt und gefährdet den Fortbestand zahlreicher regionaler Kooperationen.

Der Gesetzentwurf zeigt, wie schwierig es ist, einen Markt per Gesetz zu regulieren. Immer differenziertere Regelungen führen nicht zu mehr Einzelfallgerechtigkeit, sondern direkt in die Bürokratiefalle. Bezeichnend ist, dass der Vollzugsaufwand im Gesetzentwurf nicht beziffert wird, von den Bürokratiekosten in den Unternehmen ist überhaupt nicht die Rede. Bürokratieaufbau statt Bürokratieabbau – dieses Signal weist in die falsche Richtung.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2004, Seite 32

 
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