Telefon: +49 911 1335-1335

Wie Gummibären in die richtige Tüte finden

Ohne Automatisierung geht in der modernen Welt nichts mehr. Wie sonst, so fragte Siemens-Bereichsvorstand Helmut Gierse beim ersten „Kooperationsforum für die Automatisierungstechnik“ in der IHK Akademie Mittelfranken, sollen bei der Produktion die verschieden farbigen Gummibärchen in der passenden Zahl den Weg in die richtige Tüte finden? Und warum sind die Etiketten auf den Flaschen immer an der gleichen Stelle auf der selben Höhe? In der heutigen Produktionstechnik spielt die Automatisierung eine herausragenden Rolle. Deutschland hält auf dem Weltmarkt mit einem Marktanteil von zwölf Prozent hinter den USA und Japan den dritten Platz, in Deutschland gehen die meisten Produkte der Automatisierungsindustrie in den Maschinenbau (30 Prozent), die Elektroindustrie (20 Prozent) sowie in Fahrzeugbau und Chemie/Pharma ein.

Nordbayern belegt im bundesdeutschen Vergleich einen Spitzenplatz. Nach einer gemeinsamen Studie von IHK und Stadt Nürnberg sind allein in Mittelfranken rund 20 000 Menschen in mehr als 200 Unternehmen in diesem Bereich tätig. „Das sind knapp zehn Prozent der deutschen Arbeitsplätze in der elektrischen Automatisierungstechnik“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Dieter Riesterer. Und da noch weitere Arbeitsplätze und Unternehmen in Unter- und Oberfranken zu finden sind, hatten zu der Veranstaltung neben der IHK Nürnberg für Mittelfranken auch die IHKs Bayreuth und Würzburg-Schweinfurt eingeladen. Die Schirmherrschaft der Veranstaltung hatte Staatsminister Dr. Günther Beckstein übernommen.

Mehr als 100 Vertreter der Automatisierungstechnik suchten nach Kooperationsmöglichkeiten auf diesem Zukunftsmarkt, der im Inland ein stetiges Wachstum von jährlich rund zwei Prozent verzeichnet. Besonders dynamisch entwickelt sich die Nachfrage aus dem Ausland - vor allem aus Asien -, die Jahr für Jahr um rund sieben Prozent zunimmt. Die Auftraggeber suchen beispielsweise für die Herstellung und Verpackung unterschiedlicher Waren kleine technische Wunderwerke, die mit Hilfe von Computerunterstützung alle Arbeitsgänge weitgehend automatisch abwickeln können. Oder, wie es Erwin Fertig von der unterfränkischen Elau AG formulierte: „Die wollen vorne den Tabak reinschütten und hinten mit dem Gabelstapler die fertigen Zigarettenpackungen entnehmen.“ Um moderne Maschinen mit solchen Leistungen überhaupt herstellen zu können, müssen Experten aus vielen technischen Bereichen zusammenarbeiten. Automatisierungstechnik ist eine Querschnittstechnologie, bei der Hard- und Software perfekt zusammenpassen müssen, denn sonst können Schäden in Millionenhöhe auftreten oder sogar Menschen zu Schaden kommen.

Gemeinsames Marketing
Zwar sind die Unternehmen der Automatisierungstechnik, an erster Stelle Siemens A&D (Automation and Drive), in Nordbayern gut aufgestellt, doch bei dem Begriff „Automation Valley“, der in Anlehnung an das amerikanischen Computer-El Dorado Silicon Valley gewählt wurde, zucken die meisten Experten noch mit den Schultern. Dabei würde ein gemeinsames Qualitätssiegel oder Marketingzeichen den Betrieben der Region bei ihren weltweiten Bemühungen helfen. Nach Aussagen von Harald Preiml von der Erlanger Heitec AG sind die meisten Unternehmen im globalen Wettbewerb noch zu klein. Aber das Automation Valley soll in den kommenden Jahren wachsen. In zahlreichen Netzwerken und Kooperationsforen wollen die einzelnen Unternehmen ihr Know-how einbringen und offen legen, so Dieter Herrmannsdörfer von der oberfränkischen Hermos AG.

Fachpersonal ist zwar in der Region vorhanden und die Hochschulen in Bayreuth, Erlangen, Nürnberg und Würzburg bieten laut Riesterer „einen guten Nährboden für Innovationen in der Automatisierungstechnik“, aber an der Weiterentwicklung im Sinne einer Cluster-Bildung (Konzentration und Vernetzung von technologischen Kompetenzen) müssen die Verantwortlichen noch kräftig arbeiten. Günter Baumüller, Inhaber der Nürnberger Baumüller Holding, forderte deshalb zur Stärkung der Spitzenposition die Einrichtung eines Lehrstuhls für Automatisierungstechnik.

Zahlreiche Netzwerke für Wirtschaft und Wissenschaft
Möglichkeiten zur Kooperation finden Unternehmen der Automatisierungstechnik in Nordbayern en masse. So stellte Karl-Heinz John, Geschäftsführer der Bubenreuther infoteam Software GmbH und Leiter der Fachgruppe Automatisierung im Arbeitskreis Software-Qualität Franken (ASQF), eine ganze Reihe von Initiativen und Netzwerken vor: Ob 3-D MID e.V. (Forschungsvereinigung für räumliche Schaltungsträger), BAIKEM (Bayerische Innovations- und Kooperationsinitiative Elektronik/Mikrotechnologie) oder ASQF-Fachgruppe Automatisierung, CNA Center for Transportation/Logistics Neuer Adler, EnergieRegion Nürnberg e.V., IHK-AnwenderClub Mechatronik, Kompetenzinitiative Medizin-Pharma-Gesundheit – für interessierte Unternehmen gibt es viele Anlaufadressen.

Aktuelle Aktivitäten im „Automation Valley Nordbayern“
Die Initiative „Automation Valley Nordbayern“ will die Attraktivität der Region für Unternehmen und Organisationen der Automatisierungstechnik erhöhen. Kompetenzen sollen gebündelt, Wettbewerbshemmnisse abgebaut und neue Kooperationen angestoßen werden. Und gemeinsame Projekte zu Themen wie Standortmarketing, Softwareprozesse in der Automatisierung oder Online-Produktion warten auf neue Mitstreiter. Im Frühjahr 2005 soll im Rahmen eines Kooperationsprojekts auch eine Anbieterdatenbank für die Automatisierungstechnik entstehen. Ein Internet-Forum unter www.automation-valley.de wird derzeit aufgebaut.

Vor kurzem hatte sich das Kooperationsnetzwerk „Automation Valley
Nordbayern“ auf der Nürnberger Automatisierungsfachmesse SPS/IPC/DRIVES vorgestellt. Ein Großteil der 76 ausstellenden nordbayerischen Unternehmen und Institutionen beteiligte sich an Marketing-Aktivitäten und Verbundprojekten, um so die Kompetenz des „Automation Valley“ deutlich zu machen.

Kooperationsforum 2005
Die Unternehmen sind eingeladen zum zweiten Kooperationsforum „Automation Valley Nordbayern“ am Donnerstag, 17. Februar 2005, 9 bis ca. 13 Uhr im Bildungszentrum Bamberg der IHK für Oberfranken Bayreuth.

hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2004, Seite 26

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick