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Siemens-Chef v. Pierer erhielt IHK-Ehrenmedaille

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IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt überreichte die IHK-Ehrenmedaille an Dr. Heinrich v. Pierer. (Foto: Fuchs)

Im Rahmen des 118. Kammergesprächs der IHK Nürnberg für Mittelfranken am 1. April bekam Dr. Heinrich v. Pierer, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, von IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt die IHK-Ehrenmedaille verliehen. Ausgezeichnet wurde v. Pierer für seine besonderen Verdienste um die Region Nürnberg. Mit rund 34 000 Mitarbeitern und gut 1 000 Auszubildenden am Standort ist Siemens der wichtigste Arbeitgeber in der Region. Weltweit beschäftigt Siemens 414 000 Mitarbeiter, davon 165 000 in Deutschland. Die IHK-Ehrenmedaille wird jährlich vergeben und ist die höchste Auszeichnung der IHK. In seiner Laudatio würdigte Schmidt den gebürtigen Erlanger als Spitzenmanager und einen der wichtigsten Wirtschaftsführer der Welt: „Mit allergrößtem Respekt sehen wir Ihre unternehmerischen Leistungen.“ Ferner verwies der IHK-Präsident auf den großen Beitrag, den die Siemens-Geschäftsbereiche in der Region Nürnberg für die wirtschaftlichen Kernkompetenzen Mittelfrankens leisten. Dies gelte auch für Forschung und Entwicklung als wichtigen Baustein der Innovationsregion, für den Technologietransfer mit den Hochschulen und das „Medical Valley Erlangen“, das ohne die Siemens AG nicht denkbar wäre.

Verlagerung von Arbeitsplätzen
Das Kammergespräch stand unter dem Thema „Deutschland auf Kurs bringen – Innovationskraft stärken“. Heinrich v. Pierer, der sich nach eigenen Worten in Franken „sauwohl“ fühlt, ging zu Beginn seiner Rede auf die aktuelle Debatte über die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland ein. Er versicherte, dass er um jeden Arbeitsplatz in Deutschland kämpfen werde. Das könne jedoch nur gelingen, wenn man die Kosten in den Griff bekomme, und zwar durch Flexibilität in den Vereinbarungen über Löhne und Arbeitszeiten. Er scheue sich auch nicht, den Flächentarifvertrag aufzubrechen. Wo Stellen bedroht seien, müsse man zur 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich zurückkehren. Der letzte Tarifabschluss im Metallbereich, daran ließ v. Pierer keinen Zweifel, sei zu hoch ausgefallen. „Eine Tariferhöhung von nur einem Prozent kostet Siemens jährlich 100 Mio. Euro. Das sind 1 500 Arbeitsplätze“. Im Zuge der Globalisierung sei es aber auch notwendig, dass man mit der Produktion dorthin gehe, wo die Kunden sind. Ferner könne man weder den Unternehmen noch den Kunden verübeln, dass sie das jeweils günstigste Angebot auswählten. Insofern sei die Debatte um mangelnden Patriotismus absurd. Allerdings wäre es für ihn schwer nachzuvollziehen, so v. Pierer in anekdotisch lockerem Ton, warum bei einer Siemens-Betriebsversammlung als Hauptpreis eines Gewinnspiels das Handy des Konkurrenten Nokia ausgelobt wurde.

Anstrengen am Standort Deutschland
Insgesamt sieht v. Pierer den Standort Deutschland vor große Herausforderungen gestellt. Vor allem komme es darauf an, die aktuelle Wachstumsschwäche zu überwinden. Wachstum finde zur Zeit nicht innerhalb Deutschlands, sondern außerhalb unseres Landes statt. Es sei eine Fehleinschätzung, dass der Titel „Exportweltmeister“ die wirtschaftliche Stärke Deutschlands belegen würde. „Exportweltmeister kann man auch sein, wenn man viel zukauft, die eigene Wertschöpfung aber gegen Null geht“, so v. Pierer. Auch der hohe Euro-Kurs erzeuge entgegen anderslautenden Stimmen starken Druck auf die deutschen Unternehmen. Zwar ginge der größte Teil der Exporte in die Euro-Zone, man sei jedoch bei jedem dieser Aufträge der weltweiten Konkurrenz ausgesetzt. Ein weiterer Irrglaube sei es, die schwache Binnennachfrage durch höhere Löhne und höhere Staatsausgaben beleben zu können. Der Siemens-Chef verglich diese Auffassung mit der Lügengeschichte von Baron Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht. Das Geld müsse erst verdient werden, bevor man es ausgeben könne.

Trotz vielfältiger Defizite am Standort Deutschland, von den Arbeitslosenzahlen über die Probleme der Sozialsysteme bis zu den Steuersätzen will v. Pierer keinen Pessimismus aufkommen lassen. „Wir haben keinen Grund, uns zu verstecken, aber wir müssen uns anstrengen.“ Wenn wir in Deutschland schon der teuerste Standort seien, dann müssten wir auch der beste sein. Entscheidender Wettbewerbsvorteil, mit dem Deutschland seine hohen Kosten kompensieren müsse, seien die Innovationen. In diesem Zusammenhang verteidigte er die Innovationsoffensive des Bundeskanzlers, die er als substanziellen Beitrag zur Problemlösung und nicht als Schaumschlägerei verstanden wissen will. Kritik übte er jedoch an der geplanten Ausbildungsplatzabgabe, die er als grundfalsch bezeichnete, selbst wenn Siemens über Bedarf ausbilde und davon nicht betroffen wäre.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2004, Seite 33

 
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