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Wann kommen die neuen Richtlinien?

Energiepass und Energieeinsparverordnung sind angekündigt. Unklar ist aber noch das Wann und Wie.

„Bei der Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie ist die Bundesregierung in der Bringschuld“: Dr. Wolfgang Stinglwagner vom Bundeswirtschaftsministerium gab kürzlich beim IHK-Forum „Energieeffizienz in Europa – Umsetzung in der Region“ vor 120 Teilnehmern Versäumnisse zu. Gleichzeitig stellte er aber klar, dass in den nächsten Monaten eine Reihe neuer Energievorschriften auf Verbraucher und Wirtschaft zukommen werden.

Nach Aussage Stinglwagners sind die Unternehmen jedoch immer noch unzureichend über den wirtschaftlichen Nutzen der Energieeinsparung informiert. „Die Amortisationszeiten mit zwei Jahren sind zu kurz gegriffen. Denn bei Energie sparenden Investitionen an Gebäuden sind Renditen von 30 Prozent und mehr drin.“ Denn Nachweise, dass Energiesparen langfristig wirtschaftlich ist, ob im Unternehmen oder bei Privathaushalten, gebe es genug. So sagte der Umwelt-Chef der Herzogenauracher Schaeffler-Gruppe, Norbert Hörauf, einprägsam: „Dinge, die zuerst klein ausschauen, summieren sich ganz schnell. Unsere Thermostate in den Treppenhäusern sind blockiert: Die gehen nur bis zwei.“ Dies sei nur ein Beispiel aus der „nie endenden Geschichte Energiesparen“.

Dr. Norbert Hiller vom Nürnberger Umweltgutachterbüro Intechnica lobte Hörauf ausdrücklich: Der Konzern lasse seine Standorte weltweit nach dem anspruchsvollen europäischen EMAS-Umweltstandard zertifizieren. Auch Energiesparen habe beim Familienunternehmen Schaeffler hohen Stellenwert. Bei Aktiengesellschaften dagegen sei es üblich, dass „ein Vorstand nur auf drei Jahre entscheiden kann“ – langfristige Investitionen in Dämmung oder neue Heizanlagen unterblieben deshalb. Zudem würden neue Gebäude billig gebaut. „Die Verbrauchskosten interessieren nicht. Denn nicht der Gebäudeplaner bezahlt die Verbrauchskosten, sondern der spätere Nutzer,“ bemängelte Hiller das kurzsichtige Verhalten mancher Investoren.

Michael Geißler von der Vereinigung Europäischer Energieagenturen (Fedarene) beschrieb eine Gemeinschaftswohnanlage, in der 516 unterschiedliche Eigner ohne Zwang ihren Strom aus einem Blockheizkraftwerk kaufen und die Heizwärme gleich mit. Doch Geißler benannte auch „organisatorische Hemmnisse“, vermisste eine gesetzgeberische Gesamtlösung im Wohnungsbereich. Fehlende Umlagemöglichkeiten eingesparter Verbrauchskosten auf die Miete verhinderten mögliche Investitionen, zeigte Geißler auf.

Greifen werden in nächster Zeit zwei Vorschriften: Zum einen die überarbeitete Energieeinsparverordnung (EnEV), deren genauer Termin laut Dr. Dieter Kreikenbaum vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) noch nicht feststehe. Zum zweiten der Energie-Ausweis: Er werde kommen, aber ebenfalls verspätet. Der Energiepass schaffe zwar Transparenz, aber keine Rechtswirkungen und keine

Gewährleistungsverpflichtung. Auch der Nürnberger Ingenieur Prof. Wolfgang Sorge kritisierte die Unverbindlichkeit: „Ein Energieverbrauchsausweis erfüllt die Anforderungen nicht, da keine Verbesserungen nötig sind.“ Außerdem sei unklar, wer die Pässe ausstellen darf. Die Ministerien diskutieren darüber seit Jahren, so Sorge.

Stinglwagner wollte aus Sicht des Wirtschaftsministeriums die geforderte Mietumlagemöglichkeit eingesparter Energie nicht versprechen: „Grundsätzliche Reformen im Mietrecht sind die dicksten Bretter.“ Und selbst das regenerative Wärmenutzungsgesetz, das im schwarz-roten Koalitionsvertrag ausdrücklich versprochen wird, kommt wohl nicht so schnell: „Ein vom Energiegipfel bei der Kanzlerin eingesetzter Arbeitskreis beschäftigt sich jetzt mit diesem Thema.“ Wie lang das dauern werde, ließ Stinglwagner offen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2006, Seite 22

 
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