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Wege aus der kommunalen Finanzmisere

Wie die Kommunen private Partner stärker in ihre Aufgaben einbinden können, diskutierten Experten auf zwei Tagungen in Nürnberg, die von der IHK sowie von Ernst & Young, HypoVereinsbank und Bayerischem Städtetag organisiert wurden. Die Experten zeigten Wege auf, wie Städte und Gemeinden auf diese Weise ihre Finanznot lindern können.

Für öffentlich-private Projektpartnerschaften (Public Private Partnership PPP) plädierte der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Joachim Herrmann. Diese Modelle mobilisierten Privatkapital zu Gunsten öffentlicher Infrastruktureinrichtungen, was vorbehaltlos zu begrüßen sei. Kritisch äußerte er sich gegenüber einem Gesetzgebungsentwurf zur Verschärfung des kommunalen Wirtschaftsrechts in Bayern. Es sollte nicht jedes neuartige Geschäft gleich wieder gesetzlich reguliert werden. Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly nannte als Beispiel für PPP-Modelle das Eisstadion in Nürnberg, das durch den Einsatz eines privaten Betreibers realisiert worden sei. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sei jedoch auf eine angemessene und gerichtsfeste Risikoverteilung unter den Partnern zu achten. Die Veräußerung von „kommunalem Tafelsilber“ komme nicht in Betracht, wenn dieses unter Wert an Private abgegeben werden müsste. Erlangens Oberbürgermeister Dr. Siegfried Balleis sprach sich für neue
Finanzierungsmodelle aus, die Aufgabenkritik der Kommunen müsse konsequent fortgeführt werden. Am weitesten fortgeschritten sei die Wettbewerbsorientierung öffentlicher Unternehmen in den Krankenhäusern, durch den beginnenden Ausschreibungswettbewerb sei sie zudem im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) vergleichsweise weitreichend. Auch im Abwasserbereich seien durch Betriebsführungsmodelle erste Ansätze zu stärkeren Einbindung Privater erkennbar.

Sparkassen: Diskutiert wurde auf den Veranstaltungen auch die Rolle der Sparkassen. Der Wirtschafts- und Finanzreferent der Stadt Erlangen, Konrad Beugel, forderte die Möglichkeit der Beteiligung Dritter, insbesondere von Mitarbeitern und Kunden an Sparkassen. Hans-Jörg Vellguth, Finanzsenator der Hansestadt Stralsund, verteidigte die Absicht, die örtliche Sparkasse an Privat zu veräußern. Der Beitrag der Sparkasse Stralsund für das Gemeinwesen sei „überschaubar“, deren Rolle durch Privatbanken ohne Weiteres zu ersetzen.

Öffentlicher Personennahverkehr: Die Diskussion um die Zukunft von ÖPNV-Unternehmen war geprägt durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2003 zur Ausschreibungspflicht von Nahverkehrsleistungen. Fürths Landrätin Dr. Gabriele Pauli erklärte, Ausschreibungen im Nahverkehr hätten im Landkreis Fürth zu beträchtlichen Einsparungen geführt. Stadtwerke mit ihrem steuerlichen Querverbund von Verkehrs- und Versorgungssparte stünden hingegen vor der Herausforderung einer Neupositionierung, so VAG-Vorstand Dr. Rainer Müller und Dr. Hans Partheimüller, Geschäftsführer der infra fürth Gruppe.

Abwasser: Elisabeth Lepique, Rechtsanwältin von Ernst & Young Law aus Köln, stellte ein privates Betreibermodell der Landeshauptstadt Dresden im Abwasserbereich vor, im Rahmen dessen die Stadt mehr als 150 Mio. Euro Privatisierungserlöse bei gleichzeitiger Garantie von Gebührenstabilität eingenommen habe. Der kaufmännische Werkleiter der Stadtentwässerung Nürnberg, Ernst Appel, beurteilte derartiger Modelle kritisch. Ein öffentliches dürfe nicht durch ein privates Monopol ersetzt werden.

Krankenhäuser: Über die Änderungen der Krankenhauslandschaft diskutierten unter Leitung des Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Peter Oberender von der Universität Bayreuth Vertreter öffentlicher und privater Krankenhäuser. Chefarzt Dr. Herbert Schönekäs vom Klinikum Nürnberg erläuterte die Strategie seines Hauses: Um im Wettbewerb zu bestehen, müssten neue Dienstleistungen angeboten und ein straffes Personal- und Qualitätsmanagement eingeführt werden. Die Beteiligten waren sich einig, dass durch die Vielzahl von Gesetzesänderungen im Gesundheitsbereich eine Planungssicherheit für Krankenhausträger kaum bestünde und dass Kliniken sich spezialisieren und profilieren müssten, was in allein öffentlicher Trägerschaft immer schwieriger werde.

ab.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2004, Seite 35

 
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