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Vage Versprechungen

Pensionsrückstellungen sind häufig nicht in ausreichendem Maße gedeckt. Das gefährdet die Zukunft vieler Unternehmen.

In der Vergangenheit wurden vielfach - teilweise ohne genaue Betrachtung der späteren Zahlungsverpflichtung - Versorgungszusagen in Unternehmen installiert. Man schien mit Pensionsrückstellungen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die Zusagen wurden gleichzeitig als ideales Steuersparmodell und als Altersversorgung für Geschäftsführer, Vorstände und leitende Mitarbeiter betrachtet. Heute erweist sich diese vermeintliche Wunderwaffe für zahlreiche Unternehmen als explosiv.

Da die Rückstellungen zu einem geringeren Gewinn- und Steueraufwand führten, konnten die Unternehmen die frei gewordenen Mittel in ihr Wachstum investieren. Die Rentenzahlungen sollten aus dem zukünftigen Cash-Flow geleistet werden. Da inzwischen nicht nur die Zahl der Betriebsrentner steigt, sondern auch deren Lebenserwartung, nimmt die Belastung des Cash-Flows kontinuierlich zu und droht zu einer Wachstumsbremse zu werden. Mittlerweile wurden nach Einschätzung des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSVaG) in deutschen Unternehmensbilanzen Pensionsrückstellungen in Höhe von rund 240 Mrd. Euro gebildet, von denen etwa 70 Prozent nicht ausfinanziert sind. Das heißt, nur ungefähr 60 Mrd. Euro sind durch Wertpapieranlagen und Versicherungen (Aktiva) rückgedeckt! Die Betriebsrenten in Deutschlands mittelständischen Unternehmen sind daher massiv gefährdet, warnt der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW). Das ernüchternde Ergebnis des PSVaG zeigt zum wiederholten Male, dass den eingegangenen Pensionsverpflichtungen nicht die entsprechenden Kapitalmittel im Unternehmen zur Verfügung stehen.

Steuerliche Aspekte
Die steuerliche Berechnung von Zusagen erfolgt nach dem Steuerrichtwert von Prof. Heubeck, der einerseits einen Rechnungszins in Höhe von sechs Prozent und zum anderen eine eigene Sterbetafel zu Grunde legt. Der reale Wert der künftigen Zahlungsverpflichtungen ist aber bedeutend höher, da nicht mit einem Rechnungszins von sechs Prozent gerechnet werden kann, sondern wie z.B. bei Versicherungen mit einen derzeitigen Garantiezins von 2,75 Prozent (oder Orientierung der internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS an der Verzinsung von Industrieanleihen).

Da Pensionszusagen in der Praxis meist jedoch nicht durch zweckgebundene Aktiva gedeckt sind, sondern nur durch das allgemeine Anlage- und Umlaufvermögen, muss die Mehrheit der Unternehmen die Auszahlungen weiterhin aus ihrem Cash-Flow bestreiten. Der ist in Zeiten schwacher Konjunktur jedoch oft angespannt.

Selbst bei Rückdeckung der Zusagen durch Kapitalversicherungen führt dies zu einer erheblichen Unterdeckung, da vor allem die Versicherer in den letzten Jahren erhebliche Einbrüche bei den Überschüssen und somit den prognostizierten

Ablaufleistungen zu verzeichnen hatten. Zudem tragen die Versicherungsunternehmen noch hohe Abschreibungen und stille Lasten, die nun in den Bilanzen der nächsten Jahre wirksam werden. Dies dürfte in der Konsequenz zu einem weiteren Sinken der Überschussbeteiligungen führen und macht es den Versicherern sehr schwer, die bei Vertragsabschluss prognostizierten Leistungen zu erzielen. In Einzelfällen haben Versicherungen zuletzt bereits Absenkungen der Überschussbeteiligungen von mehr als 80 Prozent gegenüber dem Stand von vor zwei Jahren vorgenommen. Durch diese Problematik gestalten sich Firmenverkauf oder -übergabe sowie die Kreditbeschaffung zunehmend schwieriger für jedes Unternehmen, das diese Deckungslücken nicht in den Griff bekommt.

Weitere Herausforderungen
Aus der genannten Unterdeckung ergeben sich im Zeitablauf weitere gravierende Herausforderungen für das Unternehmen, die in manchen Fällen sogar die operative Handlungsfähigkeit bedrohen:

  • Verbesserung des Ratings und der Unternehmensbewertung
  • Vorbereitung auf M&A Nachfolgeregelung
  • mögliche Zahlungsprobleme (der Renten) und Insolvenz
  • Umstellung auf internationale Rechnungslegung

Durch eine solche bevorstehende Umstellung der Bilanzierung auf internationale Rechnungslegungsstandards (IFRS) droht zusätzliche Gefahr auch für mittel-ständische Unternehmen. Für die Pensionsrückstellungen heißt das, dass nicht nur stille Lasten aufgedeckt werden müssen, sondern es können auch Bilanzanpassungen zu Lasten des Eigenkapitals notwendig werden. Banken und Rating-Agenturen werten die Pensionsrückstellungen heute als Fremdverbindlichkeiten. Hier werden auch die Anforderungen von Basel II an die Bonität der Unternehmen relevant. Schwer kalkulierbare und nicht mit entsprechenden liquiden Aktiva gedeckte Risiken verschlechtern das Rating und führen zu schlechteren Refinanzierungskonditionen. Banken und Rating-Agenturen drängen daher auf ein Risiko-Management. Deshalb wird oft eine Ausgliederung der bestehenden Pensionsrückstellungen und zukünftiger Zusagen unvermeidlich.

Von den fünf Durchführungswegen der betrieblichen Altersvorsorge (den innerbetrieblichen Varianten Direktzusagen sowie den externen Versorgungsträgern Pensionskassen, Unterstützungskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen) kommen unter dem Aspekt der Risikominderung nur einige der externen Lösungen in Frage. Damit erreicht man u.a. die Übertragung der wirtschaftlichen Risiken auf Dritte sowie die Trennung von operativen Risiken und Versorgungsrisiken. Jede der internen und externen Ausgliederungsalternativen erfordert allerdings einen Bedarf an liquiden Mitteln, der durch die Liquidation nicht betriebsnotwendiger Aktiva wie beispielsweise Immobilien, durch noch verfügbare Verschuldungsrahmen oder zusätzliche Verschuldungskapazität wie etwa Eigenkapital gedeckt werden kann.

All diese Gründe führen zu der Frage, wie nach heutiger Rechtslage auf die bestehende Situation in den Unternehmen reagiert werden soll. Eine mögliche Gesamtlösung kann hierbei die Neustrukturierung der Pensionsverpflichtungen sein, um das individuell richtige Lösungskonzept für das Unternehmen zu finden.

Externer Kontakt: Hanns Kagerer, Thomas Winkler, hanns.kagerer@pensioncapital.de, thomas.winkler@pensioncapital.de, PensionCapital GmbH, München
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2006, Seite 27

 
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