Standorte mal schnell in eine Region mit niedrigeren Kosten verlagern? Nicht so einfach, weil sich Herausforderungen für den Warenverkehr stellen.
Wie man die Logistikkosten bei der Neuorganisation von Standorten in den Griff bekommt, wurde bei einem Workshop des CNA e.V. (Center for Transportation & Logistics Neuer Adler) diskutiert. Auf vielfältige Erfahrungen in dieser Frage kann die Nürnberger Leoni AG zurückblicken, die weltweit fast 33 000 Mitarbeiter in 23 Ländern beschäftigt und deren wichtigstes Geschäftsfeld die Produktion von Bordnetzsystemen ist. Um die richtige Balance zwischen Produktions- und Logistikvorgaben zu finden, müssen schon vor der Verlagerung eines Standortes zahlreiche Fragen bearbeitet und beantwortet werden, so Franc Raner, Geschäftsführer Produktion bei Leoni Bordnetz-Systeme. Nicht nur Lieferzeitvorgaben der Kunden, Transport- und sonstige Kosten (die Logistikkosten verschlingen zwischen sechs und 49 Prozent der Produktionskosten an den Auslandsstandorten) spielen bei der Entscheidung für einen neuen Standort eine entscheidende Rolle. Auch politische Faktoren wie Stabilität und Investitionsbedingungen, Zollregelungen und Arbeitskräftepotenzial sind von Bedeutung.
Am Beispiel Ukraine machte Raner deutlich, dass bei der Standortanalyse zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen sind: „Die Firmengründung erfordert in den meisten Ländern eine sehr umfangreiche Dokumentationsvorbereitung.“ Dabei müssen viele Behörden kontaktiert werden, Unterstützung sollte es nicht nur von der lokalen Verwaltung, sondern möglichst auch von den höchsten politischen Gremien geben. „Um Zugang zu solchen Ebenen zu bekommen, ist es notwendig, bereits in frühen Projektstadien z.B. die IHK, Rechtsanwälte und Berater vor Ort einzubinden.“
Auch beim Erwerb eines geeigneten Grundstücks im Ausland kann der zeitliche Aufwand erheblich sein. Teilweise gibt es in den Ländern keine Grundbücher, teilweise ist der Erwerb nicht möglich, sondern nur Pacht – auf jeden Fall müssen die Landesgesetze über Grundstückserwerb beachtet werden. Zwar sind Baugenehmigungen dann in den meisten Ländern kein Problem, doch die Umsetzung ist genau zu überwachen (Qualität der Materialien und der Ausführung).
Für alle intelligenten Logistiklösungen bei der Neukonfiguration von Standorten sind umfangreiche, exakte Vorbereitungsarbeiten unumgänglich, doch im Zuge der Globalisierung von Produktion und Wirtschaftsverkehr, so Prof. Peter Klaus, Lehrstuhl für Logistik an der Universität Erlangen-Nürnberg, ist eine weitere Verlagerung zu erwarten – und damit wachsende Transportdistanzen. Klaus sieht diese Entwicklung als einen der vier Megatrends, die die Logistik-Anforderungen treiben. Daneben nennt er den Übergang zur post-industriellen Gesellschaft, die Sensibilität für Umweltschutz sowie die Beschleunigung der Prozesse als weitere Megatrends.
Dazu wird das unternehmerische Handeln heute von weiteren veränderten Rahmenbedingungen bestimmt, z.B. den „immer neuen Wundern der Informations- und Kommunikationstechnologie“. Während des Workshops schilderte Thorsten Schmidt von T-Systems die Integration von Standorten und die Konsolidierung unterschiedlicher IT-Strukturen, Prof. Dr.-Ing. Dieter Feige (ebenfalls vom Lehrstuhl für Logistik) präsentierte eine Planungssoftware, die bei Standortfragen unterstützt.
CNA-Veranstaltungen
Logistik bleibt in Unternehmen aller Branchen ein spannendes Thema. Und mit den Veranstaltungen in den kommenden
Monaten will das CNA den Anforderungen der wirtschaftlichen Praxis gerecht werden. So ist am Mittwoch, 26. Juli
2006 (im Historischen Straßenbahndepot St. Peter in Nürnberg) eine Vortragsveranstaltung mit dem Titel
„Neue Potenziale der Inhouse-Logistik durch Einsatz intelligenter Systeme“ geplant. Am Donnerstag,
28. September 2006 steht das Symposium 2006 zum Thema „RFID-Technologie und deren Anwendungen auf der
Schwelle zum Durchbruch?“ in der IHK auf dem Programm.
