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Das Bild des Unternehmers in den Medien: Der Macher

von Gerd Appenzeller, Redaktionsdirektor Der Tagesspiegel, Berlin

Es hat sich etwas geändert in Deutschland. Schleichend, nicht von heute auf morgen, aber spürbar. Das Bild des Unternehmers entspricht nicht mehr den alten Klischees, die in einer eher konfrontativen Phase der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte gang und gäbe waren. Der heute so gerne als Sozialromantik abgetane rheinische Kapitalismus hat sicher auch seine Schattenseite gehabt - etwa eine gewisse Mitnahmementalität, der nicht angemessene Leistungen gegenüberstanden. Aber er hat insgesamt zu einer Sozialpartnerschaft geführt, in der beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sich ernst genommen haben und in der Beiden bewusst war, dass der Wohlstand dieses Landes auch von einem hohen Grad an sozialem Frieden abhängt. Keine Industrienation hatte, bei gleichzeitig ständig steigenden Exporterfolgen, eine so geringe Zahl an Arbeitskämpfen.

In dieser Atmosphäre war kein Platz für Verteufelungen. Das trifft ohnedies für die Printmedien zu, die, in der Regel mittelständisch organisiert, eigentlich immer schon Stütze einen freien Wirtschaft gewesen sind. Das gilt quer über die ganze politische Bandbreite der deutschen Zeitungslandschaft. Der Unternehmer als Ausbeuter, wie ihn die Propaganda der sozialistischen Länder gerne hinstellte, den gab es ja nun erkennbar nicht. Der unübersehbare Wohlstand in der Bundesrepublik konnte doch kaum als Produkt eines permanenten Klassengegensatzes erklärt werden. Alles schien sich so schön automatisch weiter zu entwickeln, immer nach oben. Bis der Spuk der Globalisierung die vor sich hin träumende deutsche Gesellschaft gewaltig erschreckte. Auf einmal ging es nicht nur nicht mehr aufwärts, nein, es ging abwärts, und nirgendwo war eine Kraft erkennbar, die diese schiefe Ebene wieder in die Waagerechte würde bringen können. Keine? Doch, eine: phantasievolle Unternehmer, in denen sich innovative Ideen mit kaufmännischem Geschick paarten. Die Gewerkschaften begriffen nach zähem Widerstand, dass die Verlagerung lohnintensiver Arbeit ins Ausland durchaus eine sinnvolle Komponente inländischer Beschäftigungspolitik sein konnte, jedenfalls nicht à priori als böse einzustufen war.

Das führte aber schnell dazu, dass sich das Unternehmerbild aufspaltete. Hier der Manager, für den der ausschließliche Unternehmenszweck eine hohe Rendite war und der, wie Edmund Stoiber das kürzlich griffig formulierte, der Politik die Tausenden von Entlassenen vor die Füße kippte. Dort der Betriebsleiter, dem bewusst war, dass eine differenziertere Herangehensweise schon deshalb sinnvoller war, weil irgendjemand seine Produkte in Deutschland auch noch kaufen können muss. Dementsprechend unterschiedlich wurde das Unternehmerbild in den Medien und seit kurzem auch in den politischen Parteien. Größe gilt nicht mehr automatisch als schön und erstrebenswert, dazu sind in den letzten Jahren zu viele Weltunternehmen zu schlecht gemanagt worden und deshalb in Schwierigkeiten geraten. So ist es logisch, dass sich Journalisten immer kritischer anhören, was Geschäftsführer von solchen Unternehmen zur Konjunktur, zu wünschenswerten Reformen und zu politischen Konzepten zu sagen haben. Und was früher selten vorkam, dass die sich nun selbst nach angelsächsischem Vorbild als CEOs apostrophierenden Firmenlenker direkt angegriffen wurden, ist heute nicht mehr ungewöhnlich. Wer selber erkennbar unternehmerische Fehler gemacht hat, taugt schlecht als Ratgeber für andere.

Am Wandel im Umgangsstil zwischen Medien und Unternehmen und Unternehmern sind auch die Wirtschaftsverbände nicht unschuldig. Wer nach jedem neuen Reformschritt sofort weitere Forderungen an die Arbeitnehmer nachlegt, darf sich nicht wundern, wenn er dadurch in Misskredit gerät. Einer der Gründe der verbreiteten Zukunftsangst ist ja die Ungewissheit, welche Einschränkungen als nächste kommen könnten.

So ist das Bild der Unternehmer in den Medien heute differenzierter als früher, aber gerade deshalb auch ehrlicher. Genau wie die Gesellschaft als Ganzes bewundern nämlich auch Journalisten durchaus erfolgreiche Manager.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2006, Seite 18

 
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