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Vom Gehalt kommt nur wenig rüber

Wenn Mitarbeiter in die Privatinsolvenz rutschen, bedeutet das für die Personalabteilungen zusätzliche Arbeit.

Nach Angaben von Creditreform hat im vergangenen Jahr die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in der Europäischen Union deutlich abgenommen. Im gesamteuropäischen Durchschnitt mussten 2005 noch 77 von 10 000 Unternehmen den Gang zum Konkursrichter antreten. Deutschland liegt mit 130 Insolvenzen pro 10 000 Unternehmen im unteren Mittelfeld. Während es den Unternehmen wieder besser geht, nahm die Zahl der Privatinsolvenzen erneut kräftig zu. Nach Creditreform-Angaben stieg die Zahl in Deutschland im vergangenen Jahr um fast 25 Prozent auf 98 400 Anträge.

Von der wachsenden Zahl von insolventen Privatpersonen sind nach Einschätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung immer mehr Arbeitnehmer betroffen. Seit der Einführung der neuen Insolvenzordnung (InsO) können auch Privatpersonen beim Amtsgericht Schutz vor ihren Gläubigern suchen und sich dauerhaft von ihren Schulden befreien. Die finanziellen Probleme ihrer Mitarbeiter sind Arbeitgebern in den meisten Fällen bereits lange vor dem Gang zum Amtsgericht bekannt, wenn beispielsweise die ersten Lohnpfändungen in der Personalabteilung eintreffen. Ehe ein überschuldeter Arbeitnehmer den Gang zum Amtsrichter antreten und dort seinen Insolvenzantrag abgeben kann, muss er versuchen, mit seinen Gläubigern eine Einigung zu erzielen. Erst wenn dieser Versuch fehlschlägt, ist der Weg zur Verbraucherinsolvenz frei.

Selbstverständlich darf ein Arbeitnehmer, egal ob Vollzeitkraft oder Teilzeitbeschäftigter, nicht einfach aufhören zu arbeiten. Er muss weiter arbeiten und den pfändbaren Teil seines Einkommens an seine Gläubiger zahlen. „Auf die Personalabteilung bzw. die Lohnbuchhaltung kommt in dieser Wohlverhaltensphase des insolventen Mitarbeiters selbstverständlich mehr Arbeit zu“, bestätigt Claudia Kurzbuch von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (bag-schuldnerberatung). Wenn der entsprechende gerichtliche Pfändungsbeschluss vorliegt, darf der Arbeitgeber nur noch den nicht pfändbaren Teil des Netto-Einkommens an seinen Mitarbeiter auszahlen, der Rest muss direkt an die Gläubiger überwiesen werden.

Dass Arbeitnehmer auf ihrem langen Weg zur Schuldenfreiheit Arbeitsmotivation einbüßen, weil sie nur noch über den nicht pfändbaren Teil ihres Einkommens verfügen können, kann Claudia Kurzbuch nicht bestätigen. Nach ihren Beobachtungen und den Erfahrungen anderer Schuldnerberater zeigen gerade Menschen auf dem Weg in die Schuldenfreiheit besonderes Engagement.

Allein wegen der privaten Insolvenz kann sich ein Arbeitgeber ohnehin nicht von einem Mitarbeiter trennen. Anders sieht es nur aus, wenn der Arbeitnehmer im Unternehmen eine Vertrauensstellung hat oder für den Betrieb in der Öffentlichkeit steht. In diesen Fällen könnte das notwendige Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört sein oder eine negative Außenwirkung für das Unternehmen bedeuten, falls die private Insolvenz eines Mitarbeiters publik wird. Ist ein Mitarbeiter derart unhaltbar, dürfen Arbeitgeber wegen der finanziellen Probleme des Mitarbeiters auch kündigen. Nach Expertenmeinung ist allerdings ein offenes Gespräch mit dem Mitarbeiter und gegebenenfalls eine Aufgabenveränderung einer Kündigung auf jeden Fall vorzuziehen.

Autor/in: 
hpw.
Externer Kontakt: Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung, Tel. 0561/771093, www.bag-sb.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2006, Seite 38

 
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