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Mittelfranken bereits stark in den Beitrittsländern präsent

Die Erweiterung der Europäischen Union um zehn auf jetzt 25 Staaten am 1. Mai wurde europaweit gebührend gefeiert. Auch in Nürnberg fand eine „EU-Erweiterungs-Party“ im „Business Tower“ statt, an der neben IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt und den Oberbürgermeistern der vier großen Städte Mittelfrankens auch zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie des Diplomatischen Corps teilnahmen.

Die größte Erweiterung der EU in ihrer fast 50-jährigen Geschichte bringt zahlreiche Veränderungen mit sich, wobei besonders in wirtschaftlicher Hinsicht die Vorteile weit schwerer wiegen als die zweifellos auch vorhandenen Nachteile und Herausforderungen, so die IHK.

Wachsender Wirtschaftsaustausch
Wirtschaftlich bietet der Markt im Osten herausragende Absatzchancen: Die Bevölkerung der EU wächst mit den zehn neuen Mitgliedsstaaten um 20 Prozent oder 75 Mio. Menschen auf jetzt 452 Mio. Einwohner. Die Kaufkraft der Bevölkerung in den neuen EU-Partnerländern erreicht knapp die Hälfte des bisherigen EU-Durchschnitts, während die Wachstumsrate in den zehn neuen Mitgliedsländern sechs Prozent pro Jahr beträgt. Beide Faktoren begünstigen naturgemäß das Absatzpotenzial der deutschen Unternehmen, die schon bisher kräftig vom Handel mit den Beitrittsländern profitieren. Im vergangenen Jahr sind dorthin deutsche Waren im Wert von 56,5 Mrd. Euro geliefert worden (5,7 Prozent mehr als 2002). Stärker noch stieg der Import aus den Beitrittsländern an, nämlich um zehn Prozent auf 57,3 Mrd. Euro. Insgesamt erreichte die deutsche Ausfuhr 2003 nur ein Plus von 1,6 Prozent, die Einfuhr von 2,6 Prozent. Wichtigste Handelspartner in der östlichen Wachstumsregion waren Tschechien, Polen und Ungarn. Das überdurchschnittliche Wachstum des Warenaustausches mit den neuen EU-Beitrittsländern – Vervierfachung in den letzten zehn Jahren – sorgte dafür, dass diese Länder mittlerweile 8,5 Prozent aller deutschen Ausfuhren aufnehmen und 10,8 Prozent aller deutschen Einfuhren von dort kommen, so dass Mittelosteuropa als Handelspartner mittlerweile eine Bedeutung vergleichbar mit den USA erlangt hat.

„Wenn besonders die deutschen Importe aus den EU-Beitrittsländern hohes Wachstum aufweisen, so ist das keineswegs beunruhigend“, so der Stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Albrecht Buchwald. Denn kostengünstige Zulieferungen von Vorprodukten oder Komponenten ermöglichten den deutschen Unternehmen einen „Kosten-Mix“, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessert und somit (teure) Standorte im Inland sichern hilft.

Beim Engagement in den EU-Beitrittstaaten ist die Wirtschaft der Region Nürnberg vorn mit dabei. Schon jetzt sind über 1 100 der insgesamt 2 500 mittelfränkischen Außenhandelsunternehmen im östlichen Mitteleuropa aktiv. Das entspricht einer Zunahme von 20 Prozent innerhalb von nur zehn Jahren. 325 mittelfränkische Firmen haben sich im Osten dauerhaft engagiert, was einer Verdoppelung im Vergleich zum Stand von 1993 entspricht.

Besonders stark nahm das mittelfränkische Engagement in den Baltischen Staaten (plus 100 bis plus 142 Prozent) zu. Spitzenreiter mit plus 174 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich ist Slowenien. Aber auch die Tschechische Republik (plus 124 Prozent), die Slowakei (plus 62 Prozent) sowie Polen (plus 46 Prozent) und Ungarn (plus 24 Prozent) sind mit großen Wachstumsraten näher an Mittelfranken herangerückt.

Natürlich gibt es auch wirtschaftliche Konsequenzen der EU-Erweiterung, die hiesigen Firmen zu schaffen machen: Durch Grenzöffnung, beginnende Arbeitnehmerfreizügigkeit, unterschiedliche Standards in Sozialpolitik, Umweltschutz und anderen wichtigen Faktoren sowie durch das vorhandene große Lohn-, Steuer- und Regulierungsgefälle wird die heimische Wirtschaft vor neue und große Herausforderungen gestellt, die sie unglücklicherweise nur zum Teil durch Eigeninitiativen in den Griff bekommen kann.

Um so mehr wird es nach Worten Buchwalds darauf ankommen, dass Unternehmensstrategien hinsichtlich Absatz, Produktion und Zulieferung an die neue Lage angepasst und neue Partner gefunden werden, die diese Risiken verringern helfen und eine Nutzung der vorhandenen Chancen ermöglichen. Vor allem kapitalintensive und innovative Produkte sowie unternehmensnahe Dienstleistungen von hoher Qualität werden steigende Absatzchancen in Mittelosteuropa haben. Die neuen Beitrittsländer werden ihre Infrastruktur rasch aufbauen und modernisieren, so dass deren Bevölkerung mit steigendem Einkommensniveau vermehrt hochwertige Erzeugnisse nachfragen wird.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2004, Seite 38

 
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